Fahrradgarage des Novartis Campus, Basel/CH
Auch im schweizerischen Basel „satteln“ immer mehr Menschen um und nutzen für ihre täglichen Wege das Fahrrad. Der Pharmakonzern Novartis ließ auf seinem Campus extra eine Tiefgarage bauen, die mit überdimensionalen Lichträdern ausgeleuchtet wird.
Inspiriert durch die berühmte Architektur Lina Bo Bardis in Brasilien wird der unterirdische Raum mit länglicher Ausdehnung umlaufend durch gewellte Sichtbeton-Außenwände begleitet, während die Sichtbetondecke und der PU Gussboden in tiefem Blau eingefärbt sind. So entstand bis zum Sommer 2017 ein Platz mit über 800 Fahrradstellplätzen für die Mitarbeiter am Novartis Campus. „Unterirdische Räume vermitteln selten das Gefühl von Wohlbefinden und guter Orientierung. Der fehlende Bezug zur Außenwelt ist ein wesentlicher Grund dafür“, äußert sich Architekt Marco Serra und führt weiter aus: „Wir haben daher die Fahrradgarage als zusammenhängende Halle mit einer übersichtlichen Perimeterwand konzipiert. Sie wurde als Vorhangwand aus gewelltem Beton ausgeführt, die durch ihre Vibration und Lichtbrechung dem Nutzer eine gute Orientierung und ein angenehmes Schauen ermöglicht. Ebenso wie in einem oberirdischen Gebäude ist so eine Fassade entstanden, die trotz fehlender Aussicht einen Bezug zur Außenwelt gibt.“
Lichtidee entwickeln
Die organische Formensprache der Wellenwand setzt sich in 16 gro-ßen, kreisrunden Deckenrücksprüngen fort, welche die relativ niedrige Deckenhöhe von 2,80 m im Verhältnis zum hallenartigen Raum spürbar erhöhen. “Mit den großen Lichtfeldern wollten wir die Assoziation zu Oberlichtern herstellen. Die kassettenartigen Vertiefungen im Beton ermöglichten die Gestaltung von übergroßen, runden Leuchtvolumina“, erläutert Marco Serra.
„Die Idee, die zylindrischen Deckenrücksprünge als Ort für das Licht zu verwenden und mit überdimensionalen Lichträdern zu füllen, ist in enger Abstimmung mit dem Architekten realisiert worden“, erklärt Licht Kunst Licht Projekt- und Teamleiterin Martina Weiss. „Zunächst hatten wir die Idee, das Profil der Ringleuchte selbst auch organisch zu gestalten. Aufgrund der Komplexität und der unange-
messen hohen Kosten haben wir sie jedoch wieder verworfen.“ Anstatt über einen organisch gewellten Ring wurde die Leuchte daher über eine Kegelform realisiert, was in der Herstellung wesentlich einfacher war, da keine teure Druckform und kein Tiefziehen des PMMA-Materials notwendig war.
Umsetzung in Teamarbeit
Das Lichtkonzept sieht in jedem der Deckenrücksprünge überdimensionale, diffus abstrahlende Ringleuchten mit einem stattlichen Außendurchmesser von 7 m vor. Die 16 leuchtenden „Räder“ sind Ergebnis einer komplexen Sonderleuchtenentwicklung, die in intensiver Abstimmung von Licht Kunst Licht entworfen, konstruiert und vom Leuchtenhersteller Trilux gefertigt wurde. Anhand von kleinen Material- und Lichtmustern wurde der Lichteffekt zunächst im Büro von Licht Kunst Licht getestet, anschließend ein 1:1 Mockup erstellt, das zunächst in einer Trilux Produktionshalle aufgebaut und mehrmals hinsichtlich Ausbildung der Fugen, Position der LEDs, Wahl der Lichtfarbe etc. angepasst wurde. Im Anschluss wurde das Mockup in der Tiefgarage in Basel installiert und in einer gemeinsamen Bemusterung begutachtet. „Der Effekt in Kombination mit den ausgelegten provisorischen Boden- und Deckenfarben war sehr überzeugend“, resümiert Martina Weiss: „Es mussten lediglich noch einige Anschlüsse und Dichtungen angepasst werden, ansonsten konnte dieses Modell bereits als eines der 16 leuchtenden Räder für die finale Installation verwendet werden.“
Jede Sonderleuchte besteht aus einer ringförmigen, geneigten Schale aus weiß eingefärbtem, transluzenten PMMA, die in 12 Einzelsegmente unterteilt wurde. Neben dem Anspruch, die Ringleuchte insektendicht zu bauen, stellten die konstruktionsbedingten Bautoleranzen des Rohbaus von ± 2 cm eine große Herausforderung dar. Als Lichtquelle dient ein 120 ° abstrahlendes LED-Band, das zusammen mit den Betriebsgeräten an einem rückseitigen Montageblech befestigt ist und die PMMA-Fläche umlaufend homogen mit neutralweißem Licht hinterleuchtet. Eine tageslicht- und präsenzabhängige Lichtsteuerung garantiert eine energieeffiziente Lichtlösung, die sicherstellt, dass bei Betreten der Tiefgarage eine Grundhelligkeit von mind. 150 lx erreicht wird, um Orientierung und ein Gefühl von Sicherheit zu gewährleisten.
