Privatbank Donner & Reuschel, Hamburg
Bauen im Bestand verlangt nicht nur nach einem sensiblen Umgang mit der historischen Bausubstanz, sondern auch nach einer umfassenden Expertise zu denkmalschutzbedingten Kunst- und Tageslichtstrategien und den hieraus resultierenden Anforderungen an das technische und dekorative Lichtkonzept. Beides wurde bei der Sanierung der Hamburger Donner & Reuschel Privatbank mit viel Liebe zum Detail umgesetzt.
Am Ostufer der Hamburger Binnenalster erstrahlt das historische Gebäude der Privatbank Donner & Reuschel in neuem, alten Glanz. Wie für viele jener Altbauten üblich, so verfügt auch dieser über eine kriegsbedingte Mischkonstruktion: Nachdem das Bauwerk Anfang der 1940er-Jahre durch mehrere Bombentreffer stark beschädigt wurde, blieb es lediglich in Teilen bis zum dritten Obergeschoss erhalten. Im Zuge des Wiederaufbaus in den 1950er-Jahren wurde das Gebäude in Stahlskelettbauweise sowie mit einer Sandsteinfassade im Stil der Postmoderne komplettiert. Vor rund zehn Jahren forcierte die Gebäudeeigentümerin Hansainvest eine bauliche Revitalisierung. Hierbei wurde schnell deutlich, dass umfangreiche Maßnahmen notwendig würden, um das Bauwerk dauerhaft zu ertüchtigen. Darüber hinaus sollte das Bankgebäude zu einem kommunikativen Begegnungsort für Kunden und Geschäftsparter umgestaltet werden. Es folgte ein langwieriger Planungs- und Bauprozess, währenddessen die Nutzung des Gebäudes von Grund auf neu definiert wurde. Nicht zuletzt aufgrund der historisch gewachsenen Baustruktur war dabei ein umfassendes technisches Fachwissen der beteiligten Architekten und Lichtplaner erforderlich.
Das Eckgebäude südlich der Einmündung zur Alstertorstraße ist Unternehmenssitz der Hamburger Privatbank Donner & Reuschel. In der Breite misst der Altbau 15 m, in der Länge rund 26 m – was einer Grundfläche von 390 m entspricht. Mit einer Traufhöhe von über 26 m wurde das Bauwerk als Hochhaus der Gebäudeklasse 5 sowie außerdem als Sonderbau klassifiziert, da sich die insgesamte Nutzfläche auf mehr als 2 000 m2 beläuft
Foto: Marcus Bredt
Der Blick fürs Ganze
Dank der fruchtbaren Zusammenarbeit der Mitarbeiter von Axthelm Rolvien Architekten (LP 1-4, künstlerische Oberleitung) und KKP Architekten (LP 5-9) mit Almut Bagnoli und Thomas Notholt von notholt lighting design (LP 1-9), die federführend für die Lichtplanung im Außen- und Innenraum zuständig waren, ist trotz aller Hürden ein gelungenes architektonisches Gesamtensemble entstanden. Aufgrund der vielschichtigen Konstruktion aus Massivbau mit integriertem Stahlrahmentragwerk war die bauliche und visuelle Neugestaltung mit besonderen Herausforderungen verbunden. Hierbei manifestierte sich ein völlig neues Gebäude- und Beleuchtungskonzept. Architekt Henner Rolvien erinnert sich: „Wie das Gebäude selbst, so ist auch die Planung historisch gewachsen. Nachdem der Entwurf ursprünglich eine sanfte Intervention vorsah, wurden aufgrund der schlechten Bausubstanz bedeutend umfangreichere Sanierungsmaßnahmen unter Einbeziehung eines denkmalgerechten Beleuchtungskonzepts notwendig. Ferner wurde auf Basis einer neuen Nutzungsstrategie beschlossen, dass das modernisierte Gebäude weder über Tresor, noch über konventionelle Büroräume verfügen sollte.“ Markus Lüsch von KPP Architekten ergänzt: „Neben einer Ertüchtigung der Gründung, des Tragwerks, der Technik und der Herstellung des Brandschutzes galt es, die Immobilie von Grund auf neu zu entwickeln, da sich die Bank als Dienstleistungszentrum mit exklusiven Veranstaltungsflächen und moderner Technik neu aufstellen wollte. Die Lichtplanung spielte hierbei eine zentrale Rolle.“ Im Ergebnis wurden sämtliche nichttragende Decken- und Wandkonstruktionen entfernt, die technischen Anlagen des Untergeschosses erneuert und die Empfangs- und Schalterhalle sowie das Zwischengeschoss mit neuem Interieur ausgestattet. Das erste Obergeschoss wurde durch ein neues Foyer ergänzt und die Regelbüroebenen der Geschosse 2 bis 4 modernisiert und an den Co-Working Anbieter Sattelite Office vermietet. Auf Wunsch des Bauherrn wurde das sechste Obergeschoss zur Veranstaltungsfläche mit stimmungsvollem Loungebereich ausgebaut. Ferner galt es, den ehemals umbauten Innenhof über alle Etagen durch neue WC-Kerne aufzufüllen. Neben dem Bestandssicherheitstreppenhaus mit Paternosteraufzug wurde außerdem eine zweite Erschließung, bestehend aus einem neuen Aufzug mit internen Verbindungstreppen inklusive einer buchstäblich wegweisenden Lichtführung, etabliert.
