Vorsicht bei Bedenken!
OLG Rostock Urteil vom 30.01.2018 4 U 147/14; BGH, Beschluss vom 18.09.2019 - VII ZR 45/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)
Wenn am Bau etwas schiefgeht, kann es teuer werden. Oft steht der planende oder bauüberwachende Architekt neben dem ausführenden Unternehmer in der Haftung, sodass sich der Bauherr grds. aussuchen kann, welchen dieser sogenannten Gesamtschuldner er in Anspruch nimmt. Die erste Wahl des Bauherrn ist hierbei oft der Architekt. Der Architekt kann sich dann nur noch im Rahmen des Gesamtschuldnerausgleichs bei dem ebenfalls haftenden Bauunternehmer schadlos halten, bzw. einen Teil des an den Bauherrn gezahlten Schadensersatzes ersetzt verlangen. Und genau hier lauern die Gefahren. Der Architekt muss seinen Anspruch gegen den ausführenden Unternehmer selbst einklagen. Fallstricke können dabei unter anderem sein, dass der Bauunternehmer insolvent, der Ausgleichsanspruch bereits verjährt ist oder - wie in dem vom OLG Rostock entschiedenen Fall - der Unternehmer sich erfolgreich auf einen Bedenkenhinweis beruft, den der Architekt nicht beachtet hatte. Der Sachverhalt trug sich wie folgt zu:
Der Architekt wurde vom Bauherrn mit der Planung und Überwachung von Sanierungsarbeiten in mehreren Wohnblöcken beauftragt. Einer der ausführenden Unternehmer wurde mit den Fliesenlegerarbeiten beauftragt. Nach Ausführung der Arbeiten kam es zu Schäden an den verlegten Fliesen in den Küchen und Bädern. Die Ursache lag nach Einschätzung des Sachverständigen in Ausführungsfehlern. Der ausführende Unternehmer hatte die Fliesen auf einem noch nassen Anhydritestrich verlegt. Die Instanzen sahen jedoch die Verantwortlichkeit zu 100% bei dem Architekten. Der ausführende Unternehmer hatte nämlich Bedenken angezeigt, auf dem nassen Estrich die Fliesen zu verlegen. Zudem hatte er Alternativen - schnelltrocknenden Zementestrich oder Trocknungsmaschinen - vorgeschlagen. Der Architekt hatte stattdessen angeordnet, dass kein neuer Untergrund aufgebracht, sondern vielmehr Entkopplungsmatten eingebracht werden sollten. Hiervon kam der Architekt aus Kostengründen jedoch wieder ab, sodass der ausführenden Unternehmer die Fliesen auf dem nassen Estrich entgegen seinem Bedenkenhinweis aufbrachte.
Im Ergebnis konnte der Architekt somit keinen Gesamtschuldnerausgleich von dem ausführenden Unternehmer verlangen.
Es ist grundsätzlich also immer zu empfehlen, Bedenken schriftlich vorzubringen oder über ein Baubesprechungsprotokoll zu verschriftlichen und den Sachverhalt genau zu prüfen. Darüber hinaus sollte die Bedenkenanzeige in jedem Fall auch dem Bauherrn zugestellt werden. Wird eine andere als die vom Ausführenden im Rahmen der Bedenkenanzeige vorgeschlagene Ausführung gewählt, sollte der mit der Ausführung Beauftragte bestätigen, dass dieser nunmehr geplanten Ausführung keine erneuten Bedenken entgegenstehen.