BIM: Wieso ist die Verbindung von Property Sets mit Schadstoffdatenbanken sinnvoll?

Die Kopplung der Property Sets mit Schadstoffdatenbanken soll den Einsatz von recycelbaren bzw. umweltfreundlichen Baustoffen steigern. Doch ist diese Materialoptimierung über den gesamten Lebenszyklus dauerhaft überhaupt möglich? Und: Welchen Nutzen haben Architekten und Bauingenieure von dieser digitalen Verbindung?

Der Einsatz von umweltfreundlichen und ressourcenschonenden Baustoffen soll im Rahmen der Planungsmethode BIM stärker berücksichtigt werden. Es kommen während des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes unterschiedliche Baustoffe zum Einsatz, die teils dem Stoffkreislauf nicht wieder zugeführt werden können und die es somit zu vermeiden gilt. Dabei muss man berücksichtigen: Vom Einbau bis zum Rückbau können bis zu 50 Jahre und mehr vergehen, was eine umfangreiche sowie weitreichende Planung und laufende Kontrolle, auch während und nach den Umbauphasen, erfordert. Hierfür müssen die nötigen Informationen ständig bereitstehen. Als mögliche Informationsquelle für die Beurteilung der wichtigsten Bauproduktgruppen und Grundstoffe existieren spezielle Datenbanken: WECOBIS liefert Informationen zu gesundheitlich- und umweltrelevanten Eigenschaften; in der Europäischen Bauproduktenverordnung (EU-BauPVO) sind die Merkmale von Bauprodukten und Klassifikationen festgelegt; und die Europäische Chemikalienverordnung REACH (Registration, Evaluation, Authorisation and restriction of Chemicals) gibt Auskunft über die Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe in Baumaterialien. Als zusätzliche Orientierung dient die Bauregelliste des Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt).

Die intelligente Verknüpfung von Informationen

Für die intelligente Nutzung dieser Daten sind neue Software-Anwendungen und Schnittstellen notwendig, die die gesamten Prozesse bis hin zum Rückbau weiter optimieren. Im Zentrum steht der digitale Zwilling, als virtuelle 1 : 1 Nachbildung. In seinen Property Sets sind die Eigenschaften der Bauteile sowie alle bauphysikalischen Werte wie Wärmeleitfähigkeit, Brennbarkeit u. v. m. gespeichert. Selbst die Bezugsquelle wird dokumentiert. Zudem werden die Verbindungen der Bauteile beschrieben, d. h., ob die Stoffe geklebt, geschraubt, gesteckt, geklemmt wurden. Diese Datensätze müssen nun mit den jeweiligen Schadstoffdatenbanken gekoppelt sein, um Informationen wie Schadstoffklassen oder Grenzwerte laufend berücksichtigen zu können. Vordefinierte Trigger-Mechanismen könnten die Einhaltung von Grenzwerten überwachen. So werden Datenbanken zu Expertensystemen. Wie eine solche Lösung konkret aussehen könnte, hat das BIM-Institut der Universität in Wuppertal untersucht. Der Titel des Projekts: „Building Information Modeling (BIM) als Basis für den Umgang mit digitalen Informationen zur Optimierung von Stoffkreisläufen im Bauwesen.“

Lebenszyklus: fehlende Informationen zum Verbleib der Produkte am Ende der Nutzungszeit

Die Forscher gehen davon aus, dass die Schließung von Stoffkreisläufen meist an Bauprodukten scheitert, die sich nicht oder nur mit großem Aufwand recyceln lassen. Ursache hierfür sind die fehlenden Informationen zum Verbleib der jeweiligen Produkte am Ende der Nutzungszeit einer Immobilie. Das Forschungsvorhaben will die Optimierung des Recyclings und die Reparaturfreundlichkeit im Schadens- oder Sanierungsfall erhöhen. Zudem sollen die weitreichende und frühzeitige Aufnahme und Speicherung produkt- und stoffbezogener Informationen (z. B. in Bezug auf Gefahrstoffe) verbessert werden. Dabei ist wichtig, dass alle Fakten zu den eingebauten Materialien und ihrer ­Zuordnung zum Einbauort, die die Belange des Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutzes betreffen, laufend dokumentiert werden. Das gilt vor allem bei der Wartung oder Instandsetzung während der Betriebsphase. Dipl.-Ing. Holger Kesting vom Lehr- und Forschungsgebiet „Baubetrieb und Bauwirtschaft“ der Uni-Wuppertal, sagt: „Durch eine konsequente Prozessmodellierung von Bauprodukten unter Berücksichtigung der beiden Lebenszyklen für Bauprodukte und der Liegenschaft könnten umfassende digitale Standards für die Bereitstellung von Informationsdokumenten entwickelt und umgesetzt werden.“

Sind verknüpfte Property Sets mit Datenbanken bald Realität?