Das Foyer ist die Visitenkarte des Bankgebäudes und wurde dementsprechend mit vielen besonderen Highlights ausgestattet. Darunter auch eine Lichtinstallation aus LED-Hängeleuchtmitteln, die sich wie ein Vorhang um die Sitzgruppe legt
Foto: Markus Bredt
Mit Liebe zum Detail
Nicht nur im Umgang mit der Bausubstanz selbst – auch in Bezug auf die Lichtplanung galt es, klar definierte Regularien der Denkmalpflege einzuhalten: Je nach zu lösender Bauaufgabe wird hierbei grundsätzlich zwischen einer Konservierung, einer bedingten Konservierung, einer scheinbaren Rekonstruktion der Originalbeleuchtung sowie einem vollständig neuem Lichtkonzept unterschieden. Letzteres war in diesem Fall die gültige Maxime, weshalb das Team von notholt lighting design eine individuelle Kunstlichtplanung für das gesamte Gebäude entwickelte: „In Bezug auf die Lichtgestaltung gab es vonseiten des Denkmalschutzes weitestgehend keine Einschränkungen, sodass wir im Raum relativ frei agieren konnten“, erläutert Lichtplanerin Almut Bagnoli. „Das Konzept wurde von der Entwurfsplanung an gemeinsam mit den Architekten entwickelt. Im Zentrum dessen stand nicht etwa das Licht selbst, sondern die zu beleuchtenden Materialien und Oberflächen, die ihre Wirkung jeweils durch die Lichtfarbe, -intensität und -stärke entfalten.“ Auf Basis jener Parameter entstand für die Fassadenbeleuchtung ein umfassendes Konzept, das nicht nur die Schalung aus Marmor visuell zur Geltung bringen, sondern überdies den Anforderungen des Hamburger Lichtbeirates entsprechen musste. Statt der bisher stark streuenden Strahler setzten die Lichtplaner daher auf eine warmweiße Ausleuchtung der Fensterlaibungen in 3 000 K und bei den grünen Fassadenfeldern auf eine kühlere Ausleuchtung in 4 000 K. Auf der Dachebene wurde eine ebenso weißkühle Beleuchtung gewählt, um das Grün der Dachhaut nicht zu verfälschen.
Der Leuchtenvorhang ist eine Sonderanfertigung von Ufo Licht in der Lichtfarbe dynamisch weiß. Die Lichtleitfasern hängen im Abstand von fünf zentimeter von der Bestandsdecke
Marcus Bredt
In Licht gehüllt
Eine akzentuierte Lichtgestaltung wurde auch im Gebäudeinneren verfolgt. Hierbei galt es, zusätzlich bauliche Regularien an das Bestandsgebäude zu erfüllen: Im Erdgeschoss wurde eine akzentuierte Beleuchtung der neugestalteten Kassenhalle entwickelt. Hierbei wurde etwa die ehemalige Tresoranlage, die sich einst im Keller befand, mit LED-Beleuchtung in 3000 K dekorativ aufgearbeitet und die kreisrunde Sitzgruppe durch einen auffallenden Leuchten-Vorhang in Szene gesetzt; komplettiert von einer individuell entwickelten Langleuchte. „Das Foyer ist die Visitenkarte der Bank – dieses galt es, somit möglichst einladend zu gestalten. Früh entstand dabei die Idee eines Leuchtenvorhangs, einer Sonderanfertigung von Ufo Licht in der Lichtfarbe dynamisch weiß. Die Lichtleitfasern dieser Leuchten mit Messingendstücken hängen in Abständen von 5 cm von der Decke herab – sowohl die Montage an der Bestandsdecke als auch das Austarieren der Lichtquellen selbst stellte uns alle vor besondere Herausforderungen. Genauso aufwändig war die Entwicklung der Sonderleuchte aus mundgeblasenem Glas, die vom Treppenhaus aus einsehbar ist und den Blick förmlich einfängt“, so die Lichtplanerin.
