Torre E.I.O.5“ von Roldán + Berengué; ein Sozialbau
www.roldanberengue.com

Dem sozialen Wohnungsbau haftet in Deutsch­­land etwas Mickriges, meist schlecht Gefüg­tes an. Kostendruck und geringe Renditeerwartungen haben über die Jahrzehnte schließlich dazu geführt, dass der soziale Wohnungs­bau in diesem Land mehr und mehr durch so genannte Transferleistungen ersetzt wurde.Das Problem der Gen­trifizierung wird nicht mehr architektonisch, nicht mehr städtebaulich angegangen, es wird zunehmend nur noch verwaltet.

Mit Blick auf herausragende sozial geförderte Architektur auch in diesem Land in den letzten Jahrzehnten und bis heute erscheint es bedauerlich, dass hier nicht mehr geforscht wird. Denn die Nachfrage nach material- und detailnachhaltigen Bauten wächst und wird in der Masse zunehmen. Die lokalen Internationalen Bauausstellungen sind hier zwar Avantgarde, doch ihre Strahlkraft auf den Immobilienmarkt insgesamt kann ohne staatliche Programme nicht wirksam werden.

In den Nachbarländern wie den Niederlanden aber auch Spanien sieht das anders aus, hier kann noch experimentiert werden, weil es den sozialen Massenwohnungsbau hier noch gibt. Ein Beispiel aus Barcelona zeigt, dass der Sozialbaumakel bei intelligenter Planung nicht sein muss, im Gegenteil können Bauten wie der „Torre E.I.O.5“ von Roldán + Berengué, Architekten, Barcelona, auf dem Markt beste Mieterträge bringen.Ihm fehlt lediglich die 1A-Lage, um ihn zu den ersten seiner Kategorie zu machen.

Mit der Förderung des halbstaatlichen Instituts INCASOL Institut Català del Sòl, Barcelona, konnte der Turm an dem neugeschaffenen Entwicklungskern Plaça Europa im Südwesten der Stadt Ende 2010 seinen Nutzern übergeben werden. 7 760 m² Wohnfläche für 75 Wohnungen werden hier geboten, die meisten zwischen 50 und 70 m² groß (eine ungebundene Miet­einheit befindet sich ganz oben mit 280,11 m², Blick bis zum Mittelmeer garantiert). Der knapp 8 Mio. € teure Bau (767 €/m²) steht im äußeren Rand eines Kreises von zum Teil noch nicht gebauten 26 Türmen, alle zwischen 15 und 20 Geschosse hoch. Das Zentrum dieses Ringes zerschneidet die vielspurige Gran Via de les Corts Catalanes, die hier begrünt und tiefergelegt ist.

Mit Blick auf die nächsten Siedlungsbauten, die meist fünfgeschossig sind, haben die Architekten ihren Turm über „Fenster“
optisch so gegliedert, dass jeweils drei Geschosse zu einer Einheit zusammengefasst werden. Verschieden tiefe Laibungen (0,5 oder 1 m) gliedern das an sich einfache Volumen zusätzlich. Hinzu kommen die die zentrale Erschließung belichtenen, turmhohen Glasfugen, die der Massivität des Monolithen um ein Weiteres die Strenge nehmen.

Die Fassade wird von 8 mm starken HPL Paneelen auf einer Unterkonstruktion aus recycletem Aluminium gebildet. Überhaupt wurde darauf geachtet, dass alle Baumaterialien recyclebar sind, 65 bis 100 Prozent der Fassadenteile wurden aus wiederaufbereitetem Material gefertigt. Ein drei Geschosse hohes Foyer – ungewöhnlich für einen Sozialbau – lädt mit seiner Ausstattung zum dort einfach nur Dasein ein. Wie die Verklammerung der Geschosse außen zu Einheiten innen sehen die Architekten diesen Ort als weiteren Baustein, die soziale Komponente ihres Baues über den ökonomischen Förderaspekt hinaus auf das reale, das alltägliche Gemeinschaftliche fort zu schreiben. Be. K.

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