Mythen werden wahrEin grünes Pyramidenprojekt für eine Millionen Menschen
Vor Tagen schoben mich Besuchermassen durch das Pergamonmuseum in Berlin, und ich sah mir die große Babylon-Schau an. Wunderte mich über das rege Publikumsinteresse, darüber, was denn Menschen allen Alters veranlasst, sich in einen nach Stillstand riechenden, durchaus monumentalen Bau zu begeben, im welchem der Altertumsgeschichte Vitrinenplätze eingeräumt sind. Ausgrabungen faszinieren die Massen spätestens seit den Indiana-Jones-Filmen und pseudowissenschaftlichen, Laiendarsteller dominierten Aufklärersendungen à la Terra X. Dass es mich länger vor zwei Vitrinen mit den Modellen der „Zikkurat” hielt, lag einmal am Bedürfnis, einmal innezuhalten. Dann kamen mir angesichts der Babylonturmmodelle auch gleich Geschichten, Déjà-vus in den Kopf, beispielsweise das fiktive Minas Tirith – ein hochbefestigtes Mont St. Michel – mit Menschengewimmel und seinen sich in schwindelnde Höhe schraubenden Straßen.
Zurück in Gütersloh die Nachricht von einem Projekt weit jenseits aller Mythen und Tolkien-Welten: In Dubai plant ein dort ansässiges Architekturbüro eine „Sustainablecity of the future“, die zweite nach dem Foster-Zero-Carbon-Projekt in Abu Dhabi aus dem letzten Jahr (DBZ 07/2007). Die Stadt soll rund eine Millionen Menschen energieautark versorgen können. Wie viele Türme aus mythischen Zeiten ist die neue – und auch so genannte – „Zikkurat” formal den Pyramiden-Querschnitten entlehnt, ihr Modell wird auf der Cityscape gezeigt (6. bis 9. Oktober).
Ridas Matonis, Chefmanager des Planerbüros Timelinks: „Die Zikkurat wird überwiegen energieautark konzipiert. Abgesehen vom Einsatz von Solarpaneelen, Dampfturbinen und Geothermie werden große Windkraftanlagen die Energieansprüche decken.” Wie im Foster-Entwurf setzen die Planer der Zikkurat auf autofreie Verkehrsströme und hohe Dichte. Dass letztere in einer offenen Wüstenlandschaft als Argument für eine Realisierung dient, verwundert zunächst. „Zunächst“, denn Timelinks hat größeres vor. Gerade eben haben sie ihr Building Design patentieren lassen, also die äußere Form und innere Struktur der 2,3 km² im Sockel messende Stadtpyramide mit ihren implantierten Technologien. Der Grund: Die Planer möchten für weitere Forschungen am „Ziggurat-Project” EU-Mittel akquirieren. Und weil das Team aus der Wüste mit Recht davon ausgeht, dass im hochverdichteten Westeuropa Pyramidenbauten nicht nur typologisch gut ankommen (s. o.), sondern auch mit Blick auf Energiepreisexplosion und Landschaftsverbrauch ein Zukunftsmarkt sind, setzen sie ihrer Stadtvision noch ein weiteres Feature hinzu: Sicherheit. Die Speicherung biometrischer Daten (hier Gesichter) soll den in der Pyramide allgegenwärtigen Scannern das Futter bereitstellen, das eine totale Überwachung des hochkomplexen Stadtsystems ermöglicht.
Im Pergamonmuseum wurden Mythos und Wahrheit miteinander konfrontiert, in Dubai soll ein Mythos demnächst Wahrheit werden, und wir arbeiten mit daran.
Wer mit Timelinks sprechen möchte, kann das auf der Messe www.cityscape.ae in Dubai tun.