Mangelhaft und schadhaftDichtungsschicht eines Brückenbelags auf Beton
Bei der Untersicht einer Brücke wurde ein Feuchteschaden festgestellt. Dieser konnte auf Beschädigungen in der Dichtungsschicht im Zusammenspiel mit dem technischen Mangel einer nicht ausreichend am Untergrund verklebten Dichtungsschicht zurückgeführt werden. Die Dichtungsschicht war dadurch unterläufig. Das bei den Beschädigungen unter die Dichtungsschicht einge-tretene Wasser konnte sich dem Gefälle der Brücke folgend über eine weite Strecke verteilen, bis es bei der Brückenuntersicht sichtbar austrat.
Sachverhalt
Bei einer neu errichteten Straßenbrücke wurden kurz nach der Inbetriebnahme im Bereich der Untersicht Ablaufspuren von Wasser festgestellt. Über die Herkunft des Wassers und die Verantwortung für die Undichtigkeit bestand zwischen den Baubeteiligten Uneinigkeit. Im Rahmen einer Begutachtung sollte daher geklärt werden, woher das festgestellte Wasser stammt, inwieweit Baumängel vorliegen und wie die Verantwortlichkeit aus technischer Sicht zu bewerten ist.
Feststellungen
Die Brücke war in Verbundbauweise errichtet. Die Hauptträger bestanden aus Stahl. Auf den Obergurten der Stahlträger lagen Halbfertigteilplatten, auf die zur Herstellung der Fahrbahnplatte Ortbeton aufgebracht worden war. Beim Brückenbelag waren eine Fahrbahn für Kraftfahrzeuge, Gleise für eine Straßenbahn sowie Gehwege im Bereich der Kappen vorhanden. Die gesamte Konstruktion wies die Form eines sehr flachen Bogens auf, so dass ausgehend von der Brückenmitte jeweils ein Längsgefälle zu den Auflagern vorhanden war.
Bei der Untersicht der Betonfahrbahnplatte waren nahe einem Auflager bereichsweise dunkle Verfärbungen und Kalkablagerungen vorhanden. Das Schadensbild zeigte sich im Wesentlichen im Bereich eines Stoßes zwischen zwei Halbfertigteilen. Mittels eines
kapazitiven Messverfahrens wurde der Feuchtegehalt des Betons zerstörungsfrei an mehreren Stellen der Unterseite der Fahrbahnplatte qualitativ bestimmt. Dabei ergaben sich in den sichtbar geschädigten Bereichen signifikant höhere Messwerte als in benachbarten ungeschädigten Bereichen. Die Ergebnisse der Feuchtemessungen bestätigten insoweit die visuell getroffenen Feststellungen.
Zur Feststellung der Schadensursache wurde der Brückenbelag an mehreren Stellen zerstörend untersucht. Dabei wurde jeweils die Deck- und Schutzschicht entfernt und es wurde die Dichtungsschicht freigelegt und überprüft. Die Untersuchungen erfolgten ausgehend von dem Bereich, bei dem sich an der Untersicht die Schadensbilder zeigten. Auf der Brücke befanden sich dort im Wesentlichen die Straßenbahngleise.
Der Beton der Fahrbahnplatte wies bei den Gleisen eine geringere Dicke als in dem angrenzenden Bereich auf. Dadurch ergab sich bei der Oberseite der Fahrbahnplatte ein Höhensprung, bei dem ein Betonkeil vorhanden war. Die Dichtungsebene folgte dem Höhensprung. Bild 1 skizziert den Bauteilquerschnitt in diesem Bereich.
Die Dichtungsschicht war aus einer Bitumen-Schweißbahn gemäß ZTV-ING, Teil 7, Abschnitt 1 [1] hergestellt worden. Dazu war auf die Betonoberfläche zunächst eine Epoxidharzbeschichtung als Versiegelung aufgebracht worden. Die Dichtungsschicht bestand aus einer Lage Polymerbitumen-Schweißbahnen mit hochliegender Trägereinlage. Oberhalb der Dichtungsschicht waren eine Bitumendachbahn V13 als Schutzlage sowie der Unterbeton der Gleisanlage angeordnet.
