„Herrengasse plus“, Wien/AT
Der öffentliche Bereich der Herrengasse in Wien war trotz der innerstädtischen Lage unattraktiv gestaltet. Auf Initiative der Hauseigentümer sollte er aufgewertet und neugestaltet werden, unter anderem durch moderne Beleuchtungstechnik. Die Lichtplaner von Podpod design entwarfen zusätzlich Lichtprojektionen, die im Dunkeln virtuelle Teppiche auf den Boden „ausrollen“ lassen.
Die Verkehrsplanung sah eine Umwandlung in eine „Begegnungszone“ vor, die vom Architekturbüro Clemens Kirsch gestaltet wurde. Ein neuer Belag aus Natursteinplatten zwischen Freyung und Michaelerplatz in niveaugleicher Ausführung erzeugt einen erweiterten Straßenraum für Fußgänger, Auto- und Radfahrer.
Das Büro podpod, das mit der Lichtplanung beauftragt wurde, entfernte die Seilhängeleuchten, die zuvor den Blick auf die Portale behinderten und ersetzte sie durch historische Leuchtenformen. Dazu die Lichtplaner Iris und Michael Podgorschek: „Alles wurde mit LED Technik umgesetzt. Da in Wien nur 4 000 K-Module zugelassen sind, haben wir den Shift ins Wärmere mit Goldspiegeln erreicht. An den Wandlaternen haben wir speziell entwickelte Aufsätze eingesetzt, die mit einer scheibenförmigen Lichtverteilung entlang der Fassade einen zarten Lichtschimmer zur Strukturierung der Oberflächenstruktur nach oben werfen.“
Da im Inneren der Palais prachtvolle Innenhöfe liegen, sie teilweise zu durchqueren sind oder zu angrenzenden Plätzen führen, entstand die Idee, nicht nur die Portale zu öffnen, sondern bei Dunkelheit zusätzlich virtuelle Teppiche aus Licht auszurollen. Im Wiener Museum für Angewandte Kunst (MAK) befindet sich eine der besten Orientteppichsammlungen, die aus derselben zeitlichen Epoche wie die Palais stammen. Die vom MAK zur Verfügung gestellten Fotos der Teppiche wurden von den Lichtplanern bearbeitet. Über Videomapping entstand eine Bildsequenz in der der Teppich ausgerollt und nach sieben Minuten wieder eingerollt wird. Für die Ausführung der Projektoren in ihren Gehäusen wurde LB-Electronics und ein externer Programmierer engagiert.
Auflagen
Die Abstimmung der Planungen mit Wiens Magistrat für Verkehrssicherheit erfolgte von Anfang an und beinhaltete folgende Auflagen:
– Das Bild darf nur im bisherigen Gehsteigbereich, nicht auf den
Bereich der zukünftigen, straßenmittigen Fahrgasse projiziert
werden.
– Es sind nur langsam bewegte Bilder zulässig. Die optische Aufroll-
geschwindigkeit ist an die Gehgeschwindigkeit der Fußgänger anzupassen und darf max. 1,0 m/s betragen.
– Es sollen keine Motive/Texte verwendet werden, welche die Fuß-
gänger zu längerem Verweilen veranlassen und stehen bleiben oder den Verkehr behindern.
– Die Reflexionsleuchtdichte entspricht einer Richtlinie für „Visuelle
Informationsträger für verkehrsfremde Zwecke“, Bewertungszone A.
– Da alle Palais denkmalgeschützt sind, mussten auch beim Bundesdenkmalamt die Pläne samt Montagedetails eingereicht werden.
Die Verzerrung war eine Herausforderung. Erst wurden Testbilder projiziert und vermessen, danach der Videofilm rechnerisch entzerrt. Vor Ort konnten dann Schärfe und Entzerrung final eingestellt werden.
Baudaten
Architekt: kirsch ZT GmbH, Wien/AT; www.clemenskirsch.at Lichtplaner: podpod design, Wien/AT; www.podpoddesign.at Beleuchtungsstärken Herrengasse plus: 25 – 45 lx
Reflexionsleuchtdichten „Teppichprojektionen“: 2 cd/m² – 9 cd/m²
Farbtemperatur: 4 000 K
Hersteller
4K-Projektor BenQ, 3 000 lm: LB-Electronics