Primus mit PlusenergieGrundschule Niederheide, Hohen Neuendorf
Der Schulneubau im Berliner Speckgürtel gilt als Leuchtturmprojekt der Förderinitiative „Energieeffiziente Schulen“. Mit dem integrierten, architektonisch-technischen Konzept von IBUS Architekten und Ingenieure konnten die Lebenszykluskosten und der Energiebedarf des Gebäudes drastisch reduziert werden.
Bei dem Entwurf der ersten Plusenergie-Grundschule Deutschlands setzten die Architekten auf einen Planungsansatz, der alle funktionalen, energetischen und technischen Gesichtspunkte als Teil der Architektur begreift. Die Gebäudestruktur ist aus den funktionalen Anforderungen abgeleitet und baulich so optimiert, dass die Gebäudetechnik auf ein Minimum verschlankt werden konnte. Gleichzeitig wurde eine Formensprache der Gestaltung entwickelt, die erkennbar und eigenständig ist.
Das Gebäude ist im Passivhausstandard errichtet und stellt viel Speichermasse für die freie Kühlung zur Verfügung. Tageslicht- und Lüftungskonzept bieten gutes Licht und frische Luft bei geringem Energieverbrauch. Die nachhaltige Energieerzeugung aus erneuerbaren Energien sorgt dafür, dass die Schule mehr Energie erzeugt, als sie verbraucht. Das mit Pellets betriebene Blockheizkraftwerk produziert Heizwärme und elektrische Energie. Zusammen mit den Solargewinnen aus der Photovoltaikanlage wird so der Primärenergiebedarf der CO2-neutralen Schule vollständig kompensiert und darüber hinaus ein Überschuss erreicht. Die Photovoltaikmodule wurden in das Gestaltungskonzept integriert und mit den Lüftungsinstallationen auf dem Dach kombiniert. Ihre auf maximalen Energiegewinn optimierte Ausrichtung war ausschlaggebend für die Ausbildung der Dachform.
Das 2-geschossige Gebäude bietet auf 7 400 m² Platz für eine 3-zügige Grundschule mit 18 Klassenräumen, 6 Fachkabinetten, Verwaltungs- und Lehrerbereich, Aula/Mensa mit Küche sowie einer 3-fach Sporthalle. Die drei in Kammstruktur organisierten Gebäudeflügel für die Klassenzimmer sowie die Sporthalle werden über eine gemeinsame Schulstraße erschlossen. Die Aula dient gleichzeitig als Mensa und Veranstaltungsraum. Die Sporthalle hat einen eigenen Zugang und wird auch für Vereinssport genutzt.
Für die Klassenräume wurde in Zusammenarbeit mit der Schule die pädagogische Konzeption von „Heimatbereichen“ entwickelt und räumlich umgesetzt. Damit sind überschaubare Zonen mit Klassenzimmer, Gruppenräumen, Garderobe, WCs und Flurnischen gemeint, die jeder Klasse ihre eigene Heimat geben. Die Klassenzimmer sind nach Süden ausgerichtet, die einbündige Struktur erlaubt eine ausreichende Tageslichtversorgung von beiden Seiten. Um eine gute Belichtungsqualität bei gleichzeitig hoher Tageslichtautonomie zu erreichen, wurde ein mehrschichtiges Konzept zur Vermeidung von unerwünschten thermischen Belastungen und Blendwirkungen entwickelt. Feststehender Sonnenschutz wird von Vertikalmarkisen unterstützt, die auch tiefstehende Sonnenstände kontrollieren können. Dadurch ist auch bei Vollverschattung immer ein Blick ins Freie gegeben. Die Oberlichter sind im Erdgeschoss mit lichtlenkenden Lamellen im Scheibenzwischenraum, im Obergeschoss mit einer lichtstreuenden Nanogel-Verglasung versehen. In der Mensa wurden elektrochrome, selbstverschattende Gläser eingesetzt, die sich selbstständig dem Sonnenstand anpassen. Auf diese Weise ist in allen Schulräumen für eine gleichmäßige Tageslichtausbeute ohne Blendwirkung gesorgt. Gleichzeitig wird der solare Wärmeeintrag im Sommer und die daraus resultierenden Kühllasten minimiert. Präsenzmelder und Lichtsensoren steuern die Beleuchtung. Der über die Raumtiefe abnehmende Tageslichtanteil kann so mit geringem Lichteinsatz kompensiert und die Beleuchtungsstärke im gesamten Raum ständig auf gleichem Niveau gehalten werden.
Gute Luft mit einem hohen Frischluftanteil ist wichtig für die Konzentrationsfähigkeit der Schüler. In einem speziell für diese Schule entwickelten hybriden Lüftungskonzept für die Heimatbereiche wurden natürliche und maschinelle Lüftungsmaßnahmen verknüpft. Raumhohe Drehflügel werden in den Pausenzeiten automatisch für eine Stoßlüftung geöffnet. Die Fensterflügel sind so schmal, dass sie für kein Kind gefährlich werden können. Im Sommer sorgen die geöffneten Flügel für eine Nachtauskühlung ohne Aufwendung von elektrischer Kühlenergie. Zusätzlich verfügt jeder Raum über ein manuell zu öffnendes Fenster. Die für das WC ohnehin schon vorhandene mechanische Abluft wird mit dem Zuluftsystem gekoppelt, sodass die eingebrachte Luft mehrfach genutzt werden kann. Dadurch wird eine dauerhafte Durchspülung des gesamten Heimatbereiches mit frischer Luft erreicht. Durch die Kombination der beiden Lüftungsarten kann der CO2-Anstieg der Raumluft wirkungsvoll verlangsamt und zudem in den Pausen auf Außenluftniveau zurückgesetzt werden.
Im Rahmen des Forschungsschwerpunkts Energieoptimiertes Bauen des BMWi wird die Schule einem mehrjährigen Monitoring unterzogen. Die Nutzerakzeptanz wird ebenfalls untersucht. Im September 2012 wurde der „Neubau der Plusenergie-Grundschule Niederheide in Hohen Neuendorf“ mit dem Label „Good Practice Energieeffizienz“ der Deutschen Energie-Agentur (dena) in der Kategorie „Gebäudebezogene Projekte“ ausgezeichnet. Das Label vergibt die dena für Aktivitäten und Projekte, die zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Reduzierung des Endenergieverbrauchs und damit zum Klimaschutz beitragen.