Die Aktivisten: Guerilla Architects
aus, um aktiv im städtischen Raum oder im Ausland mitzugestalten.
Ihre Arbeit überschneidet sich mit sozial engagierten Kunstprojekten in ihrem Interesse an Dialog, Zusammenarbeit und direkter Arbeit mit der Zivilgesellschaft. Bei ihren Projekten mit bestehenden Strukturen sind häufig nur minimale invasive Eingriffe erforderlich, um früheren unsichtbaren Räumen eine neue Bedeutung zu verleihen.
Was bedeutet für euch Engagement?Als Guerilla Architects verstehen wir uns als KünstlerInnen, ArchitektInnen, SzenografInnen und StadtforscherInnen mit zivilgesellschaftlicher Verantwortung. Mit unserem Kollektiv hinterfragen wir die Rolle unserer Profession und erforschen seit 2012 die Stadt als ein diverses Handlungsfeld verschiedenster Akteure. Die Entwicklungen der letzten Jahre haben uns gezeigt, dass die Vielzahl der ArchitektInnen ihre Verantwortung immer weiter zugunsten des Marktes und der Instrumentalisierung der Planung aufgeben. Kommentarlos entstehen so über die ganze Stadt hinweg Gebäude ohne Charakter. Wir denken, es ist an der Zeit gemeinsam in der Komplexität des Stadtgefüges nach den Ursachen dieser Entwicklungen innerhalb der eigenen Disziplin zu forschen: Engagement bedeutet für uns umzudenken, andere Wege zu gehen sowie uns und andere herauszufordern. Dabei ist es ist uns wichtig, dass unsere Arbeit dazu beiträgt, politische und gesellschaftliche Hintergründe zu hinterfragen und Grauzonen aufzudecken.
Auf welchem Weg akquiriert ihr Aufträge? In den meisten Fällen formulieren wir unsere Ideen und Dringlichkeiten selbst. Damit bleiben wir unabhängig und können die Richtung der Projekte selbst bestimmen. Wir arbeiten aktiv an unterschiedlichen Netzwerken und finden dadurch oft die passenden PartnerInnen. Anträge für öffentliche Förderungen und Stiftungen zu schreiben macht einen großen und herausfordernden Teil unserer Arbeit aus, da die Förderlandschaft für unsere spartenübergreifende Arbeitsweise begrenzt ist.
Mit welchem Projekt identifiziert ihr euch am meisten? „Hidden Borough“ hat mit Sicherheit den Grundstein für unsere Art und Weise der (Zusammen-)Arbeit gelegt. In diesem Projekt haben wir alle erstmals unsere Rolle als ArchitektInnen hinterfragt. Wir haben gezeigt und erlebt, wie man Leerstand künstlerisch besetzen kann, um ihn entgegen der Immobilienspekulation in den Londoner Stadtraum zurückzuholen. Mit unserem mobilen Büro „Bastian, der Stadt:Symbiont“ haben wir die Idee vom Nutzen von Grauzonen in der Stadt weitergeführt, deswegen bildet unser Büro auf Rädern baulich und inhaltlich unsere Arbeitsweise sehr gut ab. In 2020 greifen wir mit „1km² Berlin – Die Tragödie der offenen Stadt“ erneut das Thema der Immobilienspekulation auf und entwickeln in Berlin eine Reihe immersiver Performances im öffentlichen Raum.
Was erreicht ihr mit eurer Arbeit? Wir beschäftigen uns mit stadtpolitischen Fragen und versuchen Anstöße zum Um- und Weiterdenken zu geben. Im Grunde geht es bei unserer Arbeit viel um Verteilung. Verteilung von Ressourcen, aber auch um Verteilung von Raum. Wie kann Architektur/Stadt(entwicklung) neu gedacht werden? Wie können wir gemeinsam eine Stadt der Zukunft gemeinwohlorientiert entwickeln? Diese (stadt-)politischen Fragen beschäftigen uns. Wenn wir es schaffen mit unserer Arbeit Fragen aufzuwerfen und Anstöße zum Um- und Weiterdenken zu geben, dann ist das ein Erfolg. Wir denken, dass jede Arbeit – künstlerisch oder nicht – einen kleinen Beitrag zu einer möglichen Zukunft leisten kann. Um diese Vision zu erproben, haben wir uns mit einer Vielzahl von Stadtakteuren (Constructlab, Institut für angewandte Heterotopie u.a.) zusammengeschlossen, um gemeinsam den „Baupalast“ zu realisieren: ein selbstverwalteter Möglichkeitsraum, ein kollektives, sich selbst gestaltendes Stadtlabor. Er soll der Nachbarschaft, den KünstlerInnen, StadtaktivistInnen und Design-builderInnen Raum zum Ausprobieren geben und Partizipationsräume eröffnen, um die Stadt durch aktives Handeln jeden Tag neu zu formen.