Studie für nachhaltigen Supermarkt
75 % geringerer Energieverbrauch

Im Rahmen seines EcoCommercial Building Programms hat Bayer MaterialScience mit dem Architekturbüro Planquadrat eine Studie für einen nachhaltigen Supermarkt in Deutschland erstellt. Auf der Basis einer intelligenten Kombination moderner Materialien und Technologien kann für das Einzelhandelsgebäude mit einer Nutzfläche von 3 500 m² ein energetisches Einsparpotential von 60 000 €/a erreicht werden – das ergab die Gebäudesimulation im Vergleich zu einem konventionell gebauten Supermarkt. Die Energiekosten sinken demnach von 23 €/m²a auf nur noch 6 €/m²a. Unter ökologischem Gesichtspunkt zählt vor allem die Reduktion des CO2-, NO2- und SO2-Ausstoßes um mehr als die Hälfte. Damit wäre der Supermarkt auch bestens gerüstet für das Gold-Zertifikat der DGNB.

Maßgeblich für die Realisation eines rundum nachhaltigen Supermarkts ist ein integraler Planungsprozess und zwar von Beginn an. Planungsexperten müssen ebenso einbezogen werden wie die Nutzer und Eigentümer sowie Experten auf Produktebene. Nur so lässt sich die optimale Kombination von Gebäudestruktur und Architektur, Konstruk-tion und Materialien finden. Computer­simulationen und Analysen geben Aufschluss über den künftigen Energieverbrauch sowie Betriebskosten. Dies leistet das von Bayer MaterialScience ins Leben gerufene Eco Commercial Building Programm (ECB): Die Produkt- und Planungsexperten von mehr als 50 Partnern des ECB verknüpfen ihr Know-how für eine ganzheitliche Planung und unterstützen damit Entwickler, Investoren und Planer beim Bau nachhaltiger Gebäude.

Als Referenzgebäude für die Studie des EcoCommercial Building Programms diente ein Supermarkt mit einem Gesamt-Jahres-energieverbrauch von rund 198 KWh/m². Der nachhaltige Supermarkt erzielt im Vergleich mit 107 kWh/m² einen deutlich niedrigeren Jahresenergieverbrauch. Grund der optimalen Energiebilanz des Einzelhandelsgebäudes ist das durchdachte Gebäudekonzept – eine intelligente Kombination von Entwurf, Planung und innovativen Materialien.

Photovoltaikfassade

Der Supermarkt erhebt sich wie ein Hügel aus der Landschaft. Der Eingang öffnet sich gen Süden und die Front wird komplett von einer Photovoltaikfassade genutzt. Der im Eingangsbereich vorgelagerte Wassergürtel reflektiert Sonnenlicht und erhöht damit die Effizienz der Photovoltaik-Front. Entscheidend für den Wirkungsgrad der Photovoltaik-Anlage sind die Ausrichtung und die Neigung der Aufstellflächen. Hohe Energieerträge werden erzielt mit einer zur horizontalen, nach Süden geneigten Fläche von ca. 30°. Bei der Integration von PV-Modulen in die Gebäudefassade ist dieser Neigungswinkel jedoch aus architektonischen Gründen häufig nicht möglich. Gebäudefassaden sind in der Regel mit ihrer 90°-Neigung nicht optimal ausgerichtet. Als beste Lösung für Architektur und Gebäudetechnik stellte sich in der Supermarktstudie ein 60°-Winkel heraus. Damit erzielt die PV-Fassade einen Jahresmittelwert der Sonneneinstrahlung von 135 W/m².

Die Solarmodule sind in eine Leichtbau-Kunststoffverscheibung aus Polycarbonat integriert. Damit ist zugleich für die notwendige Beschattung im Inneren gesorgt. Da Poly­carbonat etwa 10-mal leichter ist als Glas, kann es auch ohne schweres Gerät verarbeitet werden. Zudem wird bis zu 30 % weniger Stahl für die Unterkonstruktion benötigt. Das begrünte Dach macht das Thema Nachhaltigkeit weithin sichtbar. Zugleich trägt es zur Klimatisierung des Innenraums und zum Rückhalt von Regenwasser bei. Die Dichtigkeit des Gründachs gewährleisten Systemlösungen auf Basis verschweißter Kunststoffbahnen.

