Einzeln oder als perfekte Symbiose – Holz-, Stahl- und Hybridbauweise im Modulbau

KLEUSBERG zählt zu den Pionieren im Modulbau. Zwischen dem ersten Stahlskelett-Modulgebäude 1990 und heute haben sich die Bausysteme, die Konstruktionsweisen sowie die Fertigungsmethoden stetig weiterentwickelt. Vor allem die Methode, wie das Unternehmen heute Projekte abwickelt, ist gänzlich anders als vor Jahren und auf die Bedürfnisse und Veränderungen des Marktes ausgerichtet. Zu Beginn der Unternehmensgeschichte war hingegen das Material Holz die Basis für zahlreiche Schulen, Kindergärten und Bürogebäude. Aktuelle Entwicklungen führen bei KLEUSBERG nun beide Bauweisen wieder zusammen – gesondert oder als Hybrid.

Klassischerweise verbindet man KLEUSBERG mit Stahl-Modulbau. Das war nicht immer so und ändert sich auch gerade wieder. Warum?

Haupttreiber für uns als mittelständisch geprägtes Familienunternehmen ist schon seit langem das Thema Nachhaltigkeit bzw. Ressourcenschonung und Emissionsvermeidung. Schon Firmengründer und Schreinermeister Willi Kleusberg war Holzhandwerker mit Leib und Seele. Über fünf Jahrzehnte hat KLEUSBERG den nachwachsenden Rohstoff Holz als Basis für seine Bausysteme wie u. a. die Holztafel- bzw. Holzständerbauweise verwendet. Nach der sehr erfolgreichen Fokussierung auf den Stahl-Modulbau in den 1990er und 2000er Jahren sind wir vor einiger Zeit nun auch zu unseren Wurzeln zurückgekehrt.

Die Erfahrung im Stahl-Modulbau, wir reden hier von  Tausenden realisierten Bauvorhaben während der zurückliegenden rund 30 Jahre, kommt uns dabei natürlich sehr zugute. Mit unserem ersten Holzmodulbauprojekt, der Hausburgschule in Berlin, haben wir eindrucksvoll bewiesen, dass wir schnell an unsere Wurzeln anknüpfen und gemeinsam mit NEMESIS Architekten Berlin ein eindrucksvolles, noch dazu translozierendes Schulkonzept auf die Beine stellen konnten. Seitdem sind weitere Holzbauprojekte gemeinsam mit unterschiedlichen Planern und Bauherrn realisiert worden.

Was ist in erster Linie ausschlaggebend für die Wahl des Basismaterials? Wie verändern sich die Wünsche der Bauherr:innen und Architekt:innen?

Bauherr:innen und damit auch Architekt:innen fordern immer häufiger eine ganzheitlich nachhaltige Lösung. Hier leistet Stahl in puncto Nachhaltigkeit bereits seit Jahrzehnten Hervorragendes. Wiederverwendbarkeit ist das zentrale Stichwort. Während andere Baustoffe wie z. B. Stahlbeton am Ende ihrer Nutzungsphase lediglich noch für den Straßenbau als Unterbau eingesetzt werden können, sind Stahlmodule versetzbar und somit an anderer Stelle wieder in einem neuen Gebäudekontext nutzbar. Kommt dann, wie in unserem Fall, bei der Herstellung des Stahlbaus noch der hohe Anteil an Recyclingstählen sowie sogenanntem grünen bzw. Elektrostahl hinzu, kann sich die Umweltbilanz mehr als sehen lassen. Das hat das Fraunhofer-Institut im Rahmen einer Studie an einem unserer gebauten Projekte nachgewiesen.

Beim Bauen mit Holz sieht das etwas anders, aber aufgrund der Materialeigenschaften nicht minder positiv aus. Durch die Bindung von CO2 beim Wachstumsprozess entsteht selbst bei thermischer Verwertung nach der Nutzungsphase eine insgesamt positive Umweltbilanz. Entscheidend hinzu kommt, dass Holz von Menschen durchweg als warmer, wohlriechender und daher ökologischer Baustoff wahrgenommen wird. Als ich jüngst eines unserer Holzmodulgebäude besucht habe, ist mir nochmals bewusst geworden, wie positiv das auf uns Menschen wirkt. Man betritt das Gebäude, nimmt über den angenehmen Geruch sofort wahr, dass man sich in einem Holzgebäude befindet.

Welchen Einfluss hat das Material auf die Gestaltung?

