Rechtliche Aspekte von BIM in der Planung

BIM & HOAI

Für Architekten, Fachplaner, Bauherren und Bauproduktehersteller wird der digitale Planungs- und Bauprozess immer wichtiger. Gleichzeitig unterliegt die Entwicklung des Building Information Modeling (BIM) einer sehr starken Dynamik. Wie sieht die rechtliche Seite von BIM aus? Welche Vergütungsfolgen hat die neue Planungsmethode? Mit Fragen der Vertragsgestaltung und den Auswirkungen auf HOAI und Haftung muss sich künftig jeder auseinandersetzen, der mit BIM plant, baut oder ein Gebäude betreibt.

BIM wird mittlerweile in allen Leistungsbildern und in allen Arten von Bauvorhaben, sei es Hoch- oder Tiefbau, diskutiert, wobei vielfach Unsicherheit über die Einzelheiten und die Umsetzung besteht.

Die Implementierung von BIM in den gesamten Planungs- und Bauprozess bringt eine Vielzahl von rechtlichen Fragen mit sich, die es zu betrachten gilt: darunter die Vertragsgestaltung, die Vergütung nach der Honorarordnung für Architekten (HOAI), die Haftung, das Urheberrecht und das Datenschutzrecht. Leider hat der Gesetzgeber trotz der Ansätze, die die zuständigen Ministerien für die Umsetzung geben, die Gelegenheit verpasst, BIM auch im neuen, seit dem 01.01.2018 geltenden Bauvertragsrecht zu implementieren. Insofern ist es notwendig, im Rahmen von Planerverträgen die Grundlagen für die Zusammenarbeit, Haftung und Vergütung nach BIM sauber und vollständig zu regeln.

Die HOAI ist – wenn auch der EuGH sie gegenwärtig überprüft – nach wie vor die Grundlage der Architektenvergütung. Dabei ist sie nach fast allgemeiner Auffassung methodenneutral, d. h. sie gilt genauso für Handzeichnungen wie für CAD oder die Planung mit Gebäudemodellen. Die teilweise vertretene Ansicht, dass BIM komplett aus dem Leistungskatalog der HOAI herausfällt und das Honorar für die Besondere Leistung insgesamt frei vereinbar ist, hat sich in der Literatur nicht durchgesetzt und ist – vom funktionalen Ansatz der HOAI ausgehend – auch nicht überzeugend.

Das bedeutet, dass jede Vergütungsvereinbarung für BIM-Leistungen sinnvoll nur auf den Mindest- und Höchstsätzen der HOAI für die Grundleistungen aufbauen kann.

Mehrvergütung für BIM?

Ansatz 1: Kein Mehrhonorar für BIM: Die teilweise vertretene Auffassung, dass ein zusätzliches Honorar für BIM-Anwendungen nicht erforderlich ist, hat systematisch durchaus eine Grundlage. Der Architektenvertrag ist als Werkvertrag rein erfolgsbezogen, eine Vergütung gibt es daher nur als Gegenleistung zum Werkerfolg. Wenn der zu vergütende Leis­tungserfolg der Leistungsphasen 1 – 5 in einer vollständigen, baurechtskonformen und fachgerechten Planung besteht und dieser Werkerfolg mit der HOAI-Vergütung abgegolten ist, dann ist die Planungsmethode frei wählbar und die Auswahl einer modernen Technik nicht besonders vergütungspflichtig. Dazu kommt, dass ein Mehrvergütungsanspruch gegenüber der HOAI-Vergütung einen planerischen Mehraufwand erfordert. Ob ein solcher Mehraufwand tatsächlich besteht, ist unter Anwendern durchaus umstritten. Befürworter des BIM gehen teilweise sogar davon aus, dass BIM auf lange Sicht gesehen und nach der notwendigen Ausbildung der Anwender und dem Überschreiten der Kinderkrankheiten in Software und Projektabwicklungen auch für Planer sogar mit Erleichterun­gen und nicht mit Erschwernissen verbunden ist. Wenn das so wäre, würde kein Grund für eine zusätzliche Vergütung bestehen. Nach diesem Ansatz würde jedenfalls für die reine dreidimensionale, bauteilbezogene Planung als BIM eine Mehrvergütung nicht in Betracht kommen.

