Patient Krankenhaus
Planen und Bauen von Krankenhäusern

In vielen Ländern gehören Krankenhausaufenthalte zu den Routineereignissen im Leben eines jeden Menschen. Sei es zur Geburt, um Angehörige oder einen Freund zu besuchen, für einen operativen Eingriff oder die medizinische Diagnosefindung und Behandlung. Das Gesundheitssystem ist daher ein integraler Bestandteil des sozioökonomischen Organismus. Damit die Kliniken nicht selbst zum Patienten werden, müssen sie kontinuierlich dem medizinischen Fortschritt sowie dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wandel angepasst werden. Vor allem die Krankenhausgebäude stehen immer mehr im Spannungsfeld zwischen Funktionalität, Ökonomie und Architektur.

Krankenhäuser werden von der Öffentlichkeit stets mit Argusaugen beobachtet. Man liest von wachsendem Kostendruck und drohendem Personalmangel. In der Tat müssen sich Kliniken kontinuierlich mit den Veränderungen auseinandersetzen. Nur die flexiblen Krankenhäuser werden überleben. In diesem Zusammenhang ist es das Gebot der Stunde, die Effektivität und Effizienz anzupassen und die Prozesse des klinisch-medizinischen Alltags ständig zu optimieren.

Viele Kliniken sind oder waren veranlasst, sich umfassend zu restrukturieren, zu fusionieren oder ihr Leistungsportfolio den neuen Erfordernissen anzupassen. Die Patienten wollen auch weiterhin die erfolgreichsten Behandlungsstandards realisiert bekommen – innerhalb der aktuellen Vergütungs- und Erlösstruktur der DRG (Diagnosis Related Groups) ist dies eine besondere Herausforderung. Und nicht nur die Patienten verlangen die volle Aufmerksamkeit: Mitarbeitergewinnung nimmt inzwischen einen zentralen Stellenwert ein, um die Zukunftsfähigkeit und Nachhaltigkeit im Wettbewerb der Krankenhäuser zu sichern. In einem zunehmend kompetitiven und komplexer werdenden Umfeld haben beide Interessengruppen steigende Erwartungen an moderne Kliniken. Dies hat auch für die ästhetischen, architektonischen und bauökologischen Aspekte der Gebäude Folgen.

Im doppelten Sinne erfolgsentscheidend: der Arzt im Haus

Die Komplexität der Anforderungen an moderne Gesundheitsbauten und vor allem an die klinischen Prozesse im Krankenhaus versteht jedoch nur, wer die Branche von der Pike auf kennengelernt hat. Vor allem in der Beratungsphase – noch vor der eigentlichen Planung – ist es erfolgskritisch, dass kein wesentlicher Aspekt des späteren Routinebetriebs vergessen wird. Ein Beratungsteam für Gesundheitsbauten hat – wenn es diesem Namen gerecht werden will – eine interdisziplinäre und berufsübergreifende Ausrichtung und damit in jedem Fall auch Ärzte oder gelernte Pflege- bzw. Healthcare-Management-Fachkräfte an Bord. Für solide Klinikplanungen arbeiten Kliniker, Mediziner, Ingenieure, Prozessspezialisten und Architekten Hand in Hand. Diese interdisziplinäre Herangehensweise hat den Vorteil, dass die Planung alle baulichen, medizinischen, medizinrechtlichen und wirtschaftlichen Faktoren von Anfang an berücksichtigt. Wie bei jeder anderen Branche ist es wichtig, die Inbetriebnahme pünktlich und im vereinbarten Kos-tenrahmen zu sichern – ausschlaggebend sind in diesem sensiblen Bereich aber insbesondere die Qualität und die Sicherheit. Die Gebäudestrukturen moderner Kliniken nehmen maßgeblich Einfluss auf innerklinische Prozesse und letztlich mittel- und unmittelbar auf die Qualität der Krankenversorgung, die Patientensicherheit und die individuelle ökonomische Steuerbarkeit des Krankenhauses. Bei einem derart komplexen Bauvorhaben kann Building Information Modeling (BIM) das grundsätzliche Konzept, die Planung und Umsetzung erheblich effizienter gestalten – und auch der spätere Betrieb wird damit klarer und somit nachhaltiger und sicherer.

BIM ist kein Software-Produkt – es ist vielmehr eine vollständig neue Methode der Zusammenarbeit aller Beteiligten zu einem bestimmten Zweck: komplexe Bauvorhaben und deren zukünftigen Betrieb im Planungs- und Bauprozess in den Griff zu bekommen. Dafür wird das Gebäude zunächst als digita-ler Prototyp „gebaut“ und dann real. Die Belange des späteren Klinikbetriebs lassen sich so bereits in der Planungsphase antizipieren; Wechselwirkungen, bspw. mit der Architektur oder der Gebäudetechnik, können erkannt und optimiert werden. Damit ein BIM-Zusammenarbeitsmodell seinen Zweck erfüllen kann, müssen alle an Planung und Bau Beteiligten und vor allem auch die Nutzer von Anfang an integrativ zusammenarbeiten. Damit ist BIM weniger eine technische als eine organisatorische Herausforderung. In diesem Zusammenhang bietet auch das Modulare Bauen einen Benefit für wirtschaftliche und sichere Krankenhäuser.

