Qualität im Carré
e% Wohnungsbau, Ansbach

Innen unverkleidete Massivholzdecken, geöltes Eichenparkett, außen schlichte, schöne Fassaden aus heimischer Weißtanne: Die von Deppisch Architekten geplante Wohnanlage im fränkischen Ansbach erinnert mehr an gehobenes Wohnen denn an sozialen Wohnungsbau. Für Baukosten unter 1 400 €/m² Wohnfläche entstanden zwei hochwertige, energieeffiziente Holzriegel, die durch einen quadratischen Gemeinschaftshof verbunden sind. Dass der Plan aufging, ist auch das Ergebnis der integralen Zusammenarbeit von Architekten und Holzbaufirma.

Architekt Michael Deppisch mag Holzbaustellen: „Holz riecht gut, es gibt keine Beschädigungen an den Wänden, keine Feuchteflecken, Nässe oder Kälte wie bei Betonbauten. Die Oberflächen sind oft schon bei der Montage fertig.“ Holz setze jedoch einen enormen Planungsaufwand voraus, sagt Deppisch, dessen Büro seit fast 20 Jahren Holzbauten entwirft: „Wände nachträglich aufzuschlitzen, wie bei Mauerwerk oder Beton, ist unmöglich. Jedes Detail muss geplant sein.“

Bei der 2013 eröffneten Wohnanlage im mittelfränkischen Ansbach kam noch eine weitere Hürde auf die Architekten zu: die streng gedeckelten Baukosten. Der Neubau wurde im Rahmen des Förderprogramms „e% – energieeffizienter Wohnungsbau“ bezuschusst: Um vom Land ein günstiges Darlehen in Höhe von 50 % der Bausumme zu erhalten, musste der Bauherr, das kirchliche Wohnungsunternehmen Joseph-Stiftung, die Baukosten unter 1 400 €/m² für Bauwerk und Technische Anlagen halten. Die Kostengrenze ermöglicht niedrige Mieten und schafft damit Wohnraum für alle – Junge, Alte, Singles, Paare, Familien, Menschen mit und ohne Behinderung.

Aber ist mit einem so niedrigen Budget auch hohe Ausführungsqualität möglich?
Der Wohnkomplex in Ansbach zeigt, dass es geht – wenn holzbauerfahrene Architekten und Handwerker eng zusammenarbeiten.

Innenhof als Ort der Begegnung

2009 gewannen Deppisch Architekten den europaweit ausgeschriebenen, offenen Wettbewerb für die Wohnanlage. Der Neubau mit 37 Wohnungen ersetzt drei 1960er-Jahre-Bauten, deren Modernisierung unwirtschaftlich gewesen wäre. Die beiden Holzriegel, drei bzw. vier Geschosse hoch, stehen in einer Siedlung am Stadtrand. „Ein heterogenes Umfeld, auf das wir mit einem vierseitig geschlossenen Gemeinschaftshof reagiert haben“, sagt Michael Deppisch. Eingeschossige Flachbauten aus Sichtbeton schirmen den Innenhof von der Straße ab, nehmen Fahrradständer, Müllcontainer, Heizungs-, Elektro- sowie Lagerräume auf. Abstell-, Wasch- und Trocken-
räume platzierten die Architekten hofseitig im Erdgeschoss der Wohnriegel neben den Eingängen.

„Alle öffentlichen Nutzungen liegen zum Hof. So entsteht ein Ort der Begegnung“, sagt Deppisch. In dem geschützten Carré spenden Robinien lichten Schatten über fränkischem Sandasphalt, Betonringe dienen als Sitzbänke.

Die acht Wohnungstypen reichen von der Zwei-Zimmer- bis zur Vier-Zimmer-Wohnung. Alle Wohnung werden zweiseitig belichtet und haben einen offenen Wohn-/Essraum mit integrierter Küche. Durchlaufende Balkone an beiden Längsseiten erlauben den Blick in den Innenhof und die Umgebung.

Die Treppenhäuser sind als Dreispänner organisiert. Haushohe Lichtschächte filtern Tageslicht herab und ermöglichen den nachträglichen Einbau von Aufzügen zur barrierefreien Erschließung.

Energiesparen durch Kompaktheit

Die Wohnanlage erfüllt den KfW-Effizienzhaus-Standard 40. „Wir erreichen das durch eine hochwärmegedämmte Gebäudehülle und ein sehr kompaktes Volumen mit 16 m tiefen Grundrissen. So entsteht ein günstiges Verhältnis von Hüllfläche zu Volumen und wir sparen teure Fassadenfläche“, sagt Projektleiter Johannes Dantele. Damit trotz der tiefen Grundrisse genug Licht in die Wohnungen dringt, verzichteten die Architekten auf Fenster- und Türstürze und führten die Laibungen in Fichtenholz Natur farblos lasiert aus. Ein Fenster aus Mattglas filtert zusätzlich indirektes Licht aus dem Treppenhaus hinein.