Ansatz 2: Der erste Ansatz ist im Ergebnis allerdings nicht überzeugend. Gegen ihn spricht schon der klare Wortlaut der HOAI selbst, die als Besondere Leistung der Leistungsphase 2, Anlage 10 – Architektenleistung – „3D- oder 4D-Gebäudemodelle (Building Information Modeling)“ vorsieht. Damit ist klargestellt, dass der Verordnungsgeber in BIM eine – wie auch immer geartete – zusätzliche Leistung sieht, die eben von den Mindestsätzen der HOAI nicht voll umfasst ist. Es dürfte außer Zweifel stehen, dass der Verordnungsgeber im Herbst 2012, als die Verordnung vorbereitet wurde, nur eine rudimentäre Vorstellung von BIM hatte. Vielmehr ist erstaunlich, dass man diese Methode damals überhaupt schon wahrgenommen hatte. Die HOAI selbst gibt damit (nicht nur für den Architekten und die Leistungsphase 3, sondern für alle Fachplanungen und alle Leistungsphasen) die Grundregel heraus, dass BIM über die normale Planungsleistung hinausgeht und damit eine besondere Vergütung rechtfertigt. Auch die Betrachtung des Werk­erfolgs rechtfertigt diese Regelung durchaus: Durch das dreidimensionale Modell erhält der Auftraggeber gegenüber einem klassischen Plan einen echten Mehrwert im Sinne eines – wie auch immer ausgestalteten – digitalen Zwillings. Dieser eröffnet dem Auftraggeber ganz unabhängig von seiner genauen Ausgestaltung über die Nutzbarkeit von Plänen hinaus zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten und voraussichtlich auch einen wirtschaftlichen Mehrwert des so geplanten Gebäudes. Dieser zusätzliche Werkerfolg und der damit verbundene Mehrwert rechtfertigen und fordern eine zusätzliche Vergütung des Planers.

Und wieviel?

Sehr viel schwerer ist die Frage zu beantworten, wie eine faire Vergütung für die Besondere Leistung BIM aussehen kann. Wie für alle Besonderen Leistungen ist die Vergütung für BIM frei vereinbar. Insofern haben die Vertragsparteien – insbesondere unter Berücksichtigung der Regelungen der §§ 650b und 650q BGB – die Möglichkeit, unter Berücksichtigung des Mehraufwands beim Planer und des Mehrwerts für den Auftraggeber eine Vergütung frei zu vereinbaren. Diese Vergütung kann auch 0 € betragen, wenn der Auftragnehmer keinen oder nur einen geringen Mehraufwand voraussieht und der Mehrwert beim Auftraggeber, der das Bauwerk vielleicht nicht selbst betreiben will, gering ist.

Jedenfalls bei einer nachträglichen Vereinbarung von BIM ist das Gleichgewicht dabei durchaus auf der Seite des Planers. § 650p Abs. 1 BGB mit dem Verweis auf die Vorschriften der HOAI gilt bei Besonderen Leistungen nicht, so dass der Auftragnehmer seine Vergütung entsprechend § 650c BGB entweder nach der Urkalkulation oder nach dem tatsächlichen Aufwand ermitteln kann. Dies kann auch bei direkter vertraglicher Vereinbarung dieser Besonderen Leistung eine Richtschnur sein.

Eine Vergütung des Mehraufwands in der klassischen und für den Auftragnehmer fairsten Methode der Besonderen Leistung – nach Stundenaufwand entsprechend § 650c Abs. 1 BGB – ist für BIM nicht praktikabel. BIM und das klassische Planen sind zu eng verknüpft, als dass es möglich erscheint, den Grundaufwand und den Aufwand für die Besondere Leistung zu trennen.

