„Konstruieren ist designen“
Jörgen Dreher zum Thema „Architektur und Design“
Jeder Architekt muss einen Stuhl entwerfen. Das war schon immer so. Heißt das, dass ein Architekt automatisch immer auch ein Designer ist? Ist es heute überhaupt noch möglich, diese Unterscheidung zu treffen? Jörgen Dreher fusioniert Architektur und Design in seiner Masterarbeit einfach zu einem großen Ganzen: Er entwirft ein Designzentrum; und zwar inmitten der Altstadt Barcelonas.
Sie haben ein Konzept für ein Designmuseum in Barcelona entwickelt. Erläutern Sie bitte kurz Ihren Entwurf.
La Plataforma de diseño ist ein Zentrum für Design. Um eine Ausstellungswelt gruppieren sich Büros, Ateliers, Läden und Gastronomie. Eine Designschule, Auditorien und eine Bibliothek ergänzen das Raumprogramm. Grüne und urbane, schattige und sonnige Plätze lockern das Raumgebilde auf. Die Architektur soll Design und Stadt verknüpfen. Der öffentliche Stadtraum bewegt sich in das Gebäude, verwebt sich und mündet in einer öffentlichen Dachlandschaft. Hier hat man ein Gefühl von Weite, mitten in der dicht bebautesten Altstadt Europas. Es entsteht ein Hybrid aus Design und Architektur, Stadt und Ausstellung. Die Ausstellung bezieht sich auf das in den 1920er Jahren entwickelte Raumprinzip der Moderne: die Vorstellung vom fließenden Raum. Der Besucherweg verläuft kontinuierlich, schließt aber Rückkoppelungen und Querverbindungen nicht aus.
Wie ist die Geometrie des Gebäudes entstanden und inwieweit geht sie auf die städtebaulichen Gegebenheiten ein?
Der Ort bekommt einen Kontrast, der sich stark auf die Stadt bezieht. Die Grundgeometrie des Gebäudes leitet sich aus vielen entwurfbestimmenden Indikatoren ab. Das Quartier spannt sich zwischen die bestehenden Bauten, der Häuserblock wird komplettiert. Während das Gebäude einen Dialog mit dem Markt eingeht, hält es einen gebührenden Abstand zum Antiguo Hospital. Die zwei wichtigen Verkehrsachsen bilden das Gebäude und leiten die Menschen. Durch Vor- und Rücksprünge des Volumens entstehen Platzfolgen mit unterschiedlichen Charakteren. Der Besucher wird an den Zugangspunkten mit umarmenden Gesten empfangen. Bewegung und Wachstum, Gehen und Verweilen, Kommunikation, Konzentration und Komplexität sind Motive der Stadt und werden in dem Quartier aufgegriffen, in einen architektonischen Ausdruck gebracht. Ein Netz von Wegen, mit Plätzen als Ziel- und Ausgangspunkt, sorgt für eine komplexe städtische Struktur. Ein von Rampen durchzogener Patio wird zu einem urbanen Treffpunkt, der durch ständiges Mischen von innen und außen zum Foyer des Quartiers wird.
Ihr Entwurf ist geprägt von organischen Formen. Funktionieren diese auch im Innenraum oder entstehen Widersprüche zwischen Hülle und Ausstellungsräumen?
Priorität beim Entwerfen hat die Funktion. Schon Frank L. Wright war der Auffassung, dass Architektur der Ausstellung nicht zu dienen, sondern herauszufordern habe. Im Gegensatz dazu stehen die neutralen Räume, mit absoluter Konzentration auf die Objekte. Doch diese Hülle isoliert die Objekte, reißt sie aus jedem Kontext. Man sollte sich von den Vorurteilen expressiver und minimalistischer Architekturhüllen lösen. Die Frage lautet nicht, welches die zeitgemäße Form für eine Ausstellung, sondern welches die der Aufgabenstellung angemessene Haltung ist.
Die Ausstellung ist ein fließender Raum mit einer Vielfalt an Perspektiven und Sichtachsen. Ein Ort, den man aufsucht, um zu flanieren, sich zu unterhalten, um Spaß zu haben. Der Bau ist ein Spiegel der Ausstellung und Umgebung. Die organischen Formen und Pattern beziehen sich auf die stadträumliche Situation und den kulturellen Hintergrund Barcelonas. Das Mischen von Außen- und Innenraum zeigt, dass die Architektur mehr ist als eine elementare Hülle. Sie thematisiert sich selbst und wird somit zum Objekt der Betrachtung.