Effizientes Beleuchtungskonzept durch Tageslichtoptimierung

Die frühe Abstimmung zwischen Architektur und Gebäudetechnik ermöglichte die Entwick­lung eines energieeffizienten Beleuchtungskonzepts, das die Nutzung von Tageslicht mit einschließt: Die Dachfenster des Supermarktes sind nach Norden ausgerichtet und reduzieren die Kühllast enorm. Gleich­zeitig gelangt Tages­licht ins Gebäude und senkt den Energiebedarf für Beleuchtung um bis zu 25 %. Der optimale Neigungswinkel der Shedflächen für den Sonneneintrag wurde mit Hilfe einer Simulation ermittelt und beträgt 57°. Ein Winkel von 90° wäre zwar für geringere Wärmeeinträge technisch optimal, ist jedoch architektonisch nicht ansprechend. Der gestalterisch optimale Winkel von 27° sorgt dagegen für einen deutlichen Anstieg der Wärmeeinträge und ist energetisch nicht sinnvoll.

Für die Verscheibung der Dachfenster kommen mit Nanogel gefüllte Polycarbonat-Multisteg-Platten zum Einsatz. Sie kombin­ie­ren Bruchsicherheit mit geringen Gewicht, hoher Transparenz und hervorragen­den Dämmeigenschaften: Die eingesetzte Verscheibung Makrolon® Ambient S2S-25 hat einen Wärmedurchgangskoeffizient von 1,0  W/m²K und entspricht damit in etwa den Werten einer horizontalen Dreischeiben-Verglasung. Dabei weisen die Polycarbonat-Platten jedoch mit ca. 7 kg/m² ein deutlich geringeres Gewicht auf – die Dreischeiben-Verglasung wiegt im Durchschnitt ca. 35 kg/m². Dies ermöglicht eine leichtere Kons­truktion mit weniger Befestigungselementen und Verstrebungen. Die Rückenflächen der Dachfenster lassen sich für weitere Photovoltaikmodule nutzen, was sich positiv auf die Gesamt-Energiebilanz des Gebäudes auswirkt. Zusammen mit der Photovoltaikfassade erreichen sie einen Gesamtenergieeintrag von 35 KWh/m²a, was etwa 32 % des tatsächlichen Energieverbrauchs entspricht.

Trotz intensiver Tageslichtnutzung ist die Verwendung künstlicher Lichtquellen in einem Supermarkt unerlässlich. LED-Technolgien ver­brauchen im Vergleich zu Glühbirnen weniger Energie bei gleicher Lichtmenge. In Super­mär­kten setzten sie die Ware optimal in Szene und senken dennoch den Energiebedarf um 75 % und mehr. Polycarbonat-Umhüllungen der LEDs sorgen für eine lange Lebensdauer, die derzeit bei etwa 50 000 Stunden liegt. Geringe Wartungskosten sind damit garantiert.



Die Gebäudehülle als Basis des Konzepts

Das nachhaltige Baukonzept wird getragen von der energie- und ressourceneffizienten Gebäudehülle mit dem Hochleistungsdämmstoff Polyurethan. Je nach Anwendungsbereich werden Lambda-Werte bis zu 0,024 W/(m*K) erreicht, dies ermöglicht bis zu 40 % höhere Dämmleistungen oder entsprechend schlankere Aufbauten. Polyurethan bewahrt seine Dämmleistung konstant über Jahrzehnte hinweg. Da der Dämmstoff kein Wasser aufnimmt, muss er selbst im Falle einer Leckage nicht ausgetauscht werden. Der Werkstoff ist aufgrund des niedrigeren spezifischen Gewichts auch um den Faktor 7 leichter, als die Alternative aus Mineralwolle mit vergleichbarer Dämmleistung. Dies ermöglicht rohstoff- und kostensparende, leichtere Baukonstruk­tionen.

