Kleine Instandsetzung oder große Sanierung?

Schadensfall: Undichtigkeit einer Innenraumabdichtung

Zusammenfassung

Eine Innenraumabdichtung in einem Betrieb der Lebensmittelindustrie weist Undichtigkeiten auf. Insbesondere hinsichtlich der Abdichtungsanschlüsse an Trennwänden wurden Mängel festgestellt.

Im Rahmen der Instandsetzung ist gemein­sam mit den Beteiligten eine Abwägung der Erfolgsaussichten, Risiken, Kosten und Einschränkungen des Betriebsablaufes vorzunehmen.

Dann muss die Entscheidung getroffen werden, entweder eine dauerhafte und nachhaltige Sanierung mit vergleichsweise ­großem Aufwand oder alternativ eine Instandsetzung bzw. Optimierungsmaßnahme mit vergleichsweise geringem Aufwand und kalkuliertem Restrisiko durchzuführen.

 

Sachverhalt

In einem unterkellerten Gebäude befinden sich Sozialräume, Lagerräume und Produk­tionsbereiche eines Betriebes der Lebensmittelindustrie. Die Produktion erfolgt überwiegend im Erdgeschoss. In großen Bereichen des Untergeschosses stellten die Betreiber Feuchteschäden an der Decke fest, die offensichtlich von Undichtigkeiten der Abdichtung der Produktionsräume darüber herrühren.

Das Gebäude ist in Stahlbeton-Skelettbauweise errichtet und weist eine Grundfläche von über 6 000 m² auf. Der Produktionsbereich im Erdgeschoss ist durch diverse leichte Trennwände unterteilt. Dort werden regelmäßig Gabelstapler eingesetzt. Die Reinigung des Bodens und der Wände erfolgt nach Auskunft der Betreiber mit Hochdruckreinigern. Es werden sowohl alkalische, wie auch säurehaltige Reinigungsmittel verwendet. Erste Feuchteschäden traten bereits kurz nach der Inbetriebnahme des Gebäudes auf. Seitdem seien mehrere Instandsetzungsversuche unternommen worden, die jedoch nicht erfolgreich waren.


Feststellungen

Im Rahmen der Begutachtung wurde zunächst eine Kartierung der Schadensstellen im Untergeschoss vorgenommen. Die geschädigten Bereiche befanden sich meist an Stützen oder Deckendurchbrüchen.

Auf Bild 1 ist beispielhaft ein Schadensbild bei einer Stütze dargestellt. Bild 2 zeigt ex­emplarisch die Situation bei einem Deckendurchbruch; dort war bereits provisorisch eine Auffangwanne mit Rohranschluss zur Ableitung des durch die Decke eintretenden Wassers montiert worden. Eine Übertragung der Lage der leichten Trenn­wände im Erdgeschoss in den Grundriss des Untergeschos­ses ergab, dass sämtliche Schadensstellen im Untergeschoss sich vergleichs­weise dicht  bei der Position der Trennwände im Erdgeschoss befanden.

Die leichten Trennwände im Erdgeschoss bestehen aus Sandwich-Elementen mit einem Hartschaum-Kern und gesickten Deckschalen aus Stahlblech. Vor den Wänden befindet sich jeweils ein etwa 50 cm hoher Rammschutz aus Stahlbeton. Bild 3 zeigt den Rammschutz und eine Sandwich-Wand; der Stahlbeton des Rammschutzes wurde hier bereits im Rahmen einer zerstörenden Prüfung eingeschnitten. Der Fußboden ist im Erdgeschoss mit einer Beschichtung versehen, die seitlich bei dem Rammschutz einige Zentimeter hoch geführt ist. Die Entwässerung erfolgt über im Boden eingelassene Entwässerungsrinnen mit Abläufen. An der Oberseite des Rammschutzes ist zu den aufgehenden Sandwich-Wänden eine Hohlkehle ausgebildet, die mit einem Kunststoff-Profil oberseitig abschließt. Dort befindet sich zusätzlich eine Dichtstofffuge. Es wurden im Zuge einer systematischen Überprüfung mehrere Bereiche festgestellt, bei denen Flankenablösungen des Dichtstoffs vorhanden waren.

