Fassadenplanung 4.0
Digitale Tools für alle Anforderungen

Architekten und Planer stehen immer wieder vor der Herausforderung, unterschiedliche Anforderungen bei der Planung einer Fassade berücksichtigen zu müssen. Um die gestalterischen Ansprüche einerseits und die vielfältigen Bedürfnisse der Nutzer andererseits bestmöglich in Einklang zu bringen, stellt die Industrie nicht nur konfigurierbare, geprüfte und flexible Systeme zur Verfügung; sie unterstützt ihre Partner auch mit Hilfe drei­dimensionaler BIM-Daten, die zu einer weit­gehenden Digitalisierung des gesamten Entwurfs- und Planungsprozesses führen.

Der Begriff „Fassade“ bezeichnet, abgeleitet vom lateinischen „fascies“ – also „Antlitz“ oder „Äußeres“ –,  im allgemeinen Sprachgebrauch die oft repräsentative Ansichts- oder Schauseite eines Gebäudes. Die Fassade als solche in ihrer Rolle als seitliche bzw. oberirdische Grenze von Innen- und Außenraum ist jedoch ausdrücklich nicht als Raumabschluss zu betrachten; sie bildet keine hermetische Versiegelung, sondern wirkt vielmehr als ein Filter, der den Stoffaustausch, den Strahlungs- und Schalldurchgang und die Wärmeleitung in Abhängigkeit von den äußeren Bedingun­gen und den Anforderungen der Gebäudenutzer möglichst genau regeln soll.

Ergo sind die Aufgaben der Gebäudehülle in den letzten Dekaden deutlich vielfältiger geworden und somit ist die Fassade ein signifikanter Punkt im Bauwesen. Komplexe Anforderungen ergeben sich hinsichtlich Akustik, Feuchte, Belüftung, Schutz gegen UV-Strahlung, Belichtung, Dichtigkeit gegen Schlagregen, Druck- und Sogkräfte aus Windbelas-tung, Ein- und Ausblick, Schutz vor Wärme und Kälte sowie statische Belastungen von innen und aus den Eigenlasten. Zusätzliche Aspekte sind in den letzten Jahren hinzugekommen, dazu zählen die Energiegewinnung und -speicherung, der mediale Austausch, die Vernetzung und Schnittstelle der Haustechnik (zentral, dezentral) und nicht zuletzt auch alle Aspekte der Gestaltung und der städtebaulichen Erscheinung sowie der gewünschten individuellen Alleinstellungsmerkmale für Bauherren und Planer.

Symbiose aus Planungssicherheit und Gestaltungsfreiheit

Um die an Fassaden gestellten Zielvorgaben zuverlässig ermitteln und einhalten zu können, bedarf es einer umfangreichen und frühzeitigen Koordination innerhalb des Planungsteams. Dies ist umso wichtiger, als bereits in der Planungsphase Entscheidungen getroffen werden, die Kosten, energetisches Verhalten und Gebrauchstauglichkeit des Gebäudes maßgeblich beeinflussen. Ziel für
Architekten, Planer und Bauherren kann es daher nur sein, ausgehend von der Kombination aus gestalterischen Ansprüchen und den vielfältigen Bedürfnissen der Nutzer eine bestmögliche Symbiose aus Gestaltungsfreiheit und Planungssicherheit, aus Design und Ästhetik, aus Nachhaltigkeit und Langlebigkeit zu erzielen.

Dynamisches Management zwischen Innen- und Außenraum

Passive Gebäudehüllen, die sich nicht an temporär wechselnde Umweltbedingungen und Nutzerbedürfnisse anpassen können, sind heute in puncto Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit passé. Gefragt sind aktive Fassaden mit integrierten intelligenten Funktionselementen, die über den gesamten Gebäudelebenszyklus ein Maximum an Energieeffizienz, Komfort und Sicherheit erlauben. Sie sorgen nutzerunabhängig – voll- oder teilautomatisch – u. a. für dynamischen Sonnenschutz, dezentrale bedarfsgerechte Raumlüftung, zustandsüberwachte sichere Fenster oder auch durch LED-Beleuchtungssysteme für eine akzentuierte Architektur, deren wesentliches Merkmal ein dynamisches Management zwischen Innen- und Außenraum ist, um für den Nutzer größtmöglichen Komfort zu gewährleisten. Führende Industriepartner tragen diesen Ansprüchen nicht nur mit Hilfe von konfigurierbaren, geprüften und flexiblen Systemen Rechnung, sondern unterstützen Architekten und Planer auch mit Hilfe dreidimensionaler BIM-Daten, die zu einer weitgehenden Digitalisierung des gesamten Entwurfs- und Planungsprozesses führen.