Konventionelle Heizung, erneuerbare Energien

Durch die Kombination von konventionellen Heizquellen und erneuerbaren Energien lässt sich der Supermarkt wirtschaftlich und ökologisch klimatisieren. Die Beheizung und Kühlung erfolgen über eine Sole-Wasser-Wärmepumpe und Betonkernaktivierung. Diese Technologie nutzt die hohe Wärme- und Kältespeicherfähigkeit massiver Betondecken und -wände: Im Beton verlegte Rohr- oder Kanalsysteme leiten im Sommer kaltes und im Winter warmes Wasser durch die Bauteile.

Bodenbeläge spielen wichtige Rolle beim Unterhalt eines Supermarktes

Der Unterhalt macht bei einem Gebäude den wesentlichen Anteil der Lebenszykluskosten aus – etwa 80 % der Kosten fallen erst nach Fertigstellung an. Wichtige Faktoren sind die Reinigung und Haltbarkeit des Bodens. Die Wahl des Belags sollte sorgfältig getroffen werden. Fugenlose Systeme auf Basis von Polyurethanen sind hoch belastbar und lassen sich einfach sauber halten. Verlängerte Wartungsintervalle und schnellere Pflege verbrauchen weniger Reinigungsmittel und Wasser. Das reduziert die Kosten, die Umwelt profitiert. Mit dem Belag lassen sich indivi­duelle Farben realisieren.

In Summe hat das EcoCommercial Building Programm gemeinsam mit dem Architekturbüro Planquadrat einen rundum nachhaltigen Supermarkt entworfen, dessen Bilanz sich sehen lassen kann: Wie eingangs erwähnt, liegen die Energiekosten um 75 % unter den Werten für ein konventionelles Gebäude, die Emissionswerte um 50 bis 75 % unter den Vergleichswerten. Dies zeigt, dass mit sinnvollen Bausystemlösungen auf Basis innovativer Werkstoffe hochgradig nachhaltige Gebäude realisiert werden können. Grund­lage ist eine ganzheitliche Planung und Expertenwissen unterschiedlichster Gewerke und Produkte, wie sie das EcoCommercial Building Netzwerk anbietet.

Das EcoCommercial Building Programm

Das EcoCommercial Building Programm ist ein Kompetenz-Netzwerk für nachhaltiges Bauen aus namhaften Herstellern von Materiallösungen und Dienstleistern, wie Planern und Architekten. Mit seinen Partnern entwickelt das Netzwerk nachhaltige Gebäudelösungen mit integrierten Energie- und Materialkonzepten und unterstützt öffentliche und gewerbliche Bauherren, Architekten und Planer bei der Konzeption und Realisation energieoptimierter Gebäude – von der Sanierung bis hin zum Neubau. Die Experten kennen verschiedenste zukunftsfähige Baulösungen und können so die Energieeffizienz und Klimaverträglichkeit von Gebäuden verbessern und Betriebskosten deutlich reduzieren.

Zu den Leistungen des ECB-Programms gehören die Beratung zu innovativen Materiallösungen sowie Machbarkeitsstudien, die architektonische Konzeption, Planung und Ausführung von Bauprojekten. Mit Hilfe von Computersimulationen treffen die Experten im Vorfeld konkrete Aussagen über den künftigen Energieverbrauch, über Betriebskosten und die Amortisierung. Dabei betrachten sie den gesamten Lebenszyklus des Gebäudes – von der Projektentwicklung über eine mögliche Umnutzung bis zum Ende der Nutzungsdauer. Ein Ansprechpartner von ECB koordiniert die Anfragen ins und Lösungsvorschläge aus dem Netzwerk. Bei Bedarf oder Wunsch stellt das ECB einen direkten Kontakt zu den betreffenden Netzwerkpartnern her.

Für die Entscheider von Bauvorhaben, Investoren, Architekten und Planer bedeutet die Nutzung des ECB Programms wertvolle Zeitersparnis durch planungsunterstützende Dienstleistung aus einer Hand. Die Vorauswahl an qualifizierten Partnern im ECB-Netzwerk von Dienstleistungs- und Produktherstellern ermöglicht einen schnellen und direkten Zugang zum spezialisierten Fachwissen, die Spezialisten können frühzeitig in die Planung mit eingebunden werden. Der Nutzer profitiert stets von maßgeschneiderten Lösungen auf individelle Anforderungen und Ideen.

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