Neubau des Stadtarchivs, Köln
Die gelungene Beleuchtung der Innen- und Außenbereiche ist das Ergebnis einer erfolgreichen Zusammenarbeit der Architekten von Waechter + Waechter und der Lichtplaner des Büros Licht Kunst Licht. Sie demonstriert eindrucksvoll, was eine enge und vor allem frühzeitige Zusammenarbeit der Planer zu leisten vermag: keine Lichtkosmetik, sondern ein ganzheitliches und vor allem integratives Beleuchtungskonzept.
Seit September 2021 bereichert eine neue, einprägsame Landmarke den Kölner Stadtraum: der Neubau des Kölner Stadtarchivs. Er beherbergt die geretteten Bestände aus dem im Jahr 2009 eingestürzten Historischen Archiv in der Severinstraße und die Sammlung des Rheinischen Bildarchivs. Im Jahr 2011 hatten Waechter + Waechter Architekten BDA den von der Stadt Köln ausgelobten Neubau-Wettbewerb gewonnen. Das langgestreckte Gebäude, gelegen an Eifelwall und Luxemburger Straße, positioniert sich an der Schnittstelle zwischen universitären Institutsbauten, urbaner Wohnbebauung und der Fortführung des innerstädtischen Grüngürtels. Geradezu monolithisch erhebt sich im Innenhof das fensterlose Magazingebäude und überragt die Bauhöhe des umgebenden Mantelbaus. In letzterem sind die Werkstätten, Labore, Arbeits- und Besprechungsräume untergebracht. Zur Luxemburger Straße hin öffnet sich der Kopfteil des Mantelbaus mit dem Zugang zum Ausstellungsbereich, den Seminar- und Vortragsräumlichkeiten sowie einem Lesesaal mit Handbibliothek.
Holzlamellendecke als Multitalent
Eines der gestaltprägenden Elemente der öffentlich zugänglichen Bereiche des sogenannten Kopfbaus ist eine abgehängte Holzlamellendecke. Neben der raumakustischen Bedämpfung übernimmt sie viele der haustechnischen Funktionen, wie
z. B. Beleuchtung, Sprinklerplatzierungen und Klimatisierung, und kaschiert sie zugleich. Die Beleuchtung ist hier kaum sichtbar mittels der in Lamellenrichtung eingelassenen Lichtelemente integriert. „Zusammen mit Licht Kunst Licht entstand die Idee, in den Verlauf der Deckenlinien der Massivholzlamellen die Beleuchtung einzubeziehen“, erklärt Michael Kohaus, Projektleiter bei Waechter + Waechter. Ein Großteil der Beleuchtung ist in Profilen verortet, die für den Einbau in das Deckensystem angepasst wurden. Durch ihre vollständige Integration in den Deckenhorizont sind sie dank der gut entblendeten Lichtkammern nahezu unsichtbar. „Es gelang eine für dieses Gebäude so wichtige ruhige und homogen zurückhaltende Wirkung der Decke – was alle Beteiligten überzeugt hat“, fügt Michael Kohaus hinzu. Die Sprinkler sind ebenfalls unauffällig in den Deckenverlauf integriert und durchdringen ihn nur an einigen wenigen vordefinierten Stellen.
Lineare Lichtquellen in den Erschließungszonen
Im Erschließungsbereich sind Einzelleuchten ohne Aufnahmeprofil verbaut. Sie beleuchten das lichte, zweigeschossige Foyer mit seiner hofseitig tageslichtdurchfluteten Galeriesituation und einer langgestreckten, ins Obergeschoss führenden Holztreppe. Ein verdecktes Lichtprofil gibt der zur Treppe gelegenen Flanke der Galeriebrüstung Streiflicht und verleiht ihr eine weiche Präsenz.
Insgesamt markieren lineare Diffuslichtquellen die Knotenpunkte der horizontalen und vertikalen Erschließungsbereiche. Dieser Logik folgend, umschreibt ein Lichtkanal den Aufzugskern. Er ist in Sichtbeton ausgeführt und tritt aus dem warmtonigen, von Holz bestimmtem Interieur visuell hervor. Die Beleuchtung der Korridore und Treppenhäuser des Mantelbaus erfolgt ebenfalls mit wand- bzw. flächennahen Diffuslichtkanälen. Ein durchlaufendes Lichtband begleitet dabei die Schnittstelle zwischen den Metallabhangdecken und den Trennwänden zu den Büros. Die Anbindung der Sichtbeton-Treppenfluchten an die flankierenden Wandflächen ist ebenfalls durch ein Lichtprofil markiert, das die Stufen gleichmäßig ausleuchtet.
