EnEV-Verschärfung ab 2016Welche baulichen und technischen Maßnahmen sind erforderlich?
Schon seit der Verkündung der letzten Novellierung der Energieeinsparverordnung (EnEV 2014) ist bekannt, dass sich die gesetzlichen Anforderungen ab dem 1.1.2016 nochmals verschärfen. Und doch wissen viele noch nicht genau, was dies für ihre tägliche Planungspraxis bedeutet. Die Landeshauptstadt München (LHM) hatte schon zu Beginn der 1990er-Jahre für ihre kommunalen Gebäude einen Energiestandard entwickelt (LHM-Standard), der über die damaligen gesetzlichen energetischen Anforderungen deutlich hinausging. In einer Grundsatzuntersuchung ließ die Kommune jetzt durch das Ingenieurbüro Hausladen GmbH in Zusammenarbeit mit dem Münchener Baureferat überprüfen, was die neuen EnEV-Anforderungen ab 2016 für kommunale Baumaßnahmen bedeuten. Dabei stellte sich heraus, dass die Verschärfung der EnEV erhebliche Herausforderungen mit sich bringen wird. In Zukunft wird es nicht mehr so einfach sein, die gesetzlichen Vorgaben zu unterschreiten und damit eine Vorbildrolle mit hohen Klimaschutzzielen zu übernehmen.
Die neuen Anforderungen ab 2016
In der EnEV ist für Nichtwohngebäude der Nachweis von zwei entscheidenden Kennwerten gefordert: dem Primärenergiebedarf (Qp) und den Mittelwerten der Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte). Die Verschärfungen des zulässigen Primärenergiebedarfs und der Wärmedurchgangskoeffizienten ab dem 1.1.2016 gelten nur für Neubauten. Sanierungen und Erweiterungen sind nicht betroffen. Die zulässigen mittleren U-Werte der opaken Bauteile wurden ab dem 1.1.2016 von 0,35 auf 0,28 W/(m²K) reduziert. Bei transparenten Bauteilen verringert sich der Wert von 1,9 auf 1,5 W/(m²K). Da die meisten in der Praxis heute üblichen Bauteile diese Anforderungen ohnehin erfüllen, wird auf das Thema Wärmedurchgangskoeffizienten im Folgenden nicht weiter eingegangen. Der zu-
lässige Primärenergiebedarf errechnet sich über ein Referenzgebäude mit gleicher Geometrie, Nettogrundfläche, Ausrichtung und Nutzung in der technischen Ausführung, wie sie in der EnEV beschrieben ist. Der Primär-energiebedarf des Referenzgebäudes definiert die 100 %, die bisher nicht überschritten werden durften. Seit dem 1.1.2016 darf der Primärenergiebedarf von neuen Gebäuden allerdings nur noch 75 % des entsprechenden Wertes für das Referenzgebäude betragen. Zudem wird der Primärenergiefaktor von Strom von 2,4 auf 1,8 reduziert. Damit soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass inzwischen ein zunehmender Anteil des Stroms aus regenerativen Quellen stammt. Der verringerte Primärenergiefaktor für Strom gilt sowohl für das Referenzgebäude als auch für das geplante Gebäude.
Anforderungen des EEWärmeG
Gemäß EEWärmeG (letzte Änderung 2011) sind Eigentümer von Neubauten mit einer Nutzfläche von mehr als 50 m2 verpflichtet, den Wärme- und Kälteenergiebedarf in unterschiedlichem Umfang aus erneuerbaren Energien zu decken. Maßnahmen hierfür sind beispielsweise thermische Solaranlagen, Wärmepumpen, Pelletheizungen. Die Anforderungen können auch durch Ersatzmaßnahmen erfüllt werden, z. B. durch Kraft-Wärme-Kopplung/Fernwärme, Abwärmenutzung oder durch eine Übererfüllung der EnEV-Anforderungen. Bei öffentlichen Gebäuden gilt das EEWärmeG als erfüllt, wenn der Transmissionswärmetransferkoeffizient (Ht’) des Referenzgebäudes um 30 % unterschritten wird. Dies kann durch eine besonders gute Dämmung und/oder eine Minimierung des Wärmebrückenzuschlags erreicht werden.
Die drei Beispielgebäude
Die Untersuchung erfolgte am Beispiel von drei Münchner Gebäuden unterschiedlicher Größe. Ausgewählt wurden die Kinderkrippe Hardenstraße, die Grundschule am Ilse-von-Twardowski-Platz und das Gymnasium Trudering. Geometrie, Nettogrundfläche, Ausrichtung und Nutzung wurden für die Berech-
nungen übernommen. Weitere Parameter wurden standardisiert und für die verschiede-nen Szenarien variiert, z. B. Dämmstandard, Wärmeversorgung, Lüftung, Beleuchtung, Photovoltaik. Als Ausgangspunkt wurden Berechnungen für den bisherigen LHM-Standard und eine Gasversorgung erstellt. Die Unter-
suchung zeigt, dass die bisher zulässigen Höchstwerte der EnEV 2014 von allen Beispielgebäuden deutlich unterschritten werden.