Zur Begutachtung der Abdichtung wurde eine zerstörende Prüfung vorgenommen. Hierzu wurde der Rammschutz auf einer Breite von ca. 0,5 m entfernt (vergleiche Bild 3). Es wurde ermittelt, dass die Sandwich-Wände unmittelbar auf die Rohdecke gestellt sind. Im Flächenbereich befindet sich auf der Rohdecke ein Gefälleestrich mit einer darauf liegenden Wärmedämmung. Oberhalb der Wärmedämmung ist eine Abdichtung mit einer Schutzschicht vorhanden. Darüber befindet sich abschließend eine Stahlbetonplatte, deren oberseitige Beschichtung den Fußboden bildet. Bild 4 zeigt eine Skizze der vorgefundenen Situation.

Bei der vorhandenen Abdichtung handelt es sich um eine Polymer-Bitumenbahn mit Polyestervlieseinlage. Die Abdichtung ist im untersuchten Bereich einlagig ausgeführt. An den Sandwich-Wänden ist sie bis in eine Höhe von 25 cm oberhalb des Fußbodens hoch geführt. Ungefähr 10 cm oberhalb des Fußbodens ist die Abdichtung fixiert. Hierzu wurde ein Flachstahl mit einer Breite von 30 mm und einer Dicke von ungefähr 3 mm verwendet. Der Flachstahl ist glatt durchgezogen, wobei die Sicken der Deckschale der Sandwich-Wand nicht hinterfüttert sind. Im Bereich der Sicken sind Spalte zwischen der auf der Deckschale verklebten Abdichtung und dem Flachstahl und vereinzelt zwischen der Deckschale und der Abdichtung vorhanden. Der Abstand der Befestigungspunkte des Flachstahls beträgt etwa 25 cm. Bild  5 (siehe S. 54) verdeutlicht die vorgefundene Situation.

 

Bewertung

Bei diesem Schadensfall gibt die Lage der Schadensbilder im Untergeschoss bereits einen deutlichen Hinweis auf einen möglichen Wassereintritt im Bereich der Sandwich-Wände des Erdgeschosses.

Der bei den Sandwich-Wänden an der Ober­kante des Rammschutzes angeordneten elastischen Verfugung kann keine abdichtende Wirkung zugeordnet werden. Elastische Verfugungen reißen – wie Erfahrungen zeigen – häufig ab bzw. sind nicht dicht. Die Feststellungen im vorliegenden Fall bestätigen dies. In diesem Zusammenhang führt z. B. das ZDB-Merkblatt [1] wörtlich aus: „Die Ausführung einer elastischen Fuge […] stellt keine Abdichtungsmaßnahme dar.“ Die Abdichtungsebene befindet sich im vorliegenden Fall somit ausschließlich in Höhe der Abdichtung aus Bitumenbahnen.

Aufgrund der beschriebenen, gewerblichen Nutzung liegt hier eine hohe Beanspruchung gemäß dem für diesen Anwendungsbereich zutreffenden Teil 5 der DIN 18195 [2] vor. Für entsprechende Abdichtungen können gemäß
 [2] zum Beispiel Bitumen- oder Polymerbitumenbahnen mit Gewebeeinlage verwendet werden, wobei für diese Bahnen eine mindestens zweilagige Verlegung gefordert wird.

Im vorliegenden Fall ist die vorgefundene Abdichtung zumindest im untersuchten Bereich nur einlagig ausgeführt. Dies entspricht insofern nicht den anerkannten Regeln der Technik [2] und stellt einen Mangel dar, der aber nicht zwangsläufig auch die Ursache für die festgestellten Schäden ist. Weist die Abdichtung keine Beschädigung oder Fehlstelle auf, ist auch eine einlagige Abdichtung aus Bitumenbahnen prinzipiell ausreichend dicht.

Grundsätzlich ist darauf zu achten, dass eine Abdichtung das zu schützende Gebäude bzw. den zu schützenden Gebäudeteil wannenartig abschließt. Dies bedeutet, dass die Abdichtung an aufgehenden Bauteilen hochzuführen und zu sichern ist.

