Was ist, wenn es nicht ist
„Non nobis solum nati sumus“ heißt etwa: nicht nur für uns allein – ein Motto, das aus dem katholischen Katechismus beispielsweise in die Templerbewegung eingegangen ist. Man kann das Motto verkürzen auf „Non nobis“: nicht für uns. So jedenfalls tat es Werner Sobek für seine auf drei Bände angelegte Untersuchung zum Bauen in der Zukunft. Der erste Band ist vor noch gar nicht so langer Zeit erschienen, aber bereits in der 2. Auflage vergriffen. Der Bedarf ist – und das war zu erwarten beim Thema und der Prominenz des Autoren – also da. Handlungsbedarf.
Der erste Band, so Herausgeber und einziger Autor, beschreibt das, was ist: „Ausgehen muss man von dem, was ist“. Das klingt plausibel, bedeutet aber weniger, als es suggerieren möchte. Denn immer werden wir von Teilen des Ganzen ausgehen müssen und diese Teile sind einmal die, einmal andere und je für sich niemals objektiv zu beschreiben. Also gehen wir mit Werner Sobeks Blick von dem aus, was er sieht. Präzise möchte er sein, auch im Nachkommastellenbereich. Kein Fach-, ein Sachbuch soll es sein. Wo genau aber die Grenze zwischen beiden mit welcher Wirkung liegt, lässt er offen. Dennoch ist ihm Objektivität ein hohes Ziel. Er will Zahlen liefern und diese in Diagrammen zeigen, die sie in ihrer Wirkmacht anschaulich werden lassen. Die „Vermittlung komplizierter und komplexer Zusammenhänge“ soll über die Art der grafischen Darstellung auch breite Kreise der Bevölkerung erreichen (Sachbuch!). Hier sollen Andreas Uebeles Pop-Art-Grafiken arbeiten – der Mann ist Experte für visuelle Kommunikation.
Das Inhaltsverzeichnis zeigt schnell, wohin die Reise geht: zum Grundsätzlichen. Oder auch: „Über den Stand der Dinge“ (wird hier Wim Wenders zitiert?). Das Bauschaffen. Die Weltbevölkerung. Material und seine Verfügbarkeit. Ressourcenverbrauch. Bauabfälle, Abwasser, Energieverbrauch, Erwärmung Erdklima, Emissionen in allen Varianten und natürlich: die wesentlichen Materialien wie Zement, Aluminium, Glas, Ziegel, Holz und viele weitere. Insbesondere der Baustoff Holz scheint den Autoren zu beschäftigen. Ihm widmet er den mit Abstand größten Seitenanteil. Grund: Werner Sobek möchte mit dem Vorurteil aufräumen, die derzeitig betriebene Holzwirtschaft könne dazu beitragen, den CO2-Ausstoß zu mindern, ihn gar minimalisieren (wenn nur noch mit Holz gebaut wird).
Das alles ist spannend zu lesen, wenngleich der Autor im Schlusswort einräumt, dass die Einflüsse des Bauwesens auf die globale Klimasituation „nur sehr schwer, teilweise gar nicht und vor allem nicht in der erwarteten Präzision dargelegt werden können“. Er sieht seine Arbeit „als Ausgangsposition für weitere Arbeiten, zu denen ich hiermit alle aufrufe.“ Welche verbliebenen Handlungsspielräume wir noch haben werden, das sollen die Folgebände beschreiben. Wir sind sehr gespannt! Mit Literaturverzeichnis und lesenswertem Glossar. Be. K.