Erkenntnisgewinn
Auf den ersten Blick mutet sie paradox an, die Forderung nach mehr aktiver Nichtlösung von Problemen! Dabei wollen wir doch die anstehenden Probleme lösen, wollen, dass Schwierigkeiten überwunden, Missstände beseitigt werden, drohendes Ungemach oder gar bedrohliche Situationen aufgelöst werden. Oder doch nicht?!
Nun erkennt man in unseren auf Lösung ausgerichteten Problemstrategien zweierlei Ansätze, die – schaut man in die Zeitläufe – wenig vorangebracht haben. Einmal gibt es die – besonders auch in diesem Land gepflegte und ökonomisch betrachtet erfolgreiche – Haltung, Probleme durch technische Lösungen beseitigen zu wollen. Der andere Ansatz ist der der kritischen Reflektion, der meist nur hinterfragt, ohne auf Antworten zu schauen oder wenn jemand antwortet, dann folgt das meist einem moralisch fundierten Totalrundumschlag und einer Maximalforderung. Beides hat à la longue zu nichts geführt (sieht man einmal von Wachstumsimpulsen ab).
Wie aber nun? Die Autorinnen schlagen „nonsolution“ vor, eine Strategie, die sie dem Soziologen, Historiker und Stadttheoretiker Siegfried Kracauer abgeschaut und neu interpretiert haben und die hier im Einzelnen erläutert wird.
„Zu verstehen, was das Problem ist, ist das Problem“, diese Sentenz Horst Rittels berührt nun den Kern der hier vorliegenden Arbeit, die schlicht davon ausgeht, dass wir vielmehr selbst die Probleme formulieren sollten und weniger Probleme annehmen, um sie dann nach Standards zu durchsuchen und zu verarbeiten. Konkret beziehen sich die Verfasserinnen auf die Rolle, die Architektur, und damit deren Akteure, in der Gesellschaft spielen kann oder sagen wir: könnte. Denn noch ist der Planungsraum gefüllt mit Problemen, die gelöst werden, wie immer schon, nur mit anderen Mitteln. Wer das nach den hier vollzogenen Reflexionen auf Deleuze, Kracauer oder auch die eigene (Bau-)Arbeit erkennt, ist schon mal ein Stückchen weiter auf dem Weg zur nonsolution.Die eine Möglichkeit ist, mehr nicht. Be. K.
ISBN 978-3-943253-82-5