In der DIN 18195, Teil 5 heißt es dazu wörtlich: „Die Abdichtung von waagerechten oder schwach geneigten Flächen ist an anschließenden, höher gehen­den Bauteilen im Regelfall mindestens 150 mm über die Schutzschicht, die Oberfläche des Belages oder
der Überschüttung hochzuführen und dort
zu sichern.“

Dies kann zum Beispiel mittels einer Klemmschiene erfolgen. In DIN 18195, Teil 9 [3] werden für Klemmschienen Mindestmaße und minimale Befestigungs­abstände angegeben. Diese Anforderungen werden durch den vorhandenen Flachstahl nicht erfüllt. Zudem ist der Flachstahl in einer zu geringen Höhe montiert.

Unabhängig von den aufgeführten formalen Mängeln bzw. Verstößen gegen die anerkannten Regeln der Technik wird im vorliegen­den Fall jedoch insbesondere ein weiterer Umstand als schadensursächlich angesehen: Die leichten Trennwände des Erdgeschosses sind mit gesickten Deckschalen aus Stahlblech ausgeführt. Der Flachstahl zur Fixierung der Abdichtung wurde entlang der Wand ohne Hinterfütterung der Sicken glatt durchgezogen.

Dies bedeutet, dass die Abdichtung im Bereich der tief liegenden Sicken nicht einmal durch den ungeeigneten Flachstahl an die Wand angepresst wird. Durch die deswegen im Bereich der tief liegenden Sicken vereinzelt vorhandenen Spalte zwischen Abdichtung und Wand kann insofern das bei der Reinigung der Wände anfallende Wasser unter die Abdichtung dringen und sich anschließend in der Ebene der Dämmung verteilen. Die Bilder 6 und 7 skizzieren den beschriebenen Weg des Wassers.

Dieses Schadensbeispiel verdeutlicht – und zwar unabhängig von den beschriebenen Mängeln und Abweichungen von normativen Regelungen – die große Wichtigkeit einer fachgerechten Planung und Ausführung insbesondere der Abdichtungsanschlüsse.

Die vorhandene Dichtstofffuge erfüllt grundsätzlich weder planmäßig noch tatsächlich eine Abdichtungsfunktion. Der vorhandene Anschluss der Abdichtung aus Bitumenbahnen entspricht bereits formal nicht den normativen Anforderungen und ist darüber hinaus aufgrund einer ungeeigneten Ausführung bereichsweise hinterläufig. Insofern kann hier Wasser in die Konstruktion eindringen. Die Lage der Schadensbilder im Untergeschoss steht mit dieser Bewertung in einem plausiblen Zusammenhang.

Zusammenfassend wird die Situation auf Grundlage der beschriebenen Feststellungen dahin gehend bewertet, dass für die im Untergeschoss vorhandenen Feuchteschäden die mangelhafte Ausführung des Anschlusses der Abdichtung an die aufgehenden Sandwich-Wände zumindest als anteilig ursächlich anzusehen ist.


Instandsetzung/Sanierung

Die spannendste Frage bei diesem Schadensfall ist diejenige nach der Art der Instandsetzung bzw. Sanierung: Hier gilt es, gemeinsam mit dem Eigentümer bzw. Betreiber ver­schiedene Möglichkeiten abzuwägen hinsichtlich der Sicherheit des langfristigen Erfolges, der Kosten der Maßnahme und der Beeinträchtigung der Produktion durch die Ausführung. Der Eigentümer bzw. Betreiber möchte letztlich eine dauerhaft funktionierende Lösung, die den betrieblichen Erfordernissen ent­spricht. In diesem Zusammenhang
sei angemerkt, dass nach diesseitiger Auffassung die häufig geführte Diskussion über die Zulässigkeit bzw. Zweckmäßigkeit einer Reinigung mittels Hochdruckreiniger nicht zielführend ist. Soweit der Einsatz von Hochdruckreinigern betrieblich erforderlich oder seitens des Betreibers gewünscht ist, muss die fachtechnische Planung dies berücksichtigen. Dagegen stellt es in Einzelfällen einen gangbaren Weg dar, bei der Instandsetzung von den anerkannten Regeln der Technik abzuweichen und z. B. die vorhandene Konstruktion mit vertretbarem Aufwand derart zu optimieren, dass möglichst keine weiteren Feuchteschäden mehr auftreten. Eine solche Vorgehensweise bedarf allerdings aus technischer Sicht einer umfassenden Beratung und Aufklärung des Eigentümers bzw. Betreibers über die vorgesehenen Abweichungen von den anerkannten Regeln der Technik und die möglichen Folgen! Es ist empfehlenswert, die Inhalte und Ergebnisse entsprechender Beratungen schriftlich zu fixieren und durch alle Beteiligten bestätigen zu lassen.

