Enormer Anstoß
Alle reden vom Bestand, wenn es um die Zukunft der Architektur, des Berufsstands Architekt:in geht. Doch was ist eigentlich der Bestand? Die TUM hatte 2016 mit ihrem „Häuserbuch“ damit begonnen, das Gebaute in einem digitalen Katalog zu sammeln, Bauten der Innenstadt Münchens. Da die Bestandsmasse aber sichtbar (!) im Massenwohnungsbau der 1960er- bis frühen 1980er-Jahre liegt, folgte bald das hier in Buchform gebrachte Forschungsprojekt, in welchem am Beispiel von fünf Großwohnsiedlungen in Deutschland ausprobiert wurde, wie eine Sys-tematik der Erfassung von Form, Detail, Bauteilen, Funktionseinheiten etc. möglich sein könnte. Das Ziel: Man möchte über die systematische Erfassung des Bestands einen Überblick über das Vorhandene u. a. der Politik so anbieten, dass Sanierung, Weiterbauen oder auch Umformung insgesamt angegangen werden können.
Und weil das Ganze so einfach nicht ist, Systematiken in der Erfassung und Bewertung auf Datenbankenstrukturen beruhen sollten, die, wenn sie nicht flexibel veränderbar angelegt sind, auch wenig taugen, umfassen große Teile der vorliegenden Publikation das Herausarbeiten von systematisch gegliederten Kategorien der Bestandserfassung. Das reicht dann vom Großmaßstäblichen bis zur Betrachtung von Details der Gebäudeensembles der hier untersuchten Großsiedlungen.
Der abschließende Katalog zeigt sie dann: die Hüllflächen, Zugänge, Fensteröffnungen, Balkone oder Dachabschlüsse, Vordächer, Sockelzonen u. v. a. m., jeweils aus allen fünf untersuchten Wohnsiedlungen. Mit Foto, mit erläuterndem Text, mit Zeichnungen und verallgemeinernen Grafiken. Dass die Menge der Detailfotos mittels Schwarzweißdruck egalisiert, auf Konturen, Zeichnung oder Maßstab reduziert wurde, dass einige dabei nicht die Qualität haben, ihre direkte Lesbarkeit zu ermöglichen: geschenkt. Überhaupt muss man die enorme Arbeit, die hinter diesem ersten Aufschlag einer Bestandserfassung/Analyse steht, mit Hochachtung anschauen und Daumen drücken dafür, dass dieser Anfang über eine digitale Implementierung fortgesetzt und für die Ver- und Bearbeitung unseres Baubestandes in Zukunft die Referenz ist (in das „Häuserbuch“ beispielsweise, das wiederum in ein größeres Bestandsverzeichnis Deutschland zu überführen wäre). Die Publikation mit reichhaltigem Literaturverzeichnis jedenfalls ist ein mächtiger Anstoß dazu! Be. K.