Wir sind keine Chamäleons
Im Gespräch mit Marc Matzken und Heiko Kampherbeek, heimspiel architekten, Münster
Die beiden haben nach dem Studium für Bolles + Wilson und agn Niederberghaus & Partner GmbH gearbeitet. Seit 2014 firmieren sie unter „heimspiel architekten“ in Münster. Vor wenigen Wochen bekam eines ihrer Projekte in der westfälischen Provinz, das „Haus T“, eine ganze Seite in der FAZ. Für uns ein Grund, doch mal bei Marc Matzken und Heiko Kampherbeek in Münster vorbei zu schauen und „heimspiel architekten“ kennenzulernen.
Bei „Heimspiel” denke ich gleich an „Heimvorteil“. Passt das?
Heiko Kampherbeek (HK): Den Namen „heimspiel“ haben wir uns schon recht früh gegeben, eigentlich schon zu Studienzeiten.
Marc Matzken (MM): Klar, man verbindet mit „heimspiel“ einen Vorteil und anfangs haben wir hauptsächlich Einfamilienhäuser geplant.
Und das Spielerische? Ist das immer noch dabei?
MM: Ja, unser spielerischer Ansatz ist allein schon nötig, um individuell auf den Bauherren eingehen zu können – so wie beim „Haus T“.
HK: Und wie beim Fußballspiel ist es auch beim Planen wichtig, dass der Ball immer im Spiel bleibt! Und klar: Immer auf die Spielzeit achten!
Der Ball ist rund, ein Spiel dauert 90 min. etc.: Gelten diese Gesetze auch für euer Spiel, eure Arbeit?
MM: Na ja, es gibt diese Unwägbarkeiten in der Realisierung ... Manchmal dauert es einfach länger.
HK: Und unsere Bauherren haben – bis jetzt – unseren spielerischen Ansatz verstanden! Damit konnte jedes Haus die Individualität haben, die ein guter Spieler auch hat und die ihn wertvoll macht.
Jetzt mal Schluss mit Fußball, zurück zum „Heim“: Seid ihr in
Münster die Youngster, die Newcomer, der Geheimtipp?!
MM: In jedem Fall fühlen wir uns noch ein bisschen als Underdogs. Es gibt wie in jeder größeren Stadt die Platzhirsche – gefühlt ist die Dichte hier in Münster besonders hoch.
HK: In einem dieser Büros wurden auch wir für das geprägt, was wir heute sind. Aber ja: Newcomer passt vielleicht am Besten. Ich glaube wir fangen aktuell an, mit unseren Projekten zu wachsen. Ich habe das Gefühl, dass alles gerade an Intensität und an Qualität gewinnt.
MM: Und noch mal zu den Bauherren: Wir haben das Glück, Bauherren zu haben, die uns die Treue halten. Mit einem entwickeln wir gerade ein tolles Projekt auf sehr hohem Niveau. Du kannst dir das direkt neben dem Libeskind in Osnabrück ansehen, der Rohbau ist schon recht weit.
Also eine weitere Visitenkarte zum „Haus T“, über das wir gleich sprechen wollen. Wie arbeitet ihr, Stichwort „Arbeitsteilung“?
HK: Es gibt entscheidende Phasen, in denen wir uns mehr austauschen. Dennoch hat jeder seine eigenen Projekte, die er vom Entwurf bis zur Fertigstellung betreut.
MM: Am Anfang entwickeln wir zusammen, spielen den Ball hin und her. Gerade in den ersten Leistungsphasen arbeiten wir gemeinsam, weil hier der intensive Austausch für die Projektqualität wichtig ist. Wenn es in die Ausführung geht, teilen wir die Projekte auf.
Aus Architektensicht seid ihr beiden noch sehr jung. Was unterscheidet euch grundsätzlich von der Generation vor euch?
MM: So viel unterscheidet uns da eigentlich gar nicht. Auch wir versuchen einen intensiven Dialog mit dem Bauherren und allen Projekt-beteiligten zu führen. Und wir schaffen es wohl bisher immer, ein hohes Verantwortungsgefühl bei allen Beteiligten herzustellen. Dadurch gelingt es, das jeder gerne und motiviert mitmacht.