Es gibt daher wirtschaftlich keinen anderen Weg, als die Vergütung für BIM pauschal zu ermitteln. Der Bundesverband der öffentlich bestellten und Vereidigten Sachverständigen (BVS) hat hierzu vorgeschlagen, den Mehraufwand dadurch zu vergüten, dass ein Bauvorhaben nach BIM automatisch einer höheren Honorarzone zuzurechnen wäre. Für diese Methode spricht, dass sich die Vergütung sehr einfach ermitteln lässt, gerade bei Streit über Architektenhonorar ein nicht zu vernachlässigender Vorteil. Auch die Schwierigkeit, dass ein Bauvorhaben der Honorarzone V, für das sich BIM auf Grund der Komplexität vielleicht besonders anbietet, nicht in eine nicht existierende Honorarzone VI gehoben werden kann, kann dadurch entschärft werden, dass der Höchstsatz für die Honorarzone V gerade der theoretische Mindestsatz der Honorarzone VI wäre. Unklar ist allerdings, ob diese doch eher moderate Erhöhung der Vergütung den tatsächlichen Mehraufwand durch BIM abbildet. Darüber hinaus ist BIM nicht BIM. Dieser Ansatz würde 3D-, 4D-, 5D- und 6D-BIM im Honoraransatz gleich behandeln. Das erscheint unbillig. Insofern erscheinen absolute oder prozentual auf das Gesamthonorar der Leistungsphasen 1 – 7 bezogene Pauschalen wirtschaftlich besser geeignet, den Mehraufwand abzubilden. Wie hoch diese Pauschalen sind, wird sich allerdings erst in den nächsten Jahren nach und nach herausarbeiten. Hier besteht ein dringendes Bedürfnis für eine wissenschaftliche Begleitung der Entwicklung.

Verschiebung

Die weit überwiegende Mehrheit der Planungsbeteiligten erkennt bei der Anwendung von BIM entsprechend der MacLeamy-Kurve eine Verschiebung von Leistungen in frühere Leistungsphasen. Ob diese Verschiebung bei einem richtigen Verständnis von BIM tatsächlich zwangsläufig zu erwarten ist, ist umstritten. Bei einer Vollarchitektur stellt dieses Thema auch kein echtes Problem dar. Hier ergeben sich allenfalls einige Liquiditätsverschiebun­gen. Problematischer ist es, wenn Auftraggeber die Beauftragung auf die Leistungsphasen 1  –  4 beschränken und dann mit dem weitgehend fertiggestellten Gebäudemodell an den Generalunternehmer Ausschreibung vornehmen und der Architekt insoweit leer ausgeht. Eine echte Lösung hierzu gibt es nicht; allenfalls kann versucht werden, mit höheren Pauschalen in den ersten Leistungsphasen zu arbeiten, die gegebenenfalls auf die späteren Leistungsphasen bei Beauftragung teilweise angerechnet werden können.

Mehrvergütung für BIM-Management?

Nicht umfasst vom Preisrecht der HOAI sind hingegen Leistungen für ein sogenanntes BIM-Management als übergeordnete Organisations- und Steuerungsaufgabe für den BIM-Planungsprozess.[1] Hierbei handelt es sich um eine Projektsteuerungsleistung, deren Vergütung sich sinnvollerweise an den einschlägigen AHO-Heften (Ausschuss der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung) orientieren sollte.

[1] Es muss hier differenziert werden zwischen den HOAI-Integrations- und Koordinierungsleistungen und der Kollisionskontrolle durch den sogenannten BIM-Manager, etwa im Rahmen eines Model Checking und der (bloßen) Visualisierung von Konflikten im Rahmen der Kollisionskontrolle. Im Zweifel wird davon auszugehen sein, dass diese Transformations- und Koordinierungsleistungen der HOAI unterliegen, wobei allerdings § 7 Abs. 3 HOAI 2013 zu berücksichtigen ist, indem erhebliche Aufwandsminderungen gegenüber der erstmaligen Erstellung einer Werkplanung vorliegen können.

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