Ein Zugpferd für eine Bank
Volksbank in Salzburg /A
Die Wiener Architekten BKK-3 entwickelten für das neue Headquarter der Volksbank Salzburg einen skulpturalen Baukörper, der etwa 140 Menschen ein einzigartiges Arbeitsumfeld und den Kunden eine luftige, zweigeschosshohe Filiale bietet. Sie wirkt fast sakral und ermöglicht den freien Durchgang zum großzügigen Platzraum, den das Gebäude bildet. Trapezförmige „Pilotenfenster“ in den Zwischenwänden der Büros schaffen Blickbezüge, am Hof zieht sich ein Terrassenband entlang, ein Bistro mit Chill-Out-Zone und Seminarräume gibt es außerdem.
„Vertrauen verbindet“, lautet ein Motto der Volksbank Salzburg.
„Jedes Unternehmen ist nur so gut wie seine Mitarbeiter“, ein zweites. Ihr Hauptsitz liegt unweit vom Bahnhof. Sowohl die Filiale im Erdgeschoss als auch die Büros hatten eine Modernisierung bitter nötig, ein Ausbau des Headquarters war überfällig.
Die Gegend hat Zukunft. Nach vielen zermürbenden Baustellenjahren soll der Bahnhof 2009 rundum erneuert sein, längst ist der Vorplatz umgestaltet, neue Büro- und Geschäftsbauten verheißen Aufbruchsstimmung. Man entschied sich, dem alten Standort und seiner Kundschaft treu zu bleiben. Im Jahr 2003 wurde ein geladener Wettbewerb für eine Erweiterung ausgeschrieben.
Der Bestand ist aus drei Bauteilen zusammengewachsen. Zwischen zwei Kreuzungen erstreckt er sich an einem Arkadengang entlang der stark befahrenen St. Julien-Straße im Norden über den ganzen Block. Das Wiener Büro BKK-3 fasste Filiale und Büros als städtebauliche Aufgabe auf, wagte sich mit seinem Projekt über die zulässige Baugrenze hinaus und bis an die Parallelstraße im Süden vor. So entstand zwischen Alt- und Neubau ein schöner Platz. „Wir wollten mit unserem Gebäude einen öffentlichen Straßen- und Hofraum bilden“, erklärt Architekt Franz Sumnitsch. „Außerdem war es wichtig, mit der Filiale die Ecke neu zu besetzen und so das ganze Ensemble aufzuwerten.“ Damit war das Terrain für eine weitere Eroberung der Südflanke geebnet.
Gemeinsam mit der Bauherrenschaft wurde ein bedürfnisgerecht maßgeschneiderter, skulpturaler Baukörper entwickelt. Das Finetuning für die Filiale mit ihren 20 MitarbeiterInnen, Seminarräumen zur firmeninternen Ausbildung, Büros und anderen Assets, die der etwa 140-köpfigen, teils aus dem Altbau abgesiedelten Belegschaft ein einzigartiges Arbeitsumfeld bieten, dauerte fast ein Jahr. Dynamisch mäandern nun unter einer bergig anmutenden Dachlandschaft an weiten Gängen, die von Foyers, Galerien, Lounges und Treppen durchzogen sind, die Büroebenen entlang. In ihren Fensterbändern, die bündig in der ockerfarbenen Fassade sitzen, spiegeln sich Altbau, Himmel und Stadt.
Wie an einem Pfeiler dockt der Neubau am Bestand an, überbrückt mit einem zwei Meter hohen, ein Meter breiten Träger souverän die zweigeschosshoch verglaste Filiale am Eck und umschlingt dann mit einer umarmenden Geste den Hof. 85 Meter gleitet seine Südflanke, die sich bis zu 21,5 m Tiefe ausbreitet und an ihrer schmalsten Stelle auf 7,71 m verjüngt, bis zu seinem Ende, wo sie sich wie ein aufgezäumtes Pferd hochbäumt. Spektakulär kragen über dem Kastanienbaum an der Zufahrt in 24 m Höhe die obersten zwei Geschosse aus. Sie definieren einen Vorplatz und bilden einen unverwechselbaren Bezugspunkt für die Umgebung.
Ganz oben in diesem Kopf liegt der so genannte blaue Salon. Ein großer Raum mit einer winterweißen, aerodynamischen Bar und tiefen, schwarzen Ledersesseln auf rotem Teppichboden für besondere Kunden. „Statisch war das eine Wahnsinnsleistung. Ein abgespannter Träger trägt die Decke. Wir mussten über die Position jedes einzelnen Fensters diskutieren, um den Kräfteverlauf nicht zu stören“, sagt Franz Sumnitsch. Dafür schwebt man hier nun wie in einem Cockpit am dreiseitig verglasten Panoramafenster über die Salzburger Skyline hinweg. Der Blick aus dem Seminarraum darunter ist auch nicht schlecht und für alle da: Hier feierte die Belegschaft die Fußball-EM.