Faktoren für einen ganzheitlichen Planungsprozess

Sucht man nach den Anfängen digitaler Planung in der Architektur, muss man nicht weit zurückblicken: Noch in den 1980er-Jahren wurde üblicherweise mit Tuschestift am Reißbrett gearbeitet. Dann vollzog sich innerhalb von einer (Architekten-)Generation der Quantensprung hin zur integralen Planung als solcher und damit zum Building Information Modeling (BIM) als Tool mit umfassenden Datensätzen – idealerweise für jedes einzelne Bauteil, um einen reibungslosen und vor allem ganzheitlichen Planungsprozess zu gewährleisten. Industrie­unternehmen haben sich frühzeitig auf diese Entwicklung eingestellt und über 2D-CAD-Programme beginnend sukzessive entsprechende Daten-Bibliotheken aufgebaut. Sie stehen mittlerweile für alle wesentlichen Systeme in 3D zur Verfügung. Durch die dabei gewonnene Erfahrung war es nur noch ein kleiner Schritt hin zu den heute international schon deutlich stärker abgefragten, elementkonkreten BIM-Daten, die über die reine Dimensionierung des Bauteils hinaus mit einer Vielzahl weiterer Informationen (z. B. U-Werte, Gewicht, Belastbarkeit /Statik, Materialität, ggf. sogar Liefertermine) bis in die siebte Dimension (für Betrieb, Unterhaltung etc.) gebracht werden können.

Dieser kontinuierliche Fortschritt im Bereich der digitalen Planungswerkzeuge bietet Architekten heute beständig wachsende Möglichkeiten in der Entwicklung und Umsetzung von Gebäudeentwürfen und Fassaden. Geometrisch komplexe Formen werden damit in der Planung zunehmend vereinfacht. Durch Verknüpfungen und Gesetzmäßigkeiten zwischen einzelnen Entwurfselementen lassen sich so Änderungen leichter und schneller umsetzen. Hier steht die Industrie als Bindeglied zwischen den unterschiedlichen Projektbeteiligten – Investoren, Architekten wie Ausführende – in der Verantwortung, über die gesamte Realisierung hinweg den Beteiligten immer genau die Daten zur Verfügung zu stellen, die für sie relevant sind. Dies hat den zentralen Vorteil, dass auf jeder Stufe des Entwurfs-, Planungs-, Bau- und Betriebsprozesses eines Objekts bedarfsgerecht immer genau die Angaben und Werte zur Verfügung stehen, die zur qualifizierten Erfüllung der jeweiligen Aufgabe benötigt werden. Dies ist umso mehr sinnvoll und zielführend, da neben einer einprägsamen architektonischen Gestalt weitere Faktoren bei der Planung von Fassadengeometrien eine Rolle spielen, z. B. gelenkte Ausblicke, optimale Tageslichtbedingungen, der Schutz vor ungewollter Sonneneinstrahlung oder Schallschutz. Eine auf diese Faktoren abgestimmte Formfindung kann schnell planerisch anspruchsvoll werden, weil sich Aufwand und Schwierigkeitsgrad mit steigender Anzahl einzelner Fassadenelemente signifikant erhöhen können. Durch das Festlegen von Abhängigkeiten – die sogenannte Parametrisierung – lassen sich die Bedingun­gen digital verknüpfen und ihr Verhalten in der Planung mittels Software automatisieren. Potentielle Fehlerquellen –  bspw. durch mehrfaches händisches Eingeben – ent­fallen ebenso wie lückenhafte Aktualisierun­gen, durch die es im späteren Bauprozess zu Reibungsverlusten kommen kann.

Um das Handling trotz der Datentiefe bedarfsgerecht durchführen zu können, ist es heute bereits möglich, die BIM-Daten mit unterschiedlichem Detaillierungsgrad beim Import bereitzustellen – bspw. in das Gebäudemodell. Weiterhin ist es problemlos machbar, die Datentiefe bei der Übergabe an eine nachfolgende Prozessstufe ebenfalls individuell zu definieren. Der Fassadenplaner arbeitet genauso nur mit den für ihn relevanten Bauteildaten weiter wie in der späteren Realisierungsphase der Metallbauer. Dieser kann den Datenstamm bei entsprechenden Systemen konsequent und durchgängig sogar zur direkten Ansteuerung der CNC-Maschinen einsetzen.