Am Beispiel Beton und Kalksandstein-Mauerwerk wurde untersucht, wie sich Bauwerksabbruch, mit den heute zu dokumentierenden Informationen, als recycelte Gesteinskörnung wieder in den Produktzyklus zurückführen lässt. Hierfür müssen die vorhandenen Datenprofile die Richtlinien des Deutschen Ausschuss für Stahlbeton e.V. erfüllen: DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 mit recycelten Gesteinskörnungen nach DIN EN 12620. Hier wird die Bedeutung von Informationen für die spätere Verwertung deutlich. Der Architekt und Projektmanager Dr. Michael Küpper von der Küpper Partner AG empfiehlt hierfür eine festgelegte Prozesskette. Wie diese aussieht, sehen Sie auf DBZ.de. Die Datenaggregation hält er dabei für entscheidend und die passenden Datenbanken mit hinterlegten Informationen als nützlich für den Stoffkreislauf. Zudem sollten diese Informationen nach Ansicht von Dr. Michael Küpper zum Format der Ausschreibung angefügt werden, um die Umsetzung auf der Baustelle zu organisieren und zu kontrollieren. Küpper weiter: „Architekten und Ingenieure profitieren hier von den richtigen Informationen zum richtigen Zeitpunkt. Zudem wird so eine übermäßige Datenmenge vermieden.“ Als Zusatznutzen nennt der Architekt und BIM-Projektmanager: „Wenn die Property Sets einmal mit der Datenbank verknüpft sind, kann man die Auswertung beliebig für jedes andere Projekt nutzen.“ Obwohl einige Architekten den Mehraufwand im Zusammenhang mit BIM noch immer kritisieren, sieht der Geschäftsführer des Softwareanbieters eTASK, Klaus Aengenvoort, durchaus einen Vorteil durch die Verknüpfung von Property Sets z. B. mit Schadstoffdatenbanken. Seine Begründung: „Aus Sicht vom Facility-Management hat jeder Bauherr, und alle weiteren Eigentümer, die Verpflichtung, nach der Bauprodukteverordnung zu wissen, welche Produkte und welche Materialien in seinem Gebäude verbaut sind.“ Wie kann er diese Erwartung über den gesamten Lebenszyklus erfüllen? Für Aengenvoort ist die geforderte Bereitstellung von Daten für 10 Jahre zu kurz. „Nach dem späteren Verkauf, Umbau bzw. vor dem Rückbau nach dieser Frist müssten alle Informationen mühsam manuell analysiert werden, was die Kosten für den Rückbau extrem erhöht. Das Nachführen einer Datenbank z. B. mit Property Sets wäre da preiswerter“, erklärt Aengenvoort, der auch als Deutscher Vertreter bei VDI, DIN und CEN für die digitalen Datenstandards für Produktdaten tätig ist. Langfristig und auf den gesamten Lebenszyklus betrachtet könnte sich die Kopplung von Prop­erty Sets mit Schadstoff-Datenbanken also durchaus rechnen.

Wenn die Property Sets einmal mit der Datenbank verknüpft sind, kann man die Auswertung beliebig für jedes andere Projekt nutzen.

Was sind Property Sets?

Jedem Modellelement lassen sich je nach Informationsdichte und Zweck beliebige Attribute und Eigenschaften zuweisen. Einige werden hierbei als minimaler Standard für die Übergabe der Elemente nach IFC definiert und sind in so genannten Property Sets (PSet) zusammengefasst. Dabei gibt es für jedes Element bzw. Bauteil, das sich per IFC übertragen lässt, ein eigenes allgemeines Eigenschaftenpaket (PSetWallCommon, PSetDoorCommon ...), das unterschiedlich viele Attribute enthalten kann. Einzelne Bauteile, vor allem die Ausbauelemente Türen, Fenster, Räume besitzen darüber hinaus noch weitere vordefinierte Attributgruppen, etwa für die Glaseigenschaften oder spezifische Herstellerinformationen. Diese Gruppierung bietet eine zusätzliche Strukturierung des umfangreichen kompletten Attributsatzes und ermöglicht daher eine bessere Übersichtlichkeit über alle notwendigen und zu vergebenden Bauteilinformationen.

Quelle: www.allplan.com
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