Buchrezension: Gebäude, die Zeichen setzen. Ein Blick auf drei Jahrzehnte Architektur
"Architektur einer globalen Welt" titelt der Autor seine Einleitung. Der Autor war langjähriger Chefredakteur der Fachzeitschrift DETAIL, die, wie das vorliegende Buch, in der DETAIL Business Information GmbH erscheint. Gleich zu Beginn der Lektüre fragt man sich also: Was meint der Mann mit "globaler Welt"? Eher wohl eine "globalisierte Welt", was, würde man es wörtlich nehmen, der gleiche Unsinn wäre. Oder ist nicht die Welt schon alles und was bitte schön soll da noch dazu kommen?! Globalisierte Architektur, das schon eher, aber diesem Begriff liegt immer gleich der Geschmack von Kritik bei. Und die ist sehr eindeutig nicht das Thema der hier vorliegenden, projekte- und bilderreichen Arbeit.
Und dann geht es in der Einleitung weiter mit der Unbestimmtheit der Begrifflichkeiten. Von "Epoche" ist die Rede, von "gebeugten Rücken über riesigen Zeichentischen" (wisst ihr noch, damals?!), vom Pluralismus im Globalen und der enormen Diversität der Materialien. Wenn man nun versucht, das zu verstehen, kommen gleich Fragen. Nach Widersprüchen (Vielfalt und Globalisierung?!), nach der Wirklichkeit hinter der Behauptung, der Trend zunehmender Architekturtheorielosigkeit sei ein Merkmal der internationalen Top-Büros oder nach dem Gemeinplatz der "intelligenten Lösung".
Ganz schwierig wird es dann, wenn der Autor eine Architektur, eine Haltung gar über alle Maßen lobt, die er aber "durchs Raster" fallen lassen muss. Mit der Begründung: diese Bauten, die "mir in meiner Zeit in der Redaktion oftmals besonders am Herzen" lagen, konnten deshalb nicht gezeigt werden, weil "ich mich weitgehend auf Highlights international renommierter Architekten beschränkt" habe. Aha ...
Und dann kommen die Highlights. 25 sind es, Museen, Verwaltungen, Kirchen, Konzert-, Schul- und Wohnhäuser und sämtlich in der DETAIL vormals veröffentlicht und beinahe alle vom Autoren in dessen Redakteursvergangenheit besucht und fotografisch dokumentiert. Zweitverwertung?! Ganz sicher, allerdings sind die Texte wohl aktuelle oder jedenfalls aktualisierte, gehen sie doch auf Erweiterungen der Bauten oder andere Dinge, auf Ereignisse ein, die damals so noch nicht vorhersehbar waren.
Aber: Die Sammlung von "Gebäuden, die Zeichen setzen" unterliegt einem Zwang und zwar dem der Fachzeitschriften. Die veröffentlichen in der Regel Bauten, über die aktuell in der Szene gesprochen wird, die auch Unterhaltungswert haben, die ikonisch wirken, die aus Büros mit bekannten Namen kommen. Damit wird hier eine Zeichenreihe präsentiert, die vor allem das eine auslöst: ein Déjà-vu. Und damit irgendwie auch eine Enttäuschung. Dass eben nicht die Projekte der Architekturbüros gezeigt werden, die "die vielen sehr gut gemachten kleineren und meist lokal bedeutenden Bauten" gebaut haben. Dass wir nicht dahin geführt werden, wo die Architektur tatsächlich Zeichen gesetzt hat und nicht bloß Signale. Der Autor erhält ein Honorar, der Verlag den Doppelnutzen, die Leser das längst schon Bekannte. Dafür sind sie diejenigen, die das alles bezahlen. Immerhin. Be. K.
Christian Schittich, Gebäude, die Zeichen setzen. Ein Blick auf drei Jahrzehnte Architektur. Dt./engl. Edition Detail, München 2017, 192 S. mit zahlr. Abb., 49,90 €, ISBN 978-3-95553-384-7