In Abb. 1 ist der Primärenergiebedarf aufgeschlüsselt nach Heizung, Warmwasser, RLT,
Beleuchtung und Kühlung. Für die Einhaltung der EnEV ist allerdings nur die Gesamtsumme des Primärenergiebedarfs entscheidend. Die EnEV gilt als eingehalten, wenn der Wert insgesamt unter dem zulässigen Bedarf liegt.
Anschließend wurden die Werte für die Gebäude gemäß den neuen, seit dem 1.1.2016 geltenden Anforderungen berechnet. Der Wert für den zulässigen Bedarf reduziert sich gegenüber den alten Berechnungen, weil der zulässige Primärenergiebedarf ab dem 1.1.2016 nur noch 75 % des Wertes für das Referenzgebäude betragen darf und gleichzeitig der Primärenergiefaktor für Strom auf 1,8 gesenkt wurde. Durch die Senkung des Primärenergiefaktors sinkt auch der Primärenergiebedarf des Gebäudes. Abb. 2 macht deutlich, dass der bisherige, ambitionierte Standard der Stadt München (LHM-Standard) bei gasversorgten Gebäuden nicht mehr ausreicht, die neuen Anforderungen der EnEV zu erfüllen.
Untersuchte Maßnahmen
Im Folgenden wurde untersucht, welche Verbesserungsmaßnahmen möglich sind und welchen Einfluss sie jeweils auf die Einhaltung des EEWärmeG und der verschärften Anforderungen der EnEV haben. Viele Maßnahmen wirken sich sowohl auf den Primär-energiebedarf (EnEV-Anforderungswert) als auch auf das EEWärmeG positiv aus, z. B. thermische Solaranlage, Wärmepumpe, Fernwärme, verbesserte Dämmung. Andere, wie z. B. Photovoltaikanlagen leisten bei öffentlichen Gebäuden nur einen Beitrag zur Einhaltung der EnEV. Im Folgenden werden die untersuchten Maßnahmen beschrieben (siehe auch Tabelle 1):
Die bisher dargestellten Maßnahmen reichen als Einzelmaßnahmen meist nicht aus, sowohl die ab dem 1.1.2016 geltenden Anforderungen der EnEV und des EEWärmeG einzuhalten. Durch eine Kombination der Maßnah-
men ist dies jedoch möglich. Der Wechsel von einem Gaskessel auf eine alternative Energieerzeugung ermöglicht als alleinige Maßnahme in der Regel die Einhaltung aller Anforderungen. Untersucht wurden Fernwärme, Holzpelletheizung, Wärmepumpe, BHKW und Gasspitzenlastkessel.
Kosten und Wirtschaftlichkeit
Fazit
Die Verschärfung der EnEV ab dem 1.1.2016 ist eine große Herausforderung für alle am Planungsprozess Beteiligten. Diese lässt sich nur meistern, wenn in einem integralen Planungsprozess schon frühzeitig das beste Konzept aus baulichen und technischen Maßnahmen gesucht wird.
Die vorgestellte Untersuchung belegt, dass eine weitere Anhebung des LHM-Standards wirtschaftlich nicht mehr darstellbar ist. Betrachtet man den Durchschnitt aller kommunaler Neubauten (Gas-/Fernwärmeversorgung) in München, werden auch die ab dem 1.1.2016 verschärften Anforderungen mit dem bestehenden LHM-Standard immer noch deutlich unterschritten. Vor diesem Hintergrund bleiben die anspruchsvollen energetischen Vorgaben der Landeshauptstadt München (Energetisches Maßnahmenpaket LHM) im Wesentlichen unverändert. Um sowohl bei gas- als auch bei fernwärmeversorgten Gebäuden der LHM die gleiche Qualität der Gebäudehülle zu gewährleisten, gelten weiterhin für alle Neubau-maßnahmen und Sanierungen die ambitionierten Vorgaben bezüglich des Dämmstandards. Bei fernwärmeversorgten Gebäuden – oder auch Gebäuden mit Wärmepumpe, Pelletheizung etc. – führt dieser gemäß Stadtratsbeschluss vorgegebene, einheitlich anzusetzende LHM-Standard zu einer Unterschreitung der gesetzlichen Anforderungen. Bei gasversorgten Gebäuden können über das energetische Maßnahmenpaket der LHM hinaus weitere Maßnahmen erforderlich werden.