Der ehemalige Tresor stand einst im Kellergeschoss und wurde im Zuge
des Umbaus als Designelement in das Interieur der Kassenhalle integriert
Foto: notholt lighting design
Gemeinsam mit Simon Leuchten
entwickelten die Planer von notholt lighting design eine Langleuchte. Hierbei handelt es sich um eine Sonderanfertigung aus mundgeblasenem Glas
Foto: notholt lighting design
Not macht erfinderisch
Auch im neu errichteten Treppenhaus galt es, – schon allein aus Sicherheitsgründen – eine entsprechende Leuchtstärke einzuhalten. Aus der Not, dass im Gebäudeinneren per se nur geringer Tageslichteinfall vorherrschte, machten die Planer folglich eine Tugend, in dem sie dies in Konsequenz zum zentralen Gestaltungselement erhoben. „Natürlich ist es wichtig, dass im Erschließungsbereich eine gewisse Leuchtstärke eingehalten wird. Wenn ich jedoch der Nutzung zugunsten alles vollflächig ausleuchte, dann entfalten solche Details nicht die gewünschte Wirkung. Wir haben somit die etwas dunklere Atmosphäre des Treppenhauses zum Anlass genommen, diese durch eine sehr filigrane, im Handlauf integrierte LED-Lichtführung in 3 000 K zu inszenieren und dabei die Materialien wie Holz, Messing und Naturstein effektvoll zu beleuchten“, erläutert Almut Bagnoli das Beleuchtungskonzept der Erschließungszone, das sich wie ein imaginärer Leuchtfaden vom Untergeschoss bis in das Dachgeschoss zieht und sowohl dem Kunden, als auch den Mitarbeitern Orientierung gibt. Durch die Handlaufbeleuchtung in Kombination mit den in der Decke integrierten Stromschienen mit Strahlern werden die Oberflächen und deren unterschiedlichen Texturen dezent unterstrichen. Ein weiteres Plus: Sämtliche Leuchten sind dank Lichtsteuerung mit Dali-Dimmung individuell einstellbar. Je nach Tageszeit sind hierbei verschiedene Tageslichtszenen eingestellt, die ebenfalls nach Bedarf geändert werden können.
Im Gebäudekern wurde eine zusätzliche Erschließung aus Sicherheitstreppenhaus und Aufzug integriert.
Bei der Gestaltung setzten die Planer auf wertige Materialien aus Holz, Messing und Naturstein
Foto: Marcus Bredt
Sicherheit mit Stil: Die per se etwas tageslichtärmere Atmosphäre wurde im Gebäudekern kurzum zum Gestaltungselement für die Lichtplanung erhoben
Foto: Marcus Bredt
Symbiose aus Alt und Neu
Wenngleich in Bezug auf die Lichtplanung vonseiten des Denkmalschutzes keine einschränkende Strategie vorgegeben worden war, so galt es für die Lichtplaner dennoch, eine Reihe unterschiedlicher Anforderungen an das Gebäude zu berücksichten. Unter anderem gab es die Maßgabe, dass die neuen WC-Kerne klar vom Bestand zu unterscheiden sein mussten. Da dies baulich nur bedingt zu erfüllen war, entwickelten die Planer eine lineare Leuchtfuge, die sich wie ein Band um die Türöffnungen legt. Hierdurch hebt sich die neue Bausubstanz klar vom Bestand ab; ferner sind die Sanitärräume für die Nutzer schnell auffindbar. Almut Bagnoli erläutert: „Die Leuchtfugen der Toiletteneingänge wurden in enger Zusammenarbeit mit den Architekten entwickelt. Das ist ein schönes Ergebnis interdisziplinärer Zusammenarbeit. Daran zeigt sich auch, dass wir Lichtplaner eben nicht nur für das rein Dekorative zuständig sind.“
Schnittansicht Sanitärkerne, M 1 : 75
Schnittansicht Sanitärkerne M 1:75
Muse braucht Zeit
Nach vielen Jahren der Planungs- und Bauzeit wurde das Bankgebäude am Ballindamm-Boulevard im Jahr 2021 neu eröffnet. Effizient geht anders, wird der kritische DBZ-Leser nun anmerken – das stimmt, aber Muse braucht manchmal eben auch Zeit. Und unter Umständen wird gerade hierdurch der Raum für Kreativität und Innovation geschaffen, der an anderer Stelle sonst fehlt, wie auch Frau Bagnoli bestätigt: „Der Bauprozess war vergleichsweise lang, zudem gab es eine Reihe individueller Wünsche vonseiten des Bauherrn – dafür die richtige Lösung zu finden, war nicht immer ganz leicht. Auf der anderen Seite war es eben auch eine tolle Erfahrung, solche besonderen Details zu entwickeln. In diesem Sinne freuen wir uns, dass wir bei einem solch anspruchsvollen Projekt beteiligt sein durften.“