Bidirektionaler Austausch,
Beispiel 3D-Fassade

Architekten erfahren insofern einen erheblichen Mehrwert, indem sie gewissermaßen schon aus der ersten Entwurfszeichnung heraus den späteren Zuschnitt eines Tür- oder Fensterprofiles definieren können – was gerade mit Blick auf frei planbare 3D-Fassaden wie das „Parametric System“ über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg einen spürbaren Effekt hat: Über den rein gestalterischen Aspekt hinaus garantiert der im Hintergrund mitlaufende Datenstamm aufgrund einer in die Bearbeitungssoftware integrierten Plausibilitätsprüfung die spätere Machbarkeit sowohl unter technischen wie statischen und normativen Aspekten. Dank  kleiner Zusatzprogramme, sogenannter Plug-Ins, hat der Metallbauer gleichzeitig die Möglichkeit, die von ihm konkret ausgearbeiteten Daten in die digitale Prozesskette zurückzuspielen. Konsequent praktiziert erfolgt ein Nachführen der Modelle in den „as built“-Status, mit allen Vorteilen für die anschließenden Betriebs- und Umnutzungsphasen – letztlich sogar für den Rückbau des jeweiligen Objekts. Um diesen bidirektionalen Austausch möglichst offen zu gestalten, werden die vom Metallbauer über eine entsprechende Software generierten Daten auch im neutralen IFC-Format  angeboten.

Was eine Fassade heute leisten muss

Unabhängig von ganzheitlichen Planungsprozessen ist es „common sense“, dass eine moderne nachhaltige Architektur heute weit über maximale Energieeffizienz hinausgeht. In diesem Zusammenhang ist die Fassade als Schnittstelle zwischen Innen- und Außenraum internen und externen Beanspruchungen ausgesetzt. Sie wird häufig mit der menschlichen Haut verglichen, die den Energiehaushalt des Körpers regulieren kann, indem sie auf sich ändernde Einflüsse und Verhältnisse reagiert. Dementsprechend besteht die Aufgabe von Fassaden darin, den Nutzern von Gebäuden eine behagliche Innenraumsitua­tion zu gewährleisten und den Energiehaushalt des Gebäudes positiv zu beeinflussen. Darüber hinaus gehören auch filigranste ­Optiken, ein hochwertiges Design und die optimale Integration von Funktionselementen zu den Merkmalen zeitgemäßer Fassadensysteme. Eine höchsten Ansprüchen genügende transparente Architektur braucht mehr als nur großzügige Glasflächen. Erst in ­Kombination mit filigranen puristischen Profilsystemen und der Integration aller nutzer­relevan­ten und vor allem den Normen entsprechenden Funktionen – wie etwa Wärmeschutz, Sonnen- und Schallschutz, Sicherheit und Wind-/Schlagregenwiderstand – erhält sie ihren makellosen Charakter.

Schmale Ansichten für mehr Energieeffizienz

In den letzten Jahren führten stetig steigende Ansprüche an Schall- und Wärmedämmung zu deutlich massiveren Fensterprofilen. Dem gegenüber steht der verstärkt wahrnehmbare Trend, Gebäude zu entwerfen, deren filigrane Optik durch miteinander nahezu verschmelzende Glasflächen dominiert wird. Dass dies keine Utopie mehr sein muss, zeigen bereits auf dem Markt vorhandene Fenstersysteme mit Pfosten-Riegel-Optik mit Ansichtsbreiten von 60 mm: Einsetzbar für klassische geschosshohe Fensterbänder inklusive Absturzsicherung im Andruckprofil und Lochfenster, kombiniert ein solches System eine filigrane Ansicht mit einem optimalem Wärmeschutz (Uf-Wert von bis zu 1,5 W/(m2K) inklusive Schraubeneinfluss mit 50 mm Glas) – und somit im eingebauten Zustand auf Passivhaus-Niveau mit Ucw-Werten von ≤ 0,9 W/(m2K).Wesentliches Merkmal eines solchen Systems ist die maximale Transparenz durch die Verschmelzung von Flügel und Tragwerk, Festfelder und Öffnungselemente sind von außen nicht unterscheidbar. Lediglich innen werden die Öffnungselemente durch eine Schattenfuge und den Fenstergriff sichtbar.