Schwebendes Licht in der Bibliothek
Über die Foyer-Treppe erreichen die BesucherInnen die Bibliothek mit offen angeordneten Regalen. Diese werden, analog zu den Wänden des Ausstellungsbereichs im Erdgeschoss, mit Wandflutern im lamellenintegrierten Deckenprofil beleuchtet. Zur Fassade hin öffnet sich der Raum zu einem langgestreckten Lesesaal. Lesetische aus weiß geölter Douglasie und hellgrünem Linoleum offerieren entlang der raumhohen Fenster großzügige Arbeitsflächen, geeignet sowohl zum konzentrierten Lesen als auch zum Ausbreiten und Erforschen großformatiger Archivalien.
Über den Lesetischen schweben filigrane LED-Ringpendelleuchten in zwei Größen. In Gruppen angeordnet erzeugen sie ein ergonomisches, gleichmäßiges Licht auf der Arbeitsfläche mit excellenter Farbwiedergabe. Die Leuchten bestehen aus einem zarten Direktlichtprofil mit einer massiven Diffusorabdeckung. „Da die Stahlseile zur Pendelmontage so dünn und unauffällig sind, wirken die Lichtringe, als würden sie wie von Geisterhand schweben“, beschreibt Lichtplanerin Stephanie Grosse-Brockhoff vom Büro Licht Kunst Licht die Anmutung und führt weiter aus: „Wir wollten eine optimale, konzentrierte und deutlich verortete Ausleuchtung der Tischflächen erzielen und gleichzeitig die Beleuchtungskörper präsent-filigran im Raum wirken lassen.“
Aufgrund der warmtonigen Farbpalette des Innenausbaus kommt im Kopfbau die Lichtfarbe 4 000 K, Neutralweiß, zum Einsatz. Im Zusammenspiel mit den Holzoberflächen des Raums lädt sie das Licht mit einer sanften Wärme auf, ohne dabei allzu wohnlich zu wirken.
Diskreter Lichthauch im Außenraum
Im Südwesten des Gebäudes grenzen die Park- und Naturflächen des Grüngürtels mit ihrer lichtsensiblen Artenvielfalt an den Mantelbau an. So galt es von vornherein, die Beleuchtung der öffentlichen Außenanlagen des Vorplatzes und des vorderen Innenhofs zurückhaltend und ökologisch sensibel zu gestalten. Der Vorplatz als Übergangszone zum urbanen Umfeld sollte dabei Sicherheit und Freundlichkeit ausstrahlen, ohne viele sichtbare Lichtquellen zu zeigen. Hierfür wurden an ausgewählte Bannerstützen Strahler angebunden, die sich im Horizont der UPE-Profile verbergen. Weitere Masten wurden entlang der Baumreihe zur Luxemburger Straße aufgestellt. Dabei bleibt die Beleuchtung stets diskret und der Boden wird sanft ausgeleuchtet.