notholt lighting design
Almut Bagnoli
www.notholt.de
Almut Bagnoli studierte Innenarchitektur in Florenz und Mailand und war unter anderem für ein Innenarchitekturbüro in Madrid und ein Ladenbauunternehmen in Manchester als Planerin tätig. Bei notholt lighting design realisiert sie individuelle Lichtkonzepte für Büros, Restaurants, Hotels und Privathäuser
Foto: notholt lighting design
notholt lighting design
Thomas Notholt
www.notholt.de
Thomas Notholt ist bereits seit vielen Jahren als Lichtplaner tätig. Nach beruflichen Stationen in unterschiedlingen Hamburger Planungsbüros war der Planer zunächst freiberuflich tätig. Im Jahr 2009 gründete er mit notholt lighting design sein eigenes Lichtplanungsbüro mit dem Schwerpunkt auf Privatvillen, Büros, Hotels, Schiffen, Museen und Restaurants
Foto: notholt lighting design
Projektdaten
Projekt: Donner & Reuschel Privatbank
Standort: Ballindamm 27, 20095 Hamburg
Typologie: Altbau in Mischkonstruktion
Bauherr: Hansainvest
Nutzer: Donner & Reuschel, Satellite Office
Architektur: Axthelm Rolvien Architekten (LP 1-4, künstl. Oberleitung), www.axthelm-rolvien.de; KKP Architekten (LP 5-9), www.kk-p.de; notholt lighting design, www.notholt.de
Team: Annette Axthelm, Henner Rolvien, Karsten Pohlenz, Ralph Müller, Rita Di Masi (Axthelm Rolvien Architekten), Oliver Rosenberg, Markus O. Lüsch, Michael Ratzmann, Michael Joras, Karia Bünning (KKP Architekten), Almut Bagnoli, Thomas Notholt (notholt lighting design)
Bauzeit: März 2017 bis Dezember 2021 (Inklusive Abbrucharbeiten)
Objektüberwachung: Armin Schütte (KKP Architekten)
Erweiterter Rohbau: Theo Urbach GmbH Bauunternehmung, www.urbach-bau.de
Generalunternehmer Innenausbau: APOprojekt, www.apoprojekt.de
Grundstücksgröße: 353,19 m²
Grundflächenzahl: 1,0
Geschossflächenzahl: 8,7
Nutzfläche gesamt: 2 510 m²
Nutzfläche: 2 133 m²
Technikfläche: 183 m²
Verkehrsfläche: 194 m²
Brutto-Grundfläche: 3 082 m²
Brutto-Rauminhalt: 9 350 m²
Baukosten Brutto: 10,6 Mio. € (inkl. Mieterausb. u. MwSt)
Fachplanung
Tragwerksplanung: Qintus Ingenieurhaus GmbH & Co. KG (ehemals OSJ Ingenieure Beratende Ingenieure VBI für Bauwesen), www.qintus.de
TGA-Planung: Pinck Ingenieure Consulting GmbH, www.pinck.de
Lichtplanung: notholt lighting design, www.notholt.de
Innenarchitektur: Axthelm Rolvien Architekten, www.axthelm-rolvien.de
Akustik, Bauphysik: Qintus Ingenieurhaus GmbH & Co. KG, www.qintus.de
Brandschutz: Ingenieurbüro T. Wackermann Gbr, Große Bahnstraße 33, 22525 Hamburg,
www.wackermann.com
Energie
Primärenergiebedarf: 88,2 kWh/m²a nach EnEV
18. November 2023
Endenergiebedarf Wärme: 169,5 kWh/m²a nach EnEV 18. November 2023
Endenergiebedarf Strom: 15,1 kWh/m²a nach EnEV 18. November 2023
Energiekonzept (U-Werte):
Außenwand Dach: 0,23 W/(m²K)
Fassadenpaneel G05: 1,3 W/(m²K)
Dach: 0,21 W/(m²K)
Fenster (Uw): 1,3 W/(m²K)
Verglasung (Ug): 0,6 W/(m²K)
Hersteller Beleuchtung
Lineare Fassadenbeleuchtung: Ecoline Mini, Meyer Lighting, www.meyer-lighting.com
Beleuchtung Fensterlaibung: Arclux Mini, Meyer Lighting, www.meyer-lighting.com
Akzentbeleuchtung Innenraum: Uplight 200, Meyer Lighting, www.meyer-lighting.com
Profil- und Systemleuchten: Move-It 25 S trimless, XAL, www.xal.com
LED-Scheinwerfer: Superlight Nano2, Meyer Lighting, www.meyer-lighting.com
Einbaustrahler: Down in-line 40, Kreon,
www.kreon.com
Sonderleuchten Lobby: Ufo Licht,
www.ufo-licht.de; Simon Leuchten,
www.facebook.com/simon-leuchten.de