Wie ein großes, offenes Maul erstreckt sich die Filiale von der Straße bis zum Hof. Ihr lichtdurchflutetes Foyer ist schon von der Ferne zu sehen. Weit ragt die vorgezogene Gebäudekante der drei darüberliegenden Büroebenen über den Eingang und bildet so einen gedeckten Vorbereich. Sein roter Asphalt geht innen in roten Terrazzo über. Im Süden wird das Erdgeschoss von einer Reihe mächtiger Stützen aufgerissen, damit neun Autos unter der neonröhrenbestückten Deckenuntersicht am Hintereingang im Hof parken können. Dieses Service an die Kunden bildet ein transformiertes Pendant zu den Arkaden des Bestands, das die Durchlässigkeit zur Stadt noch erhöht. Dunkelrot verkleidet ist auch die Zufahrt in die Tiefgarage, die zwischen zwei Rampen in die Topografie des Hofes eingebettet ist. Dass hier auch Lkw zuliefern können, ist ihr nicht anzusehen. Dies ist präziser Planung und einem optischen Kunstgriff zu verdanken. Unmerklich neigt sich die Decke mit den zwei Neonlichtstreifen, die den hellgrauen, epoxydharzbeschichteten Estrich am Boden zum Glänzen bringen. Auch dieser fällt leicht ab. Die Infrastruktur-Basis im Untergrund ist ästhetisch ansprechend, übersichtlich und hell.
Auch das Interieur, das wie angegossen zur skulpturalen Plastizität des Gebäudes passt, wurde von BKK-3 geplant. Fast alle stromlinienförmigen Möbel, Wände, Stützen und Decken sind winterweiß, fast alle Böden rot. Vom Eingang der Kassenhalle gleitet die Decke mit den weißen Lichtstreifen leicht abwärts, über dem behindertengerechten Bankomaten, Geldwechsler und Kontoauszugsdrucker des Selbstbedienungsfoyers steigt sie wieder an. Sie sind in ein Sondermöbel integriert, dessen schräge Wandflächen direkt in die Brüstung der Galerie übergehen, die über die Rückwand des Schalters ragt: ein anthrazitgrauen Tresen, der auf einem hinterleuchteten Glaskorpus sitzt.
Die offene, hohe Halle wirkt wie ein Museum, an ihren Rändern aber steigt der Grad an Intimität: hinter den Säulen am Hof stehen Beratungsnischen, dahinter liegen die Büros. Weiße, geschlossene Türen schaffen eine vertrauensbildende Gesprächsatmosphäre. Viel wurde in eine hochwertige Be- und Entlüftungsanlage investiert, von den abgehängten Decken baumeln Zumtobel-Leuchten, die Jalousien an den Fenstern werden über einen Lichtmesskopf automatisch gesteuert und sorgen so für 600 lux blendfreies Licht. Dank Schallschutzglas ist von den 45 000 Autos, die täglich draußen passieren, nichts zu hören. Winterweiße Ablageflächen säumen die hohen Glasbänder, an die mit einem trapezförmigen „Pilotenfenster“ die Zwischenwände anschließen. Beugt man sich vor, kann man mit benachbarten Kollegen zwanglos in Blickkontakt treten. Das stärkt die Zusammengehörigkeit.
„Wir machen sehr viele Schulungen. Kommunikation ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor“, sagt Marketingleiter Klaus-Peter Lovcik. „Bei uns herrschen ideale Bedingungen, es macht wirklich Lust, durchs Haus zu gehen.“ Es bietet eine tolle Kulisse. Im zweiten Stock ist eine Loggia vor dem Foyer am Hof eingeschnitten, die sich als schräges Terrassenband ums Eck zieht. Türen in der langen Nurglasfront führen ins Freie. Am Spitz des Balkons beginnt der Bistro-Bereich, eine fein akkordierte Raumfolge unterschiedlichen Ambientes auf dunkel gebeiztem Holzparkett. Eine sky-lederne Bank flankiert das Panoramafenster, an dem Tische und Sessel stehen, an einer Glaswand liegt das Extrazimmer im Kopf der Bank. Hier pflegen Mitarbeiter zu tafeln. Die Lounge mit den Ledernischen ist beim Espresso sehr gefragt.
Eine Treppe führt zu den Sesselchen und Sitzstufen mit weißen Polstern darüber. Der Gang dahinter erschließt den Ruheraum: Hier kann man auf breiten Liegen zwischen weißen Vorhangbahnen power-nappen. Isabella Marboe, Wien
Baudaten
Fachplaner
Kraibacher, Salzburg