Noch schmalere Ansichtsbreiten von nur 35 mm lassen sich mit Panorama-Design-Fassaden realisieren – und dies sogar Passivhaus zertifiziert. Architekten schätzen nicht nur die puristische Optik der Systeme und das daraus resultierende transparente Erscheinungsbild der Gebäudehülle, sondern auch die niedrigen U-Werte der Rahmenquerschnitte, die den Einsatz auch in äußerst energieeffizienten Gebäuden erlauben. Um dies zu gewährleisten, werden die freien Luftbereiche im Profilinneren, die sogenannten Falzräume, wärmegedämmt. Entscheidend ist dabei ein möglichst gutes bauphysikalisches Verhalten der gesamten Systemkonstruktion. Das heißt: Die Falzräume bilden die Zone, in der unter anderem die Belüftung und Entwässerung der Profile stattfinden. Untersuchungen zu eben jenem Belüftungs- und Entwässerungsverhalten einer Panorama-Design-Fassadenkonstruktion mit 35 mm Ansichtsbreite durch das Fraunhofer Institut für Bauphysik in Stuttgart belegen deren optimale bauphysikalische Performance. Zwar kann nach starker Schlagregenbelastung Wasser in die Profilkonstruktion eindringen; allerdings trocknen die feuchten Falzräume je nach System und Verglasungsbautiefe nachweislich in kurzer Zeit wieder ab. Die Temperatur an der äußeren Glaskante passt sich sehr schnell an und die innere Oberflächentemperatur der sichtbaren Glasfläche liegt über der Taupunkttemperatur. Schließlich zeigt die Auswertung der absoluten Feuchtemengen im Falzraum, dass gesamtbelüftete Systeme etwas schneller abtrocknen als ein feldweise belüftetes System. In allen Fällen bleibt der Glasrand der Mehrscheiben-Isolierglaseinheit dauerhaft geschützt.

Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz

Nicht nur die Anforderungen moderner Gebäudehüllen an flexible Formgebung, vielseitige Funktionen und intelligente Vernetzung entwickeln sich weiter; angesichts steigender Energiekosten und neuer Vorgaben im Bauwesen wird auch eine langfristige Ressourceneffizienz immer wichtiger. Es ist daher heute Usus, hochwertige Bürogebäude an zentralen Standorten aus wirtschaftlichen Erwägungen nachhaltig zu planen, zu errichten und auch zu zertifizieren (DGNB, BREEAM, LEED außerdem Standards wie EN, AAMA etc.). Basis für die Bewertung sind nicht nur ökonomische, ökologische und soziokulturelle Aspekte, sondern auch die technische Qualität und die Prozessqualität. Ziel ist es, die Nutzung der verfügbaren Werkstoffe durch eine nutzerorientierte, langlebige und recyclingfähige Bauweise zu sichern und so Ressourcen und Umwelt zu schonen und die Gesundheit der Bewohner zu fördern. Um die Zertifizierung eines Gebäudes zu gewährleis-ten, ist eine ganzheitliche Planung der Fassade in Kombination mit ausgereiften Systemen für die Gebäudehülle nötig. Ökologisch sollten die Systeme zudem durch ihre Energieeffizienz, Wiederverwertbarkeit und Nutzerfreundlichkeit überzeugen. Damit werden sie nicht nur den individuellen Bedürfnissen in allen Klimazonen gerecht, sondern können, mit Photovoltaikelementen bestückt, sogar Energie gewinnen. Ein 360°-Nachhaltigkeitsansatz umfasst somit den gesamten Lebenszyklus eines Produkts von der Planung über Herstellung, Montage und Nutzung bis zur Möglichkeit des Rückbaus mit Recycling in den geschlossenen Wertstoffkreislauf.

Führende Industriepartner bieten außerdem geprüfte und zertifizierte Systeme, die die Tageslichtversorgung, Belüftung und Beschattung optimieren und somit die soziokulturellen Aspekte einer Gebäudezertifizierung berücksichtigen – und damit den Komfort der Nutzer entscheidend erhöhen.

Fazit

Anforderungen an Fassaden und damit auch an Architekten, Planer, Fachingenieure und Bauherren werden immer komplexer. Die Industrie hält maßgeschneiderte Systemlösun­gen bereit, sowohl produktseitig als auch beim immer wichtiger werdenden Serviceaspekt. Die integrierte, aktive und aggregierte Bereitstellung von digitalen Informationen wird künftig einen wesentlichen Einfluss auf das Bauwesen haben. Unternehmen, die dies erkannt haben, werden langfristig zu den Marktführern gehören.

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