Forschung im Modul

Die modulare Bauweise bietet zahlreiche Vorteile – nicht zuletzt aufgrund des hohen Vorfertigungsgrades eignet sie sich daher insbesondere für Klinik-und Forschungsbauten. In interdisziplinärer Zusammenarbeit entwickeln Architekten und Modulbauexperten hochkomplexe Gebäude, die nicht nur über modernste Technik, sondern außerdem über eine hohe Aufenthaltsqualität verfügen.

Nach der Wiedervereinigung vor über 30 Jahren herrschte im Bauwesen Hochkonjunktur, wodurch auch die Entwicklungen im Modulbau stark an Fahrt aufgenommen haben. Binnen kürzester Zeit galt es, dringend benötigte Wohn-, Verwaltungs-, Bildungs- und nicht zuletzt auch Gesundheitsbauten zu realisieren – eine Mammutaufgabe, die insbesondere durch den interdisziplinären Dialog zwischen Architekten und Modulbauexperten zu bewältigen war.

Markus Arnold, Leiter der Sparte Gesundheitsimmobilien beim Modulbauhersteller Kleusberg erinnert sich: „Die Wendezeit war eine echte Herausforderung und zugleich eine große Chance, weil hierdurch der Innovationsgrad von Modulbauwerken enorm gesteigert werden konnte. Da haben wir die interdisziplinäre Arbeit mit den Architekten wirklich schätzen gelernt, weil wir gesehen haben, dass insbesondere die intensive Kooperation zwischen Modulbauern und Architekten sowie das gemeinsame Verständnis für die jeweilige Gebäudefunktion, Gestaltung und Qualität dazu führen, dass der Modulbau als nachhaltige Bauweise anerkannt wird.“

Auch Markus Hammes, Gründer und Inhaber des Stuttgarter Architekturbüros hammeskrause architekten und Professor für Architektur an der IU in Frankfurt am Main erinnert sich an diese besondere Zeit: „In den neuen Bundesländern wurden schnell ordentliche Bauwerke gebraucht. Da ist dann so richtig Bewegung in den Modulbau gekommen und es wurde klar, dass der seinerzeit gängige Modulbau den dringenden Bedarf an Neubauten nicht hätte abdecken können. Darauf Antworten zu finden, war eine echte Herausforderung – im Zuge dessen kam dann auch der Kontakt mit Herrn Arnold von Kleusberg zustande. Das war der Beginn einer langjährigen und zudem sehr fruchtbaren Zusammenarbeit, bei der beide Seiten viel von- und miteinander gelernt haben.“

Blick über den Tellerrand

In der Baubranche wird bereits seit vielen Jahren von den Chancen interdisziplinärer Arbeit gesprochen – in der Praxis ist davon jedoch aktuell noch wenig zu spüren. Laut Markus Hammes ein systembedingtes Problem, schließlich erfolgt die Vergabe von Bauprojekten hierzulande noch ­immer streng nach Gewerken. Gleichzeitig fehle es vielen Planern auch an der notwendigen Motivation, sich auf neue Entwurfsansätze einzulassen: „Letztendlich braucht es hierfür die Bereitschaft, über den Tellerrand zu schauen – sonst kommt eine solche interdisziplinäre Zusammenarbeit gar nicht erst zustande. Der Modulbau ist da ein gutes Beispiel. Eventuell haben manche Kollegen Vorurteile gegenüber seriellen Fertigungsweisen und beschäftigen sich deswegen gar nicht erst damit. Wir sind mit unserem Büro von Anfang an einen anderen Weg gegangen, weil wir schon immer eine möglichst große Bandbreite an unterschiedlichen Bauweisen abdecken wollten.“ Um den Modulbau in der Tiefe verstehen zu können, stattete Hammes mit seinem Team Kleusberg im Frühjahr 2024 einen Besuch ab, um zu erfahren, welche Rahmenbedingungen es braucht, um einen Modulbau systemimmanent planen zu können. In einem anschließenden Workshop fand eine erste Annäherung mit den Modulbauexperten von Kleusberg statt.

