raumlabor und die Floating University
2018 wurde die Floating University Berlin von raumlabor als temporäres innerstädtisches Labor und kollektiver Lernort für transdisziplinären Austausch initiiert. Ein Interview mit Markus Bader und Benjamin Foerster-Baldenius von raumlabor.
Hier gibt es den Podcast dazu:
Was ist Raumlabor für Euch?
Markus: Raumlabor sind zwischen 20 und 30 Leute, die sich für Architektur und die Überlappungsfelder begeistern. Und alles andere machen außer dauerhafte Häuser bauen. Der Unterschied zu herkömmlichen Architekturbüros ist, dass für uns Architektur nicht beim Objekt aufhört und als physische Hardware entsteht. Wir sind zum einen oft beteiligt, die Entwürfe selber zu bauen. Wir agieren zudem in den Räumen, nachdem wir Sie erschaffen haben. Wenn wir im öffentlichen Raum agieren, kommen viele Menschen vorbei und fragen, was macht ihr denn? Und das ist dieser Moment, wo Stadt gerade im Entstehen ist. Und zwar auf beiden Ebenen: auf der Objektebene und dann auch auf der zwischenmenschlichen.
Ihr macht die Stadt in meinen Augen ein wenig lebenswerter und arbeitet viel im öffentlichen Raum. Die Floating University und das Vorzeigequartier der Berliner Stadtentwicklung – das Haus für Statistik – sind zwei Projekte von euch. Beginnen wir mit der Floating University…
Benjamin: Der Ort ist das Regenwasserrückhaltebecken neben dem Tempelhofer Feld, am Columbiadamm, umgeben von einer Schrebergartensiedlung. Wir haben 2018 angefangen, die Türen aufzumachen und eine Struktur erbaut mit Stegen und Dächern, die wir dann gefüllt haben mit akademischen und semiakademischen Workshopprogrammen, mit KünstlerInnen, mit der Nachbarschaft, mit anderen Institutionen. Vor allem auch mit vielen anderen Universitäten und Studierenden. Der Ort liegt 8 m unterhalb der Stadt, ist sumpfig-matschig, manchmal mit Wasser, manchmal ohne. Umringt von Schilf; und man vergisst, dass man mitten in der Stadt Berlin ist. Also ein wunderbarer Ort des Rückzugs, um über Aspekte der Stadt nachzudenken. Die Frage in Berlin ist, wo können wir noch solche Flächen finden, die eine „Untergenutztheit“ haben oder die noch nicht so zu Ende definiert sind. Wo sind die Orte, die noch nicht kommerziell gedacht werden, sondern die noch neben den Investitionsinteressen existieren.
Und diese Konstruktionen, die ihr dort aufbaut, müsst ihr jedes Jahr wieder abbauen?
Benjamin: Genau. Wir müssen, denn wir befinden uns im baurechtlichen Außenbereich und bekommen keine permanente Baugenehmigung. Mitten in der Stadt, direkt neben einer der größten Berliner Freiflächen, sind wir einem großen Immobilienverwertungsdruck ausgesetzt. Wir planen das Gelände aber jedes Jahr neu, um rauszufinden, was das Richtige für diesen Ort ist. Der letzte Auf- und Abbau war eine Kombination aus dem Raumlaborteam und Freiwilligen, die über einen Internetpost dazukamen.
Können diese spielerischen Experimente und Vernetzungsmöglichkeiten im städtischen Raum, so wie ihr sie initiiert, in weiterführende Prozesse überführt werden?
Markus: Was es auf jeden Fall ermöglicht hat, ist die Kombination von Floating University und Making Future. Making Future ist ein Projekt, das zeitversetzt gestartet ist zur Floating University und untersucht – aus einer
Bildungsperspektive – wie Architekturpraxis und Architekturausbildung in der Zukunft aussehen kann, wenn wir uns den Themen Ressourcen und Konnektivität oder Gemeinschaft verstärkt widmen. Mit dieser Perspektive haben wir uns aus dem Making Future Projekt mit der Floating University zusammengetan und haben im ersten Jahr 2018 die Floating als Veranstaltungsort eingesetzt. Letztes Jahr war der Austragungsort der Making Future School das Haus der Statistik.
Ich glaube, viele Menschen wünschen sich nicht die Stadt primär als Produkt, das über Geld geregelt wird, sondern, die Stadt als einen gemeinsamen Freiraum, den wir alle gemeinsam nutzen, formen und entwickeln können. Die Teilhabe an dieser Stadtproduktion und dem „Stadt machen“ hängt nicht davon ab, ob du reich oder arm, gebildet oder nicht gebildet bist, sondern davon, dass jeder mitmachen kann. Die Frage ist, wie könnte Stadt auch anders organisiert sein oder wie könnten Zugänge zu Räumen anders gestaltet sein? Das heißt, wir diskutieren immer über die uneingeschränkte Zugänglichkeiten unserer Projekte, also die Floating University zum Beispiel und die Making Future School, das sind beides Projekte, die keinen Eintritt kosten.
Räume zu schaffen, die nicht die Segregation unterstützen, sondern als „sozialer Katalysator“ dienen?
Benjamin: Genau. Die Latte möglichst tief legen, weil das „Stadt machen“ nicht irgendetwas ist für Spezialisten und Experten, wie ausgebildeten ArchitektInnen und Behörden und StatikerInnen und RechtsanwältInnen, sondern etwas, wo jeder mit seiner Alltagsexpertise mitgestalten kann.
Markus: Jemand hat gesagt, was wir machen sind Mikroutopien. Wir gehen in Orte hinein, interessieren uns für die Frage, was haben diese Orte für Eigenschaften? Welche Menschen fühlen sich mit diesem Ort verbunden, was haben diese für Interessen? Was auch auf der Idee basiert, dass Raum – wie Levebvre gesagt hat – Raum ein Produkt des sozialen Handelns ist. Erstmal für ArchitektInnen eine schwierige Vorstellung, dass wir Raum gemeinsam sozial produzieren und dass Raum nicht primär aus Beton und Ziegeln besteht oder eben festen Materialien. Wie können wir dieses gemeinwohl-orientierte, dieses gemeinsame Wesen, wie kann man das spürbar machen, wie können wir das wiederentdecken?