HK: Dabei achten wir aber darauf, eine Linie festzuschreiben. Wir sind keine Chamäleons!
„Linie festschreiben“, das klingt nach Handschrift. Gibt es die schon? Und: Ist die gewollt?
MM: Handschrift ist vielleicht zu viel, ich würde sagen Fortschreibung. Wir lernen bei jedem Projekt neu und nehmen Gelerntes mit in zukünftige Projekte. Handschrift, Stil ... Ich denke, unsere Arbeiten reihen sich – bisher! – ganz gut aneinander.
Es ist nicht selbstverständlich, in der FAZ eine ganze Seite zu bekommen. Wie habt ihr das mit eurem „Haus T“ geschafft?
MM: Unser Bauherr hat uns das ans Herz gelegt uns dort mal zu bewerben. Die Leute von der FAZ haben es dann gut verstanden, die Geschichte, die hinter dem Projekt steht, ins Layout, in die Fotos, in den Text zu bringen.
Wie war das Feedback auf den Artikel?
HK: Positiv! Es haben sich eine ganze Menge Interessierte, Kollegen und auch Bauherren gemeldet.
Diese Reaktionen hättet ihr nicht bekommen, wäre der Artikel nicht digital gestreut worden. Seid ihr bei Facebook und Co. aktiv?
MM: Wir sind da eher alte Schule. Das mag nachlässig sein, vielleicht auch ein bisschen naiv, wahrscheinlich haben wir einfach keine Zeit, hier professionell unterwegs zu sein. Später mal?
HK: Wir denken schon darüber nach, aber uns ist die Webseite wichtiger. Und die könnte auch mehr Zuwendung erfahren!
BIM macht ihr auch nicht?
MM: Das muss zusammen mit den Projekten entwickelt werden. Ab einer gewissen Büro- und natürlich Projektgröße ist BIM sinnvoll. Aber ob das wirklich die Zukunft in der Architektur ist? Da liegen uns andere Themen deutlich näher.
HK: BIM wird kommen, ganz sicher. Eigentlich sollten wir sogar die Zeit nutzen, über ausreichende Erfahrung jetzt den späteren Sprung ins kalte Wasser nicht ganz so ungemütlich werden zu lassen. Aber wie Marc schon sagte: Wir werden das von unserer Entwicklung abhängig machen.
Noch mal zum „Haus T“: Was war die größte Herausforderung? Neben dem Bauherren?
MM: Der B-Plan: Hier mussten wir ganz schön arbeiten, um unseren Vorschlag mit der Fassadenschale aus Lärche durch zu bekommen. Am Ende haben wir erfolgreich mit der Nachhaltigkeit des Materials argumentiert.
Was nehmt ihr aus diesem Projekt mit?
MM: Vor allem wohl, dass sich auch scheinbar kleine Arbeiten im Nachhinein als ziemlich wichtig für alles Weitere darstellen. Das positive Feedback von allen Seiten ermutigt uns, in dieser sehr intensiven Projektarbeit weiterzumachen, weil es sich einfach lohnt!
Wollt ihr größer werden, müsstet ihr wachsen? Wie geht es weiter?
HK: Über Bürogröße zu sprechen ist schwierig. Wir wollen aber mehr Wettbewerbe machen können, auch größere Projekte. Aber das Wettbewerbsverfahren ist in Deutschland kompliziert und wer mehr möchte, braucht eine größere Projektebandbreite als nur Einfamilienhäuser.
MM: Ich glaube, dass eine Büroentwicklung nie planbar ist. Dafür gibt es einfach zu viele Faktoren, die die Größe, nach der du gefragt hast, bestimmen. Wir sind offen für das Meiste.
Noch mal „Heimspiel“: Bleibt ihr in Münster?
MM: Wir sehen uns schon in Münster. Aber unser Heimspiel wird auch zum Auswärtsspiel, in Deutschland oder im Ausland wie ganz aktuell wieder in Spanien.
HK: Vielleicht ist die Welt das Heim?!
Mit den Architekten Marc Matzken (links im Bild) und Heiko Kampherbeek unterhielt sich DBZ-Redakteur Benedikt Kraft am 11.11.2016 in deren Münsteraner Büro.