Im vorliegenden Fall besteht als von den anerkannten Regeln der Technik abweichende Instandsetzung bzw. Optimierungsmaßnahme z.B. die Möglichkeit, den Wassereintritt zwischen Rammschutz und Sandwich-Wand zu verhindern. Dies kann beispielsweise durch eine kaltselbstklebende Bitumenbahn erfolgen, die über den Rammschutz geführt wird und die an der Sandwich-Wand gegen Hinter­läufigkeit gesichert wird. Dazu kann der obere Abschluss der Abdichtung mit einer geeigneten Klemmschiene fixiert werden, wobei die Sicken in der Deckschale der Sandwich-Wand durch Profilfüller zu schließen sind.
Anschließend ist die Abdichtung z. B. mittels Blechen zu verwahren und vor mechanischen Beschädigungen zu schützen. In Bild 8 ist die beschriebene Optimierungsmaßnahme skizziert. Ein Dämmstoffkeil schützt die Abdichtung dort vor Beschädigungen infolge geringer Verformungsdifferenzen zwischen dem Rammschutz und der Wand.

Durch diese Optimierungsmaßnahme wird mit vertretbarem Aufwand – das heißt, mit vergleichsweise geringen Kosten und
einer vergleichsweise geringen Beeinträch-
tigung des Betriebes – voraussichtlich eine deutliche Verbesserung der Situation herbeigeführt. Eine Garantie für den Erfolg dieser Maßnahme im Sinne der Herstellung einer vollständigen Dichtigkeit kann jedoch weder der Planer, noch der Ausführende übernehmen. Über dieses Risiko muss der Eigentümer bzw. Betreiber vollständig und vorab
belehrt werden.

Aus technischer Sicht empfehlenswert ist daher – auch unter Berücksichtigung der ökonomischen und betrieblichen Aspekte – eine vollständige und den anerkannten Regeln der Technik entsprechende Sanierung. Dies begründet sich wie folgt:

– Die vorhandene Ausführung macht die
Lokalisierung vorhandener Fehlstellen praktisch unmöglich, da sich eingedrungenes Wasser im Bereich der Dämmschicht verteilen kann. Es besteht Un-
sicherheit, inwieweit gegebenenfalls weitere einzelne oder systematische
Fehlstellen vorhanden sind.

– Die vorhandene Ausführung ist grundsätzlich als ungünstig zu bewerten, da die ­Abdichtungsebene durch die auf der Rohdecke angeordneten Trennwände vielfach unterbrochen wird. Zur Herstellung eines dichten Anschlusses der Abdichtung an die Wände ist eine besondere Sorgfalt
erforderlich.

– Die vorhandene Ausführung ohne Dämmstoffkeil beim Wandanschluss (Übergang Estrich zur Wand, vgl. Bild 4) ist schadensträchtig, da die Dehnung der Abdichtung infolge einer Stauchung der Dämmschicht so schnell das zulässige bzw. aufnehmbare Maß überschreiten kann.

– Es werden unter anderem säurehaltige Reinigungsmittel verwendet, wobei unklar ist, inwieweit hierdurch gegebenenfalls bereits eine Schädigung der Bewehrung oder des Betons verursacht wurde. Entsprechend der DIN 4030 [4] können saure Wässer auch lösend auf den Zementstein und auf carbonathaltige Zuschläge wirken. Pflanzliche und tierische Fette und Öle können den Beton ebenfalls angreifen.


Als Quintessenz empfiehlt sich demnach
aus technischer Sicht als dauerhafte und nachhaltige Lösung hier eine über eine reine Instandsetzung hinausgehende vollständige Sanierung.

In diesem Zusammenhang sollten die aktuell auf der Rohdecke angeordneten Trennwände demontiert werden und es sollte eine unter den Wänden durchgehende Abdichtungsebene geschaffen werden. Hierdurch entfallen viele potentiell schadensträchtige Abdichtungsanschlüsse. Besondere Aufmerksamkeit verdient noch die Vermeidung einer Korrosion der Deckschalen der Sandwich-Wände, die sich auch nach der Sanierung bereichsweise unzugänglich hinter dem Rammschutz befinden werden.

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