Wolfsburger „phaeno“ endlich geerdet

www.phaeno.de, www.zaha-hadid.com

Ende letzten Jahres war es soweit: die „phaeno“ genannte Wissenslandschaft in Wolfsburg, nach einem Entwurf von Zaha Hadid, feierte ihr fünfjähriges Bestehen mit einem Tag der offenen Tür. Die Verantwortlichen zogen eine positiv gefärbte Bilanz und freuten sich offenbar über die Fertigstellung der Abschluss- und Sanierungsarbeiten des „phaeno“-Vorplatzes. Denn dieser war – und ist wohl immer noch – der missing link, der die monströse Baulast des dennoch schnittig schwebenden Ausstellungs- und Veranstaltungsbau aus Sichtbeton zu erden vermag.

Denn bis zur Fertigstellung des Platzes, unter welchem sich u. a. eine Tiefgarage befindet, waren die aus Architektensicht so wichtigen Flächen unter dem auf Beton-Cones schwebendem Monstrum schier verloren, sie waren schlicht unverbunden mit der künstlich gewellten Vorplatzöde, auf welcher Bauzäune, flatternde Fahnen und die die Fläche zerschneidenden Absturzsicherungen beidseitig des „Canyon“ den Ton angaben. Zur Wettbewerbspräsentation kursierten andere Vorstellungen von dem Ganzen durch die Medien, so sollte das Fließen der Ausstellungs- und Experimentierlandschaft innen nahtlos in den Außenraum übergehen, sich gleichsam ausstülpen und so den Vorplatz inklusive dem (künstlich erhellten) Raum unter dem langgestreckten Volumen zu einem Ort selbst machen.

Das wollte man von Anfang an in Angriff nehmen, und seit 2008, mit dem Auftreten erster Bauschäden in der den Platz deckenden Betondecke mit einer generellen Sanierung verbinden. Die sollte zweierlei heilen: Erstens die sich flächig ausbreitende Blasenbildung im Beton, die bis dahin nur örtlich im Bereich des „Canyon“ aufgetreten war. Zweitens Undichtigkeiten im Bereich der Lichtringe an den Cone-Wänden. Ersteres wurde durch den Rückbau des mängelbehafteten Asphalts (samt der oberen ca. 17 cm des Thermozells) und das Aufbringen einer Betondecke als Tragschicht gelöst. In die darüberliegende Schwimmschicht aus Polyuretan wurde ein Naturstein-Granulat eingestreut und mit weiterem farblosem Polyuretan gebunden. An Stellen mit starkem mechanischem Abrieb (z. B. Laufwege) kann leicht nach Jahren ausgebessert werden. Die Farbe, die nun den Vorplatz überzieht, soll jetzt endlich die Einheit mit dem Bauwerk herstellen. Das sehr helle Weiß-Grau mit leichten beigen Einsprengseln ist, so der Bauträger „Neuland“, auch im Sinne der Architektin. Zur Sicherheit war der Gestaltungsbeirat der Stadt Wolfsburg „kontinuierlich einbezogen“ (Neuland). Die undichten Stellen an den Betonstützen schloss man wirksam durch die Entfernung der Lichtringe.

Dummerweise kamen die Arbeiten am Wolfsburger Bilbao-Effektor „phaeno“ dann auch noch der Autostadt in die Quere. Letztere, ohnehin schon seit fünf Jahren eher zurückhaltend gegenüber dem Riegeleffekt des mehr als 100 m langen und 16 m hochragen­den Betonbaus, wollten 2010 ihr kleines Jubiläum (10 Jahre) feiern. Doch nicht nur, dass das „phaeno“ ein effektives Winken über die Gleise in Richtung Südstadt verwehrt, es zeigte sich mit seiner Dauerbaustellenanmutung auch noch von einer wenig einladenden Seite. Die Autostadt-Leute schimpften, wollten Druck machen. Autostadt-Sprecher Christian Cauers ließ die örtliche Presse wissen, dass es zu bedauern sei, „dass bei der Terminierung der Baustelle die direkten Anlieger und insbesondere die Autostadt als touristisches Aushängeschild der Region zu ihrem Ju­biläumsjahr nicht beteiligt wurden.“ CDU und SPD, sichtlich eingeschüchtert, versprachen Abhilfe, doch der ausführende Bauträger „Neuland“ verwies auf die Schwierigkeiten der Sanierungsarbeiten. Die Autostädtler schmollten, die Parteienvertreter überlebten; vielleicht aber nur bis zur Kommunalwahl am 11. September 2011.

Denn: Teile der Bürgerschaft sind sauer, immer noch. Sie klagen über die Öde der Betonlandschaft und die hohen Sanierungskosten (allein die Aufbringung des jetzt homogen erscheinenden Naturstein-Granulat-Belags kostete 3, 5 Mio. €). Und nicht einmal die Schilfgrasinseln, die – mit Zustimmung der Architektin? – offenbar als Entgegenkommen für gerade diese Erbosten gedacht waren, wurden bisher installiert. Der Bürger liebt das „phaeno“ als Stadtmöbel nicht?! Vielleicht, doch wirtschaftliche, vom „phaeno“ in Auftrag gegebene Studien zeigen auch, dass vor allem die Wolfsburger Besucher gerne ein weiteres Mal die Betonskulptur besuchten, im Durchschnitt sogar mehr als viermal. Und wer weiß ... ein ordentlicher Stadtwald mit integrierter Sitzmöbellandschaft aus Beton-PUR-Mischung?! Be. K.

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