In dem Bereich oberhalb der Schadensstelle an der Brückenuntersicht war bereits im Vorfeld der Ortsbesichtigung eine Bauteilöffnung bis zur Fahrbahnplatte vorgenommen worden. In Querrichtung der Brücke verlief dort im Ortbeton eine Arbeitsfuge (Bild 2). Zwischen dem Betonkeil bei dem Höhensprung und dem angrenzenden Beton der Fahrbahnplatte war ein Riss bzw. eine Schwindfuge sichtbar. Aus dieser Fuge trat in geringem Umfang Wasser aus.
Die weiteren Prüfstellen konzentrierten sich auf den weiter oberhalb – also in Richtung des Brückenscheitels – liegenden Bereich der Straßenbahngleise. Die Konstruktion wurde dort jeweils kleinflächig bis zur Dichtungsschicht geöffnet (Bild 3) und es wurde die Dichtungsschicht überprüft. Dabei ergab sich, dass die Bitumenbahn im Bereich des Betonkeils eine geringe Adhäsion zur Versiegelung aufwies. Die Bahn konnte dort an mehreren Prüfstellen nahezu rückstandsfrei von der Versiegelung gelöst werden (Bilder 4 und 5). Im Flächenbereich wies die Dichtungsschicht hingegen eine gute Adhäsion zum Untergrund auf. Sie konnte dort nicht vom Untergrund gelöst werden; die Trennung erfolgte überwiegend als Kohäsionsversagen innerhalb der Schweißbahn.
Bei mehreren Prüfstellen war die Dichtungsschicht aus den Polymerbitumen-Schweißbahnen im Bereich des Betonkeils bzw. Höhensprungs hohl liegend. Dort befand sich Wasser unterhalb der Dichtungsschicht (Bild 6). Die Dichtungsschicht war dort jeweils unterläufig; das Wasser konnte sich also unterhalb der Dichtungsschicht weiterverteilen.
Bei den stichpunktartig untersuchten Stellen wurden mehrere Beschädigungen in der Dichtungsschicht festgestellt. Im Bereich einer Öffnungsstelle war ein Kabelleerrohr mittels einer Schelle und zwei Schrauben befestigt (Bild 7). Die beiden Schrauben hatten die Dichtungsschicht durchdrungen. Bei einer weiteren Stelle befand sich der Dübel für eine Rohrschelle dicht oberhalb der Dichtungsschicht (Bild 8). Die Dichtungsschicht wies dort eine Beschädigung auf. Es war jedoch nicht zweifelsfrei erkennbar, inwieweit die Bohrung die Dichtungsschicht durchdrungen hatte (Bild 9). Daher wurde die Schweißbahn im Labor untersucht, wobei die Trägereinlage freigelegt wurde. Es war ersichtlich, dass sowohl die Schweißbahn, als auch die Trägereinlage durch die Bohrung beschädigt waren (Bild 10).
Bewertung
Das bei der Brückenuntersicht vorgefundene Schadensbild wurde durch Wasser hervorgerufen, welches durch die Beschädigungen in der Dichtungsschicht in den Bereich unterhalb der Bitumen-Schweißbahn gelangen konnte. Im Bereich des Betonkeils bzw. Höhensprungs konnte das unter die Dichtungsschicht eingetretene Wasser dann dem Gefälle folgend bis zur quer verlaufenden Arbeitsfuge gelangen und dort an der Brückenunterseite austreten. Für das Schadensbild ist somit ein Zusammenspiel von Schaden und technischem Mangel ursächlich.
Hinsichtlich der Beschädigungen in der Dichtungsschicht wurde ein Vergleich der
vorhandenen Höhe des Unterbetons der Gleisanlage mit dessen planmäßiger Höhe vorgenommen. Dabei ergab sich, dass die Ausführung plangerecht erfolgt war. Beschädigungen der Dichtungsschicht infolge zu tiefer Bohrungen liegen demnach im Verantwortungsbereich desjenigen, der eine entsprechende Bohrung angelegt hat (vgl. Bild 8). Die Befestigung eines Kabelleerrohrs praktisch unmittelbar auf der Dichtungsschicht (vgl. Bild 7) bedarf keiner weiteren Auswertung; die Dichtungsschicht wurde dort sichtbar perforiert. Durch die festgestellten Beschädigungen konnte Wasser überhaupt in den Bereich unterhalb der Dichtungsschicht gelangen.