Nutzung wertvoller Synergien

Da bei dem Workshop von erster Stunde an Fachplaner für den Bereich der Gebäudetechnik vertreten waren, konnten schnell erste Ideen für einen Forschungsentwurf entwickelt werden. In einer Art Weitwinkeleinstellung wurden hierfür zunächst die städtebaulichen Rahmenbedingungen definiert – anschließend folgte die Auseinandersetzung mit möglichen Rastern, Höhen und Gebäudetypologien unter Berücksichtigung der jeweiligen Funktionen. In der Zusammenarbeit mit den Modulbauexperten von Kleusberg wurde schnell deutlich, dass formale und funktio­nale Leitplanken für den kreativen Entwurfsprozess keineswegs eine Hürde darstellen müssen. „Viele Planer scheuen es, uns zu kontaktieren und haben Angst, von uns in ein Korsett gezwängt zu werden“, erklärt Markus Arnold. „Ich für meinen Teil kann dazu nur sagen, dass uns bei Kleusberg eine Kommunikation auf Augenhöhe stets sehr wichtig ist. Konkret bedeutet das, dass wir uns die jeweilige Bauaufgabe immer individuell anschauen und uns dann gemeinsam mit den Planern überlegen, welche Raster, Gebäudetypologien und Modulgrößen wir brauchen.“ Im Ergebnis war bei besagtem Workshop nicht nur ein vielversprechendes Konzept für einen Forschungsbau, sondern außerdem eine zukunftsweisende technische Innovation entstanden. Markus Hammes erinnert sich: „Während dieses ersten Workshops haben wir die clevere Idee gehabt, wie wir vertikale Installationsschächte zur Verteilung der Zu- und Abluft in den Modulbau integrieren können. Das war schon eine tolle Sache – da haben wir gemerkt, das Modulbau richtig Spaß machen kann.“

Abseits gewohnter Wege

In weiterer Folge entwickelte das Team aus Architekten und Modulbauern einen Wettbewerbs­entwurf für ein Forschungsgebäude in Greifswald – dieses zeichnete sich insbesondere durch vergleichsweise individuelle Module aus. Die Besonderheit war, dass das Gebäude für eine begrenzte Grundstücksfläche entwickelt wurde. Ferner galt es, für den Entwurf verschiedene Hygienebereiche und Schleusensituationen sowie die funktionellen Arbeitsabläufe zu berücksichtigen. Dank der engen Zusammenarbeit zwischen Architekten und Modulbauexperten war es nicht nur möglich, alle Aspekte in einem Entwurf zu vereinen, sondern außerdem ein Gebäude mit hoher Aufenthaltsqualität zu entwickeln.

Weitere Projekte sind bereits in Planung, wie Markus Hammes berichtet: „Die Zusammenarbeit mit Fachplanern findet bei uns seit jeher ab der Wettbewerbsphase statt, insofern war es für uns auch selbstverständlich, den Entwurf von Anfang an mit dem Team von Kleusberg zu entwickeln.“ Jener kooperative Ansatz sei nicht zuletzt aufgrund der zunehmend komplexer werdender Bauaufgaben und der Erfüllung der Nachhaltigkeitsziele von großer Wichtigkeit – so wird die integrale Arbeitsweise in Planungsbüros immer mehr zur Regel. Ähnliches beobachtet Markus Arnold. Das Interesse am Modulbau wächst – gleichzeitig sei die Hemmschwelle, sich in Sachen Modulbau von Herstellern wie Kleusberg beraten zu lassen, noch immer groß. Dabei bürgt der interdisziplinäre Diskurs gerade für den Modulbau große Potenziale, wie auch Markus Hammes zu bedenken gibt: „Ich denke, es wäre sinnvoll, wenn mehr Architekten proaktiv auf Modulbauhersteller zugehen. Gute Architektur kann auch im Dialog entstehen. Im Übrigen denke ich, dass es uns allen gut täte, Wege abseits des gewohnten Terrains zu gehen.“

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