Von Vorteil für das Ganze
Wow! Das ist das erste, was einem in den Kopf kommt angesichts dieser ganz speziellen Bilder, die Andreas Hild und Barbara Brinkmann hier auf knapp 500 Seiten versammelten und beinahe jedes davon kommt einem bekannt oder doch vertraut vor. „Wow“ ist natürlich kein abschließendes und schon gar kein begründetes Urteil. Und wirklich schwächt sich das „Wow!“ im Verlauf des Leseflusses auch ab. Oder besser, es wird umgewandelt in die Erkenntnis, dass hier der große wie großartige Versuch unternommen wurde, über das Entwerfen einen Versuch zu machen; genauer: über die Mechanik des Entwerfens.
Tatsächlich hat sich Andreas Hild immer wieder vehement der Annahme/Behauptung entgegengestellt, ArchitektInnen wären ErfinderInnen, würden also – im besten Fall – etwas gänzlich Neues in die Welt setzen. Vielleicht ist diese Vermutung gar keine, die aus der Zunft in den Diskurs eingebracht wurde. Möglicherweise stammt sie aus der Literatur, dem Feuilleton, der Architekturkritik oder schlicht aus der diskursiven Ecke derjenigen, die in der Architektur weniger ein Bauen, sondern vielmehr den schöpferischen Akt sehen. Doch so ganz will sich dieser Zettelkasten bilderreicher Semantik – der durchaus auch eine Mechanik vorstellt – nicht vom Schöpferischen trennen. Die Mechanik des Entwerfens arbeitet erkennbar mit diffuser Syntax, mit federnd aufgehängten Lagern, mit Reibungskräften, die Verluste generien und damit Wärme, deren energetisches Niveau das Ergebnis schwer kalkulierbar machen. Ja, wir referenzieren, wir arbeiten transformativ kontextuell (im Hirn wie im Stadtraum), wir kombinieren und kreuzen usw.; das spiegelt die sich im Hirn assoziierende Bilderflut perfekt. Schwieriger wird es mit der langen Reihe kompakter Bilduntertexte, die nicht auf einen Punkt führen (gibt es den überhaupt?) und dann schleicht sich neben das „Wow!“ ein „Ja und?“ Geht es um mehr, die Klärung einer Unterstellung (Erfindungen!)? Am Ende der Reise durch Bilder aus Architekturgeschichte und -geschichten, der Kunst und dem Kunstvollen liest man im Nachwort eine Empfehlung an die StudentInnen: „Haltet die Augen offen!“ Und: Niemals vergessen: „Entwerfen muss Spaß machen!“ Die Bilderreise hat Spaß gemacht; ob und wohin sie weiterhelfen kann, bleibt offen. Was von Vorteil ist für das Ganze! Be. K.