Raumwärme und Warmwasser liefert ein Pelletkessel, den Strom eine 600 m2 große Photovoltaikanlage auf dem Dach. Die Lüftung funktioniert auch ohne Wärmerückgewinnung: Die Zuluft strömt über Nachstromöffnungen in den Fenstern ein, die Abluft wird über die Bäder zentral abgesaugt.

Neben der Energieeffizienz achteten die Planer auf langlebige, natürliche Baustoffe. Ihr Wettbewerbsentwurf sah einen reinen Holzbau vor. Anfangs zweifelte der Bauherr, ob sich die Anforderungen an Brandschutz, Statik und Baukosten mit Holz realisieren lassen. Doch die
Architekten überzeugten ihn: Tragwerk und Fassade bestehen fast vollständig aus Holz. Einzig die Bodenplatte sowie Sockel und Nebengebäude sind aus Stahlbeton. Die Außenwände der Wohnriegel tragen 60 x 280 mm dicke Holzständer aus Konstruktionsvollholz, deren Zwischenräume mit Mineralwolle verfüllt und die beidseitig mit OSB-Platten beplankt wurden.

Tragende Innenwände, Decken und Dachtragwerk sind aus unbehandeltem Fichten-Brettsperrholz. Während die Wände mit Gipskarton beplankt und weiß gestrichen wurden, blieben die Holzdecken
in den Wohnungen unverkleidet. Die Böden schmückt geöltes Eichenholzparkett, Türen und Fenster sind aus farblos lasierter Fichte. „Selbst die Treppenhäuser als aussteifende Kerne bestehen aus Holz“, sagt Dantele.

Rohbau in Rekordzeit

Montage und Vorfertigung der Holzbauteile liefen zum Teil parallel. „Wir hatten pro Geschoss nur eine Woche Bauzeit, das bedingt eine extrem gute Vorplanung“, sagt Reinhold Müller, Geschäftsführer der müllerblaustein Holzbauwerke. In der Hochphase zeichneten bis zu vier Konstrukteure an den CAD-Plänen für den Abbund, während zwei Kolonnen zeitgleich auf der Baustelle montierten. „Zum Glück hatten wir mit Deppisch Architekten ein holzbauaffines Büro als Partner,
das weiß, was an der Vorfertigung hängt. Besonders bei öffentlichen
Aufträgen ist das extrem wichtig. Fehlt diese Erfahrung, werden Ausschreibungen gemacht, ohne dass die Statik fertig ist, oder sind Details unüberlegt. Und am Ende laufen die Kosten aus dem Ruder.“

Für die Fassade montierte die Holzbaufirma eine horizontale Schalung aus heimischer Weißtanne. „Dieses Holz ist sehr astarm, es quillt und schwindet nur minimal“, sagt Reinhold Müller. Um Verfärbungen durch unterschiedlich starke Sonneneinstrahlung ent-
gegenzuwirken, wurde das Holz mit einer
Öl-Lasur vorpatiniert. „Dadurch nimmt es
bereits seinen endgültigen Grauton an und muss frühestens nach zehn Jahren wieder gestrichen werden.“

Brandschutz trotz offener Holzdecken

Äußerlich sehen die beiden dunkelgrauen Holzriegel nahezu identisch aus, konstruktiv gibt es jedoch Unterschiede: Da viergeschossige Holzbauten in Bayern in eine andere Brandschutzklasse fallen, mussten die Außenwände des Viergeschossers innen wie außen zusätzlich mit 2 x 36 mm Gipskartonplatten hochfeuerhemmend beplankt werden. Der eingeschossige, nicht brennbare Betonsockel war ebenfalls ein Zugeständnis an den Brandschutz, da die Bayerische Bauordnung ab vier Geschossen schwer entflammbare Fassaden vorschreibt.

„Auch unverkleidete Holzdecken sind eigentlich nicht erlaubt, aber wir haben in Absprache mit den Behörden zur Kompensation vernetzte Rauchmelder in jeder Wohnung montieren lassen“, sagt Johannes Dantele. Der Bauherr befürchtete zunächst, dass die Holzdecken eingeritzt oder mit Farbe bespritzt werden könnten. Aber sie sehen zwei Jahre nach dem Einzug noch immer aus wie neu. Architekt Michael Deppisch kennt den Grund: „Die Leute identifizieren sich mit dem Gebäude. Was einem gefällt, dem schadet man nicht.“ Michael Brüggemann, Mainz

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