Sanftes Streiflicht für den Magazinbau
Wie auch auf dem Vorplatz wurde im Innenhof aus Erwägungen zum Tier- und Artenschutz auf eine akzentuierende Lichtinszenierung von Bäumen und Sträuchern verzichtet. Jedoch war die Hervorhebung des mit gefalteter Baubronze verkleideten Magazinbaus wichtiger Bestandteil der gesamten Licht-inszenierung. Um unerwünschten Skyglow zu verhindern, wurde eine Streiflichtlösung erarbeitet, die den Großteil des Lichtkegels an der Gebäudekante kappt und nur eine sanfte Lichtpräsenz der bronzenen Faltfassade erzeugt. Dies gelang mit linearen, präzise verorteten Bodeneinbauleuchten im Innenhof und justierbaren Aufbauleuchten im Dachbereich des Mantelbaus. Lichttechnik und Dimmwert wurden dabei so justiert, dass der Helligkeitswert der Gebäudeflanken des Magazinbaus jenem der Hoffassade entspricht und der monolithische Gesamteindruck des Magazinbaus auch in der Nachtansicht erhalten bleibt. Andrea Rayher / Stephanie Grosse-Brockhoff
Projektdaten
Objekt: Historisches Archiv der Stadt Köln und Rheinisches Bildarchiv
Standort: Eifelwall 5, 50674 Köln
Typologie: Kultur und Bildung
BauherrIn: Gebäudewirtschaft der Stadt Köln, Ottoplatz 1, 50679 Köln
NutzerIn: Historisches Archiv der Stadt Köln und Rheinisches Bildarchiv
Architektur/Innenarchitektur: Waechter + Waechter Architekten BDA PartmbB, Darmstadt,
Prof. Dipl. Ing. M.Arch. Felix Waechter und Dipl. Ing. Sibylle Waechter,
www.waechter-architekten.de
Projektleitung: Stephan Erkel, Michael Kohaus
Team: Kathrin Sattler, Esther Ferreira Lopes, Walter Hein, Denise Finkernagel, Yan Zhang, Todor Nachev
Bauleitung: Heinle, Wischer und Partner Freie Architekten, Stuttgart, www.heinlewischerpartner.de
Bauzeit: März 2017 – März 2021
Nutzfläche gesamt: 20 260 m²
Nutzfläche: 14 490 m²
Technikfläche: 2 480 m²
Verkehrsfläche: 3 290 m²
Brutto-Grundfläche: 22 580 m²
Brutto-Rauminhalt: 81 510 m³
FachplanerInnen
Lichtplanung: Licht Kunst Licht AG, Bonn/Berlin/Barcelona,
www.lichtkunstlicht.com
Tragwerksplanung: IDK Kleinjohann GmbH & Co. KG, Köln,
www.idk-koeln.de
TGA-Planung: agn Niederberghaus & Partner GmbH, Ibbenbüren,
www.agn.de
Fassadentechnik: Waechter + Waechter Architekten BDA PartmbB mit Werner Sobek Stuttgart AG,
www.wernersobeck.com
Akustik, Energieplanung und -beratung: Müller BBM GmbH, München, www.muellerbbm.de
Brandschutz: BPK Fire Safety Consultants GmbH & Co. KG, Düsseldorf, www.bpk-fsc.de
Hersteller
Fenster, PR-Fassade: Gutmann, www.gutmann.de
Sonnenschutz: Warema,
www.warema.com
Blendschutz- und Verdunklungsvorhänge: Kvadrat, www.kvadrat.dk
Holzlamellendecke: Hunter Douglas, www.hunterdouglasarchitectural.eu
Streckmetalldecke Lindner,
www.lindner-group.com
Innentüren Holz: Neuform,
www.neuform-tuer.com
Innentüren Stahl, Aluminium-Rahmen-Türen: Hörmann,
www.hoermann.de
Beschläge: FSB, www.fsb.de
HPL-Wandbekleidungen: Egger, www.egger.com
Deckenprofil Lamellendecke und Lichteinsätze: iGuzzini internazionale S.p.A., www.iguzzini.com
Deckeneinbau-Einzelleuchten Foyer: iGuzzini internazionale S.p.A., www.iguzzini.com
Ringpendelleuchten Eingang, Lesesaal, Seminarräume: Objektleuchten Berlin, www.objektleuchten.eu
Diffuslichtprofil Brüstung Galerie: LED Linear GmbH, www.led-linear.de
Lineare Bodeneinbauleuchte Innenhof für Fassadenstreiflicht: iGuzzini internazionale S.p.A.,
www.iguzzini.com
Eine gelungene Integration der Lichtsysteme in die Deckenverkleidung, die im Detail auf die verschiedenen Anforderungen des jeweiligen Raums abgestimmt werden können: Die Leuchten treten optisch in den Hintergrund und unterstützen die ruhige Atmosphäre des Raums. Einzelne raumbildende Elemente werden mit mildem Streiflicht betont und sorgen gleichzeitig für Orientierung. Ein überzeugendes Lichtkonzept, dass die klare und spannungsvolle Architektur sowohl am Tag als auch am Abend hervorragend unterstützt.«
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