Die Mitarbeiter erreichen ihren Parkplatz bequem über eine Rampe bzw. zwei großzügige Treppen, die den Raum mit dem darüberliegenden, von den amerikanischen Landschaftsarchitekten von Good Form Studio neu geplanten Park verbinden. Die Beleuchtung der vertikalen Erschließung erfolgt über bodennahe Wandeinbauleuchten, die in einem aufwendigen Detail in die wellige Betonwand integriert wurden. Über ihre asymmetrische Lichtverteilung werden die Stufen der Treppenhäuser sowie die Oberfläche der Rampe gleichmäßig beleuchtet, ohne dabei die Wände einzublenden. Der Beleuchtungslösung für die Erschließungswege gingen mehrere Diskussionen zu verschiedenen Varianten voraus. „Letztendlich haben wir uns gemeinsam mit dem Architekten für diese Variante entschieden, da nur die Wandeinbauleuchten es erlauben, das Licht so gezielt auf die Trittstufen zu richten“, erklärt Martina Weiss. „Wichtig war uns, dass Rhythmus und Durchgängigkeit der Betonwand nicht durch Streulicht, beispielweise über Downlights, gestört werden.“ Die Details der Wandeinbauleuchte haben einen intensiven Abstimmungsprozess erlebt, so musste beispielsweise der Wandanschluss bündig zum Wellenberg ausgeführt werden.
Ein gläserner Pavillon lädt ein, die Mittagspause wind- und regengeschützt im Außenraum zu verbringen und bietet großzügigen Platz für firmeninterne Veranstaltungen und Ausstellungen. Das gläserne Dach des Pavillons wird über die Jahre eine natürliche Begrünung und Verschattung aus Weinreben erfahren, unter der in spielerischer Art und Weise eine Installation von freistrahlenden LED-Lampen über Spannkabel integriert wurde. Der den Park durchquerende Boardwalk wird über Pollerleuchten illuminiert, die eigens für das Projekt konzipiert wurden. Sie blenden das Holzdeck dezent ein und weisen dem Besucher in den Abendstunden blendfrei den Weg.
Andrea Rayhrer, Stuttgart; Martina Weiss, Berlin
Baudaten
Standort: Novartis Campus
Typologie: Fahrradeinstellhalle / Park mit Pavillon
Bauherr: Novartis Pharma AG
Nutzer: Novartis
Architekt: Marco Serra, Basel/CH, www.marcoserra.ch
Mitarbeiter: Julian Trachsel, Basel/CH
Bauleitung: EBP Schweiz AG, Zürich, www.ebp.ch
Generalplaner: ARGE EBP Schweiz AG / Stauffer Rösch AG
Bauzeit: Mai 2016 – Juli 2017
Fachplaner
Design Landschaftsarchitekt: Good Form Studio, Columbus/USA
Lokaler Landschaftsarchitekt:
Stauffer Rösch AG, Basel/CH, www.staufferroesch.ch
Tragwerksplaner, TGA Planer, Fassadentechniker: EBP Schweiz AG, Zürich/CH, www.ebp.ch
Brandschutzplaner: A+F Brandschutz GmbH, Basel/CH, www.af-brandschutz.ch
Bauphysik: BAKUS Bauphysik & Akustik GmbH, Zürich/CH, www.bakus.ch
Projektdaten
Technikfläche: 42 m²
Brutto-Grundfläche: Fahrradgarage: 1 710 m² / Pavillon 240 m²
Projektdaten Licht
Leuchtmittel: LED
Leuchtenlichtausbeute: ca. 105 lm/W
Farbtemperaturen: 4 000 K
Lichtmanagement/Steuerungssystem: DALI
Hersteller
Ringleuchten: Trilux GmbH & co. KG, www.trilux.com
Wandeinbauleuchten: Erco GmbH, www.erco.com
Downlights: Flos, www.flos.com
Pollerleuchten: Bergmeister Leuchten GmbH, www.bergmeister-leuchten.de
Flüssigkunststoffbelag: Texolit AG, www.texolit.ch
Brandschutzklappen: Trox Hesco Schweiz AG, www.troxhesco.ch