Für das Krankenhausgebäude der nächs-ten Generation müssen vor allem drei Faktoren besonders berücksichtigt werden, um die Zukunftsfähigkeit zu sichern:

– ein optimierter interdisziplinärer Funktionsbereich samt einer modernen Zentralen Notaufnahme (ZNA)
– kurze Wege sowie sinnvolle und sichere Prozesse
– Healing Architecture

Funktionsbereiche und Zentrale Notaufnahme (ZNA): Sicherheit für Notfallpatienten

Entscheidend für den Erfolg eines klinischen Betriebes ist die Qualität der Prozesse in den Funktionsbereichen und in der ZNA. Hier laufen häufig planbare Routinefunktionen eines Krankenhauses und die diskontinuierliche Nachfrage in der Akutmedizin zusammen. Hier zeigt sich auch, ob das Konzept und die operationelle Strategie umsetzbar sind und den Anforderungen entsprechen. Während früher die Haupterlösquelle von Krankenhäusern eine hohe Belegungsquote der Klinikbetten war, ist im Zeitalter der Fallpauschalen eine optimierte Prozesslandschaft in den Funktionsbereichen die Grundlage der ökonomischen Nachhaltigkeit einer Klinik. Die Kunst besteht darin, planbaren klinischen Routinebetrieb und diskontinuierliche, aber zeitsensible Akutmedizin ressourcenschonend zu integrieren.

In einem Krankenhaus sind die räum­lichen Voraussetzungen entscheidend, insbesondere wenn es um zeitkritische Erkrankun-gen und Verletzungen geht. Ein Beispiel dafür sind die zentralen Notaufnahmen (ZNA). Diese rüsten sich aktuell für die Notfallpatienten von heute und vor allem für die Herausforderungen von morgen. Drei Faktoren sind hier besonders relevant: effektive klinische und logistische Prozesse, (Patienten-)Sicherheit und Effizienz im Handeln. Erfolgsentscheidend sind eine gute und detaillierte Abstimmung der Prozesse und Nahtstellen zur Klinik vor Aufnahme des Betriebes sowie eine durchdachte Funktions- und Flächenzuordnung. Letztlich gilt: Ökonomie, Prozesseffektivität und das Wohlbefinden der beteiligten Menschen werden nur durch eine strategisch geplante Betriebsorganisation erreicht, die sehr häufig eine räumliche Optimierung erforderlich macht.

Innerhalb des Klinikbetriebs dient die ZNA zu jeder Tageszeit als direkte Anlaufstelle für alle unangemeldeten Patienten und Notfälle. Aus gutem Grund findet allerdings die klinische Erstversorgung von pädiatrischen Notfällen oder Notfällen aus Spezialfächern an vielen Kliniken nicht in der ZNA, sondern direkt in der Fachabteilung statt. Dies schafft einen erweiterten Abstimmungsbedarf – auch in der (Mit-)Nutzung von diagnosti-schen Kapazitäten in diesen Fachgebieten.

Seit der Einführung von Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) oder Praxen im Krankenhaus ist die Gestaltung der Empfangssituation und Wegeführung eine Schlüsselfrage. Die Antworten darauf sind sehr unterschiedlich. Einige Kliniken setzen auf eine konsequente Trennung von Klinik- und Praxisstrukturen – es gibt getrennte Gebäude­eingänge oder sogar eine eigene Liegenschaft für die Praxis, die sich auf dem Klinikareal befindet. Lösun­gen mit einem gemeinsamen Empfangs- und Triagebereich sind jedoch insbesondere für die stark frequentierten Zeitintervalle sinnvoller und letztlich auch sicherer. Dieses Modell vermindert Fehlerrisiken und erhöht die Effizienz der Arbeitsprozesse sowie die Patientensicherheit. Nach der Aufnahme wird der Patient von geschultem Pflegepersonal

ersteingeschätzt: Ist er als „Praxis“-Patient eingeordnet, führt ihn eine eindeutige Beschilderung zum Praxisempfang und der dazugehörigen Wartezone. Es hat sich gezeigt, dass gemeinsame Wartezonen von Bereitschafts- oder Notfallpraxen und der Zentralen Notaufnahme nicht sinnvoll sind. Wichtiger noch als die Trennung der Wartezonen ist jedoch, dass sie vom Fachpersonal gut einsehbar sind. Die Wegeführung sowie die Wartezonennutzung müssen sorgfältig ge-plant werden. Schnittstellen existieren nicht nur mit dem stationären Betrieb, sondern insbesondere mit der Notaufnahme.

