Kant-Garagen in Berlin. Ein Abriss

Die Kantstraße im Berliner Stadtteil Charlottenburg im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf ist eine vielbefahrene, in beide Fahrtrichtungen dreispurig ausgebaute Verkehrsachse, deren grüner Mittelstreifen einmal der städtischen S-Bahntrasse diente. Hier findet man eine der ersten und heute wohl auch eine der letzten deutschen Hochgaragen, die Kant-Garagen (realisiert 1929-30).

Als konzeptionell moderne Stahlbetonkonstruktion realisiert, ausgedacht von den Architekten Hermann Zweigenthai, Bruno Lohmüller, Oskar Korschelt, Jakob Renker und Richard Paulick, werden sie bis heute und ohne längere Unterbrechungen als das genutzt, als was sie gebaut wurde: als Zufluchtsort für Autos und deren Fahrer. Heute wird unten immer noch getankt, dahinter und darüber finden sich rund 200 abschließbare Boxen (die meisten im Originalzustand).

Mit dem Abstieg des Sozialstatussymbols Nr. 1 ging auch der Abstieg der Garagen in der Wertschätzung von Eigentümer und Nachbarschaft einher. Die Kant-Garagen an der Kantstraße modern seit Jahrzehnten vor sich hin. Weil aber die Straße eine ziemlich sehr gute Geschäftslage in Berlin ist, war es nicht verwunderlich, dass der Eigentümer, die Pepper Immobilien, einen Antrag auf Abriss und Neubau gestellt hat. Für ein Gebäude, das seit 1991 unter Denkmalschutz steht.

Dem Antrag wurde nach heftigen Protesten von Architekten- und Ingenieurseite aber auch von seiten der Politik und des Denkmalschutzes nicht stattgegeben, die zuständige Bezirksverwaltung wies ihn zurück. Jetzt hat der Eigentümer noch die Möglichkeit, dieser Zurückweisung beim Landesdenkmalamt zu widersprechen.

Doch was machen mit einem Denkmal, das bis heute dem gleichen Zweck dient, der aber längst nicht mehr unserem Lebensalltag entsprechen möchte? „Car Kosmetik“ wie auf Deck 5? Oder die obligaten wie difusen Kulturimplantate, die immer gut sind für eine Weiternutzung von Industriebauten? Oder sollte man die Garagen nicht einfach verfallen lassen und mit diesem Verfall eine Art Abschied zelebrieren, der auf der Kantstraße im Smog und Stillstand der Engpässe überall gegenwärtig ist? Zu teuer. Also erhalten. Zur Zeit wird ein weiteres Gutachten über den baulichen Wert erstellt wie sicherlich auch über die bauhistorische Bedeutung der Garagen. Ebenfalls gibt es erste Vorschläge für eine alternative Nutzung. Die Abweisung des Abrisses jedenfalls ist keine Lösung, die Kantstraße wartet. Be. K.

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