Neubau Elisabeth-Selbert-Haus, Berlin
Während das Bundeskanzleramt aktuell über einen Neubau erweitert wird, der bereits als Bestandteil der städtebaulichen Entwicklung vor 30 Jahren seine Form gefunden hatte (Schultes Frank Architekten, s. DBZ 02|2019) und der direkt am Kanzleramt Anschluss findet, muss der Deutsche Bundestag – trotz spektakulär weiter Wiese vor der Westfassade – auf die entfernt liegende, aber bundeseigene Parzelle Unter den Linden 62-68/ Ecke Schadowstraße im Berliner Stadtbezirk Mitte erweitern. Hier wurde über einen im März 2018 ausgelobten Wettbewerb ein neues Bürogebäude gesucht, in dem verschiedene Fachbereiche der Verwaltung oder optional Räume für eine parlamentarische Nutzung unterkommen. Insgesamt bestand bei Auslobung ein Raumbedarf von ca. 196 Büros zzgl. Nebenflächen. Und als wäre das nicht genug, soll zudem die Bundeskanzler-Willy-Brandt-Stiftung mit einer Ausstellungsfläche und weiteren Räumen auf ca. 890 m² dort untergebracht werden. Die Stiftung ist bereits in dem dort noch stehenden Verwaltungsgebäude untergebracht, das 1962-64 nach dem Entwurf von Peter Senf gebaut wurde. In den nördlich anliegenden Riegeln, die auch den Hof bilden, der in seiner Größe etwa erhalten bleibt, sind bereits Räume für den Bundestag untergebracht. Der Neubau hatte hier Anschlüsse zu formulieren.
Das Gebäude trägt heute und auch zukünftig – ganz im Corporate Design der Bundestagsbauten – den Namen Elisabeth-Selbert-Haus. Frau Selbert, Juristin und Politikerin ist dafür mitverantwortlich, dass die Ausarbeitung des Grundgesetzes die Geschlechtergleichheit berücksichtigt.
Das städtebauliche Umfeld ist geprägt durch Einrichtungen von Parlament und Regierung, Botschaften und sonstige Hauptstadtfunktionen. Das Gebäude selbst ist Teil des Denkmalensembles „Dorotheenstadt“. Auf Grund der beim Deutschen Bundestag bestehenden besonderen Nutzerstruktur war im Wettbewerb gefordert, in dem Neubau einen kurzfristigen Wechsel von einer Verwaltungs- zu einer parlamentarischen Nutzung mit möglichst geringem, zusätzlichem baulichen und zeitlichen Aufwand zu gewährleisten.
Ziel des nun entschiedenen Wettbewerbs war es, das beste Vorentwurfskonzept für die Bauaufgabe zu erhalten, das neben architektonischer und funktioneller Qualität auch in wirtschaftlicher und energetischer Hinsicht überzeugt und die denkmalpflegerischen Belange des Ensembleschutzes berücksichtigt. Es wird angestrebt, die Neubaumaßnahme nach den Kriterien des Bewertungssystems Nachhaltiges Bauen für Bundesgebäude (BNB) mit Silber zu zertifizieren. Abriss exklusive?!
Das Preisgericht tagte am 10. und 11. Dezember 2018 unter dem Vorsitz von Dörte Gatermann, Köln. Hier wurde einstimmig die Vergabe von drei Preisen und drei Anerkennungen beschlossen:
Der 1. Preis geht an kleyer.koblitz.letzel.freivogel, Berlin; der 2. Preis an Atelier 30, Kassel; der
3. Preis an merz merz, Berlin. Drei Anerkennungen gingen jeweils an Bruno Fioretti Marquez, Kleihues + Kleihues, beide Berlin, sowie AV1 Architekten, Kaiserslautern/Berlin.