Bestand

Das Konzept der kurzen Wege innerhalb der Bereitschafts- oder Notfallpraxen im Krankenhaus lässt sich auch in Bestandsgebäuden umsetzen. Der Planungsaufwand ist dann allerdings um einiges größer. Die Zusammenarbeit mit den zuständigen Aufsichtsbehörden, die fehlende Erweiterungsmöglichkeit der Bausubstanz im innerstädtischen Bereich sowie der schlechte Zuschnitt von Altbauten und deren Wegeführung können die Umsetzung von neuen Konzepten stark erschweren.

Kurze Wege

Kurze Wege sind essentiell für die Patientensicherheit und einen ökonomischen Betrieb. Dies gilt besonders für die Zentrale Notaufnahme. Aber auch alle anderen Klinikbereiche profitieren von einer optimalen Raumplanung – sie ist unter Umständen lebensrettend und darüber hinaus auch ein entscheidender Faktor für die Wirtschaftlichkeit des Hauses. In einer zeitgemäßen Krankenhausplanung sind aus diesem Grund die innerbetrieblichen Abläufe immer wieder neu auf den Prüfstand zu stellen.

Healing Architecture: Genesen durch eine gute Umgebung

Krankenhäuser sind weit mehr als eine bauliche Hülle für klinische und pflegerische Prozesse. Vielmehr trägt das erlebte Umfeld wesentlich zum physischen und psychischen Wohlbefinden des Menschen bei und beeinflusst auch dessen Gesundheit. Mit der Studie von Roger S. Ulrich „View Through a Window May Influence Recovery from Surgery“ wurde bereits 1984 postuliert, dass ein Fens-terzimmer mit Aussicht ins Grüne die Heilung positiv beeinflussen kann. In Deutschland steckt die Healing Architecture zwar noch in den Anfängen – doch auch hierzulande wird immer deutlicher, dass diese Gesundheitsfaktoren im Design von Klinikgebäuden der Zukunft zunehmend eine bedeutende Rolle spielen: Healing Architecture und Evidence based Design – das bedeutet Krankenhäuser, in denen Faktoren wie Gerüche, Licht, Farben, Materialien und die Umgebung auf die Bedürfnisse der Nutzer ausgerichtet sind – mit dem Ziel eines besseren Wohlfühlerlebens und damit einer rascheren Genesung.

Optimierte Prozesse für die Zusammenlegung des Bispebjerg Hospitals

Im Zuge einer Strukturreform der Gesundheitsversorgung in Dänemark werden das Bispebjerg und das Frederiksberg Hospital auf dem Klinikcampus in Bispebjerg zusammengeführt, unter Einbeziehung des Psych­iatriezentrums Kopenhagen und der Kinder- und Jugendpsychiatrie Bispebjerg. Der Stand­ort Frederiksberg wird zunächst ver-kleinert und später geschlossen. Einige der Gebäudeeinheiten des Bispebjerg-Krankenhauses sollen erhalten und zusätzlich Neubauten geschaffen werden, die sich in die bestehende Struktur funktional einfügen.

In dem Komplex werden künftig eine Klinik für Somatik, Psychiatrie sowie Logistik- und Laborräume Platz finden. 1 100 Parkplätze, verteilt auf zwei Parkhäuser und Außenstellplätze gehören ebenfalls zu dem Areal.

Der Auftraggeber – die Hauptstadtregion Hovestaden – investiert ca. 530 Mio. € in das Vorhaben. Auf dem weitläufigen Klinikcampus in Bispebjerg entsteht bis 2025 ein wirtschaftliches Zentralklinikum. Im Fokus standen die Erarbeitung einer Soll-Raumstruktur und deren mögliche Umsetzung in die Bestandsgebäude samt einer funktionierenden Anbindung an die Neubauten.

Ziel war es, die Gebäudestruktur im Sinne einer gesundheitswirtschaftlichen Leis­tung optimal auf die erforderlichen Arbeitsschritte des Krankenhauspersonals und auf die Logistik auszurichten. In einem ersten Schritt erstellten die Experten aus den Leis­tungsdaten des Hospitals ein idealisiertes Raumprogramm, das sich in der Abstimmung mit den Beteiligten bestens bewährte. Hierzu wurden Räume über einen Zeitraum von zwei Wochen an fünf Tageszeiten begangen und dabei analysiert, wie viele Personen sich aus welchen Bereichen in den Räumen aufhielten. Zusätzlich wurden Nutzerinterviews durchgeführt und Frage­bögen ausgewertet. Dargestellt wurden die gesammelten Informationen in Form von Visualisierungen, die den jeweiligen Raum und Fachbereich mit seiner durchschnittlichen Auslastung über den Tag aufzeigten. So ergab sich ein Überblick über die momentanen Nutzungsschwerpunkte auf dem gesamten Klinikgelände samt der noch hinzukommen­den Bereiche aus dem Frederiksberg Hospital und der Psychiatrie, der eine fundierte Basis für eventuelle Zusammenlegungen der Fachbereiche bot.

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