Hinsichtlich der Verarbeitung der Dichtungsschicht aus Bitumen-Schweißbahnen sind mögliche Prüfungen in der ZTV-ING [1] beschrieben. Demnach ist die Qualität der Verklebung auf der Unterlage durch Abziehen eines Streifens von Hand oder Abreißen eines aufgeklebten Stempels mit einem Prüfgerät zu prüfen. Dabei wird zwischen den folgenden Fällen unterschieden:
1) Trennung innerhalb der Bitumen-Schweißbahn,
2) Trennung zwischen Klebemasse der Bitumen-Schweißbahn und behandelter Be-
tonoberfläche mit verbleibenden Klebemasseresten auf der Unterlage,
3) Trennung zwischen Klebemasse der Bitumen-Schweißbahn und behandelter Beton-
oberfläche ohne Klebemassereste auf der Unterlage,
4) Trennung in oder unterhalb der behandelten Betonoberfläche.
Bei den vorgenommenen Prüfungen im Flächenbereich war eine Ablösung der Bahn vom Untergrund praktisch nicht möglich und die Trennung erfolgte überwiegend innerhalb der Bitumen-Schweißbahn. Dies entspricht hier dem Fall 1, bei dem – wie auch im Fall 2 – eine flächige und ausreichende Verklebung gegeben ist. Die im Flächenbereich gute Verklebung erklärt sich damit, dass die Dichtungsschicht dort mittels eines Schweißautomaten aufgebracht worden war.
Im Bereich des Höhensprungs bzw. des Betonkeils war der Einsatz eines Schweißautomaten nicht möglich, weswegen die Fertigung dort von Hand erfolgt war. Die bei der Begutachtung dort mehrfach festgestellte nahezu rückstandsfreie Ablösung der Bitumen-Schweißbahn vom Untergrund entspricht dem oben genannten Fall 3. Die Verklebung der Bahn ist dann – wie auch im Fall 4 – nicht ausreichend. Entsprechend der ZTV-ING [1] sind in diesen Fällen die fehlerhaften Bereiche einzugrenzen und zu erneuern. Die nicht ausreichende Verklebung der Dichtungsschicht am Untergrund stellt somit
einen technischen Mangel dar. Die Bitumen-Schweißbahnen waren aufgrund der mangelhaften Verklebung unterläufig, so dass das bei den Beschädigungen eingetretene Wasser sich unterhalb der Dichtungsschicht bis zur Arbeitsfuge in der Fahrbahnplatte verteilen konnte. Bei der Arbeitsfuge erfolgte dann der Durchtritt durch die Konstruktion mit der Folge des an der Brückenuntersicht sichtbaren Schadensbildes.
Der Betonkeil im Bereich des Höhensprungs war nachträglich hergestellt worden, so dass sich der festgestellte Riss bzw. die Schwindfuge bilden konnte. Im Bereich dieses Risses bzw. der Schwindfuge wurde ebenfalls ein Wassertransport festgestellt. Dennoch ist der Riss nicht als hier bedeutsamer technischer Mangel zu bewerten. Einerseits ist die monolithische Herstellung des Keils im Zuge des Betonierens der Fahrbahnplatte handwerklich kaum umsetzbar. Andererseits ist ein Wassertransport in der Fuge nur möglich, wenn Wasser durch Beschädigungen unter die Dichtungsschicht
gelangt und wenn zusätzlich die Dichtungsschicht in dem Bereich unterläufig ist oder – was Zufall wäre – sich die Beschädigung genau bei dem Riss bzw. der Schwindfuge befindet.
