Stromlinienförmig
Geh- und Radweg-
brücke über die Altmühl in Eichstätt
brücke über die Altmühl in Eichstätt
Auch kleine Brückenbauwerke müssen zum Teil höchsten Anforderungen entsprechen. Da die Altmühl in regelmäßigen Abständen über ihre Ufer tritt, mussten Form, Material und Konstruktion der Brücke in Eichstätt hochwasserresistent sein.
Das Altmühltal beginnt mit der Altmühlquelle an der Frankenhöhe nordwestlich von Leutershausen und endet in Kelheim an der Donau bei Regensburg. Ein Stück fließt die Altmühl durch den Landkreis Eichstätt im Regierungsbezirk Oberbayern. Das idyllische Tal ist ein beliebtes Urlaubsziel. Gerade für Radfahrer und Wanderer.
Die Herausforderungen beim Entwurf der Geh- und Radwegbrücke in Eichstätt lagen in der städtebaulichen Einpassung, der Barrierefreiheit und darin, eine freie Durchfahrt für Boote zu gewährleisten. Die größte Aufgabe bestand allerdings in der geforderten Hochwasserresistenz. Bei der Planung musste damit umgegangen werden, dass im Falle eines HHW100 Brücke und Vorgelände überflutet werden.
Ingenieur Johann Grad entwickelte für all diese Parameter die entsprechende Konstruktion. Für die gestalterischen Aspekte – so war es in der Ausschreibung der Stadt vorgegeben – wurde ein Architekt hinzugezogen: Christian Vogel.
Fischbauch gegen Hochwasser
Stützenfrei überspannt die Brücke mit einer Gesamtlänge von 35 m in einem eleganten Schwung den Fluss. Sie erfüllt sämtliche Anforderungen, die vorab gestellt wurden. Beispielsweise konnte die Steigung unter sechs Prozent gedrückt werden, was die Überquerung für Rollstuhlfahrer passierbar macht. Die Brückenform resultiert aus der Überlegung, den Strömungswiderstand zu reduzieren und ein filigranes, minimalistisches und modernes Erscheinungsbild zu schaffen.
„Wie ein Surfbrett“, so Grad, verhält sich der Baukörper bei Hochwasser. Dafür sorgt die fischbauchförmige Gestaltung. So bleiben Bäume, Äste und anderes Treibgut, das ein Hochwasser mit sich führt, nicht hängen. Auch im Bereich der Widerlager mit der höheren Voute entsteht aufgrund des Dreieckskörpers eine schräge Fläche, die die Strömungskräfte in Richtung Flussmitte ableitet.
Im Fall „Hochwasser“ lässt sich das Geländer schnell demontieren. Es besteht aus zwei Meter langen Segmenten und kann von zwei Mann in drei bis vier Stunden abgebaut werden.
Die geringe statische Höhe der Brücke in Flussmitte (h = 30 cm, ca. 1/93) machte es möglich - unter Einhaltung der vorgegebenen Durchflusshöhen, dass die Brückenenden etwa in Höhe der vorhandenen Wege anlanden. Am Übergang zu den Ufern waren daher nur geringfügige Anpassungen notwendig und Längsrampen konnten entfallen.
System und Konstruktion
Der stromlinienförmige Baukörper besteht aus einer ca. 40 t schweren Rahmenkonstruktion, die für eine Stützweite von 35 m mit einer Bauhöhe von nur 30 cm in Feldmitte und 90 cm an den Widerlagern sehr schlank ist. Der luftdicht verschweißte, 3,50 m breite, einzellige Kastenquerschnitt ist trotzdem torsionssteif und dafür geeignet, den bei Hochwasser unplanmäßigen Horizontalbelastungen, beispielsweise in Form von Treibgut, sicher standzuhalten.
Die tragende Konstruktion besteht aus einem beidseitig eingespannten Körper aus Stahl mit sieben Längsrippen und Querrippen im Raster von zwei Metern. Die Horizontal- und Torsionskräfte aus einseitiger Belastung sowie die Kräfte aus Hochwasser mit Treibgut werden über das ebenfalls strömungsgünstige dreiecksförmige Betonfundament in zwei Ringfundamente eingeleitet.
Der Stahlkörper liegt am inneren Auflager punktförmig auf einem Stahlträger, der die Ausmittigkeit in den inneren Brunnen einträgt und zugleich die beiden Ringfundamente koppelt. Die äußeren Ringfundamente übernehmen die Zugkräfte (abhebend) und gewährleisten so die beidseitige Endeinspannung, die wiederum den schlanken Brückenkörper in Feldmitte ermöglicht.
Nachhaltig wirtschaftlich
Die Brücke wurde in allen Details an ihre Lage im Überschwemmungsgebiet der Altmühl angepasst. Der Stahlkörper einschließlich des erforderlichen Korrosionsschutzes – der Baukörper ist zu 100 % spritzverzinkt und beschichtet (Duplexverfahren) – wurde vollständig im Werk gefertigt und konnte in einem Stück montiert werden. Dementsprechend besitzt die Brücke eine hohe Fertigungsqualität. Gleichzeitig konnte ein wirtschaftliches Bauverfahren ohne Lehrgerüst und Hilfsabstützungen realisiert werden. Auch bei der Herstellung der Widerlager gelang durch die Verwendung von Unterwasserbeton eine wirtschaftliche Lösung ohne größeren Baugrubenverbau im Bereich der sensiblen Uferböschung.
Die Überprüfung und Wartung der Brückenkonstruktion ist äußerst einfach, da alle Bereiche gut einsehbar und nur glatte Flächen vorhanden sind. Als Belag ist eine rutschfeste Asphaltierung ausgeführt. Er verspricht eine ganzjährige, unproblematische Nutzung.
Die Geh- und Radwegbrücke in Eichstätt wurde für den Deutschen Brückenbaupreis 2010 nominiert. Planer/SG