Stadt von Unten – Kooperation für eine sozial
gerechte Stadtentwicklung
Wie sich die Beteiligung der Bevölkerung an städtebaulichen Planungsvorhaben etablieren lässt, wird derzeit an mehreren Standorten in Berlin ausgehandelt. Neben dem Modelprojekt Haus der Statistik ist ein weiteres Projekt mit 4,7 Hektar das Sanierungsgebiet „Rathausblock Kreuzberg“ mit dem sogenannten Dragoner Areal am Mehringdamm in Berlin. Das Modellprojekt der Berliner Stadtentwicklung soll in den nächsten Jahren sozialverträglich und mit Beteiligung der Bevölkerung entwickelt werden.
Die Auseinandersetzungen um das Dragonerareal im Rathausblock in Friedrichshain- Kreuzberg hat bundesweit Aufmerksamkeit erregt: Es sollte ursprünglich an den Höchstbietenden Investor verkauft werden. Doch setzen sich hier unterschiedliche zivilgesellschaftliche Initiativen gegen die Privatisierung des ehemaligen, großen Kasernengeländes und für dessen gemeinwohlorientierte und nachhaltige Entwicklung ein. Mit ihren Forderungen nach
– einer 100% bezahlbaren Wohn- und Gewerbeeinheiten,
– dem Erhalt der bisherigen kleinteiligen Gewerbestruktur,
– der Vergabe von Grundstücken in Erbbaurecht an verschiedene kommunale und gemeinschaftliche Träger
– der Einrichtung eines Geschichtsorts zur Erinnerung an das militärische und revolutionäre Erbe des Geländes
waren sie erfolgreich.
In einer Kooperationsvereinbarung zwischen den Initiativen, organisiert im Vernetzungstreffen Rathausblock, gewählten VertreterInnen aus dem Beteiligungsverfahren, dem Bezirk Friedrichshain- Kreuzberg, der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, dem Berliner Immobilienmanagement (BIM) als Verwalter und dem landeseigenen Wohnungsunternehmen WBM wird eine Entwicklung des Geländes in diesem Sinne festgeschrieben.
Die Einbeziehung der organisierten Zivilgesellschaft und stadtpolitischer Initiativen in die Zukunftsplanung für dieses Gebiet ist außerordentlich hoch. Das liegt darin begründet, dass ohne das jahrelange Engagement der Initiativen das Gelände längst privatisiert wäre und die Beteiligung hier andersherum verlief: nicht die Stadtverwaltung hat BürgerInnen aufgefordert sich zu beteiligen, sondern die Stadtgesellschaft hat die Stadtverwaltung dazu gebracht sich für eine sozial gerechte Stadtentwicklung einzusetzen. In den unterschiedlichen Initiativen sind Menschen aus der Nachbarschaft genauso organisiert, wie stadtpolitische AktivistInnen; die von der Entwicklung direkt betroffenen aktuell ansässigen Gewerbetreibenden genauso wie Wohngruppen, die in Zukunft ihre Ideen eines gemeinschaftlichen, solidarischen Zusammenlebens verwirklicht sehen wollen und nicht zuletzt Arbeitskreise, die sich für eine ökologische und klimaresiliente Entwicklung einsetzen. Dabei bringen alle verschiedene Erfahrungen und Wissen ein: Was lief bisher schief in der Berliner Wohnungspolitik und muss daher anders gemacht werden? Welche sozialen und kulturellen Einrichtungen fehlen in der Nachbarschaft bisher? Wie kann auf einem ehemaligen Kasernengelände bereits in der Entwicklungsphase ein sozialer Ort entstehen, der von Nachbarschaft und Stadtgesellschaft genutzt und angeeignet wird? Mit zahlreichen Aktionen von Demonstrationen bis Nachbarschaftsfesten haben wir von der Politik und der Nachbarschaft viel Aufmerksamkeit erhalten.
Durch die Entwicklung eines konkreten Modells einer alternativen Stadtentwicklung – und Planung, die Wohn- und Gewerberaum für all diejenigen schafft, die aus der Stadt verdrängt werden ist es den Initiativen des Vernetzungstreffens in den letzten 10 Jahren gelungen ein Stückchen Stadt zu sichern um hier eine gemeinwohlorientierte und diverse Entwicklung auszutesten. Und der Einsatz lohnt sich, denn es geht um mehr: Nicht nur um ein Gelände in einem Stadtteil in einer Stadt, sondern darum eine andere, soziale Stadt vorstell- und lebbar zu machen – mit Beteiligung der Stadtgesellschaft.
Vernetzungstreffen Rathausblock
Einen Ausführlichen Bericht zum städtebaulichen Werkstattverfahren
können Sie in der DBZ 04|2020 ab S.14 nachlesen.