Die Beschädigungen in der Dichtungsschicht und die mangelhafte Verklebung der Dichtungsschicht am Untergrund haben das Schadensbild im Zusammenspiel verursacht. Im Fall einer unzureichend am Untergrund haftenden, aber unbeschädigten Bitumenbahn wäre kein Wasser in die Konstruktion eingedrungen. Der Mangel der nicht ausreichenden Haftung allein hätte in diesem Fall nicht zu dem festgestellten Schadensbild geführt. Umgekehrt hätte sich das im Bereich von Perforationen in der Dichtungsschicht eingedrungene Wasser nicht weiterverteilen können, sofern die Bitumenbahn eine ausreichende Verklebung zum Untergrund aufgewiesen hätte. Die Beschädigungen allein hätten in diesem Fall ebenfalls nicht zu dem festgestellten Schadensbild geführt. Dieses ergab sich erst durch das gleichzeitige Vorhandensein der Beschädigungen und des technischen Mangels. Hinsichtlich der technischen Verantwortlichkeit ist es daher an-
gemessen, dem Verursacher der Beschädigungen und dem Ausführenden der Abdichtungsarbeiten jeweils einen Verursachungsanteil von 50% zuzuweisen.
Instandsetzung
Sofern Wasser unter die Dichtungsschicht in den Bereich des Konstruktionsbetons der Fahrbahnplatte eintritt, gelangen prinzipiell auch im Wasser gelöste Chloride (z.B. Tausalze) dorthin. Dies kann zu erheblichen Korrosionsschäden an der Bewehrung führen. Insofern ist es unerlässlich, die vorhandenen Undichtigkeiten instand zu setzen und einen Wassereintritt in die Konstruktion sicher zu vermeiden.
Darüber hinaus muss ein mögliches Unterlaufen der Dichtungsschicht durch eingetretenes Wasser vermieden werden. Das bedeutet, dass die Dichtungsschicht auch im Bereich der Betonkeile bzw. Höhensprünge ausreichend am Untergrund verklebt werden muss.
Letztlich ist somit eine Erneuerung der Dichtungsschicht in einem linienförmigen Bereich längs des Höhensprungs bzw. Betonkeils erforderlich. Um weitere – durch die Untersuchungen möglicherweise nicht erfasste – Schadensstellen in der Dichtungsschicht ausschließen zu können, ist darüber hinaus eine regelmäßige visuelle Prüfung der Brückenuntersicht auf vorhandene Feuchteschäden zweckmäßig.
[1] Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieurbauten ZTV-ING – Teil 7: Brückenbeläge – Abschnitt 1: Brückenbe- läge aus Beton mit einer Dichtungsschicht aus einer Bitumen-Schweißbahn, Ausgabe 2003
[2] Technische Lieferbedingungen für die Dichtungs schicht aus einer Bitumen-Schweißbahn zur Herstellung von Brückenbelägen auf Beton nach den ZTV-BEL-B Teil 1 (TL-BEL-B Teil 1), Ausgabe 1999
Quintessenz
Beschädigungen in der Dichtungsschicht und der technische Mangel einer partiell unzureichenden Verklebung der Dichtungsschicht am Untergrund haben im Zusammenspiel zu einem Bauschaden geführt. Die Beschädigungen allein wären voraussichtlich unentdeckt geblieben, wenn die Dichtungsschicht durchgängig fachgerecht am Untergrund verklebt worden wäre. Umgekehrt wäre der technische Mangel einer partiell unzureichenden Verklebung der Dichtungsschicht voraussichtlich unentdeckt geblieben, wenn die Dichtungsschicht nicht durch Bohrungen beschädigt worden wäre.
Schon gewusst?
Dichtungsschichten in Brückenbelägen werden stark beansprucht. Insbesondere die Verkehrslasten sind nicht mit der Beanspruchung z. B. einer Bauwerksabdichtung gegen nicht drückendes Wasser vergleichbar. Konsequenterweise sind daher auch die Abdichtungen von Fahrbahnen öffentlicher Straßen oder Schienenwege aus dem Anwendungsbereich der Normenreihe DIN 18195 ausgenommen. Stattdessen erfolgt die Regelung z. B. in den ZTV-ING [1]. Die verwendeten Bitumen-Schweißbahnen müssen den TL-BEL-B Teil 1 [2] entsprechen. Die Bundesanstalt für Straßenwesen führt eine Liste, in der die geprüften Stoffe und Stoffsysteme nach TL-BEL-B Teil 1 zusammengestellt sind.