Liebe Leserinnen und Leser,

unsere Juli/August-Ausgabe trägt den Titel „Regionales Bauen“. Im Vergleich zu typologischen, baustoff- oder bauteilbezogenen Themen haben wir damit einen Schwerpunkt gewählt, der Interpretationsspielraum lässt und zu einer lebendigen Diskussion mit unseren Heftpaten, Matthias Reese und Stefan Woehrlin von rw+ Architekten aus Berlin, anregte. Mit dem Projekt Barnim Panorama in Wandlitz realisierten sie selbst ein Projekt, das deutlich regionalen Bezug nimmt – auf seine Umgebung, auf his-torische Konstruktionsweisen, auf ortstypische Bauformen und vorgefundene Materialien – ohne dabei historisierend zu sein oder gar ein reaktionäres Statement zu setzen.

Solche Bauaufgaben nehmen zu. Auf der städtebaulich architektonischen Seite haben die starke Zersiedelung von Orten, die Beliebigkeit architektonischer Solitäre und ein übersteigerter Funktionalismus dazu geführt, dass inzwischen wieder häufiger Entwürfe gefragt sind, die eine Verbundenheit mit dem Ort herstellen, ihm sein Gesicht zurückgeben und eine neue Identität stiften. Und das auch jenseits der klassischen Tourismusgebiete. Darüber hinaus wagen unsere Heftpaten das Statement, diese Tendenz sei aus soziokultureller Sicht auch als Reaktion auf unsere pluralistische Gesellschaftsstruktur zu verstehen. Das dabei entstehende Spannungsfeld bewege sich daher oft zwischen den historisierenden Vorstellungen der Auftraggeber und dem Anspruch der Architekten, eben nicht nur das vordergründige Bild zu bedienen, sondern tatsächlich das Bedürfnis nach einer neuen lokalen Verbundenheit zu befriedigen und eine für den Ort einzigartige und dennoch zeitgemäße Architektur zu schaffen.

Architektur soll immer auch eine Verbindung zum Ort herstellen und eine identitätsstiftende Wirkung haben

Ein Ziel wäre es zum Beispiel, verlassene Dorfkerne zu revitalisieren und Menschen wieder zum Zuzug in die Gemeinden zu animieren. Wie das über Architektur gelingen kann? Am Anfang steht immer die intensive Spurensuche, gefolgt von der Auseinandersetzung mit dem Vorgefundenen und seiner Interpretation in städtebaulicher, formaler und/oder konstruktiver Hinsicht. Und natürlich mit den Menschen vor Ort. Sie einzubinden und an der Entstehung einer identitätsstiftenden Architektur partizipieren zu lassen, zahlt sich aus. Diese Erfahrung machen rw+ Architekten derzeit mit dem Projekt Mühlenhof-Ensemble in Schönwalde, dessen Fertigstellung für 2021 geplant ist. Das Bauvorhaben wirkte wie eine Keimzelle und hat in kurzer Zeit zu einer neuen Beschäftigung und Inbesitznahme der Menschen mit dem Ort geführt.

Wie eine solche Auseinandersetzung auch an anderen Orten mit unterschiedlichen Herangehensweisen und Maßnahmen gelingen kann, zeigen die ausgewählten Beispiele in diesem Heft.

Viel Freude beim Entdecken wünscht

Katja Reich

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