Der KLEUSBERG Stahl-Modulbau verzichtet komplett auf statisch tragende Innen- und Außenwände, da die Lastabtragung über vertikale, schlanke Stahlstützen erfolgt. Das ermöglicht maximale Spielräume bei Grundrissgestaltung und Raumgrößen. Im Holzmodulbau arbeiten wir je nach Anforderungen mit Brettschicht-Wand-, Boden- und Deckenelementen oder mit auf Holzrahmen basierenden Wandtafeln. Hier sind ­bekanntermaßen, anders als bei der Stahl-Modulbauweise, keine biegesteifen Eckverbindungen möglich. Daher sind gewisse aussteifende Wand- und Deckenelemente zur Sicherstellung der Statik erforderlich. Das schränkt die Grundriss- und Raumgestaltung etwas mehr ein als beim Stahl-Modulbau und ist bei der Grundrissplanung zu berücksichtigen.

Die sonstigen Gestaltungsspielräume sind ähnlich weit gefächert. Ein Stahl-Modulgebäude kann ebenso mit sichtbaren Holzoberflächen innen und außen gestaltet sein wie ein Holz-Modulgebäude mit einer Putz- oder Metallfassade versehen werden kann.

Wie unterscheiden sich die Bauweisen  in Bezug auf ihre Produktion?

Das sind bei uns zwei gänzlich unterschiedliche Produktionslinien. Holzmodule werden in einer eigenen Fertigungshalle i. d. R. aus großformatigen Brettschichttafeln mit Fenster- und Türausschnitten mit der nutzungsspezifischen Instal­lation vorgefertigt. In unserer parallel dazu laufenden Stahl-Modulbau-Fertigung entstehen in einer etwa einen halben Kilometer langen Fließfertigungshalle vom automatisierten Stahlzuschnitt über den sogenannten Aufschlag, die Grundierung, den Trockenausbau sowie die Installationsvorrüstung große Gebäudesegmente von bis zu 20 m Länge und 5 m Breite. Lean Production ist bei Holz- wie auch Stahlbau das Stichwort, das unsere Produktionsprozesse materialschonend und abfallminimierend sowie quali-
tätskontrolliert nach den hohen industriellen Standards gestaltet. Unsere langjährige Erfahrung in der Vorfertigung ist uns natürlich auch beim Aufbau der neuen Holzbau-Produktionslinie zugutegekommen.   

Vor dem Hintergrund nachhaltiger Bauweisen wird Holz aktuell sehr gehypt – halten Sie dies für gerechtfertigt?

Wir halten Holz für einen sehr wichtigen Baustoff der Zukunft, der sinnvoll eingesetzt, durchaus seine Vorteile in puncto Carbon Footprint, aber auch Raumklima und Architektur ausspielen kann. In der Regel sind Holzbauweisen im Vergleich zu Stahlkonstruktionen materialintensiver. Bei konsequentem Einsatz von Holz aus nachhaltiger Forstwirtschaft – und das möglichst lokal – sind auch diese Ressourcen daher nicht unbegrenzt verfügbar. Daher sollte man aus unserer Sicht darauf achten, Holz beim Bauen primär dort einzusetzen, wo es seine Stärken ausspielen kann. Wir entwickeln daher die Hybridbauweise auf Stahlrahmenbasis mit Wänden, Böden und Decken aus Holz weiter. Damit ist einerseits sichergestellt, dass dieselbe hohe Flexibilität wie beim Stahlmodulbau sowie anderseits eine noch bessere CO2-Bilanz durch die kluge Steigerung des Holzanteils im Trockenausbau der Module zu einer insgesamt zukunftsträchtigen Bauweise für besonders nachhaltige Projekte avanciert.

Wo liegen die großen Chancen im Holzmodulbau, wo die Grenzen? Wo punktet Stahl?

Chancen liegen vor allem darin, dass wir mit Holz eine auch in Europa und Deutschland lokal verfügbare und nachwachsende Ressource haben. Klug konzipierte Bauwerke werden diesen Bezug zur Lokalität z. B. bei Bildungseinrichtungen, aber auch Wohnbauten, innen wie außen sicht- und erfahrbar machen. Das kann insgesamt dazu beitragen, dass die Gesellschaft sich zunehmend wieder auf die Wurzeln, also das Leben mit und in der Natur sowie den schonenden Umgang mit selbiger, besinnt. Stahl punktet konstruktiv mit schlanken und dennoch statisch hochtragfähigen Profildimensionen und lässt sich durch Verschweißen zu selbsttragenden 3D-Konstruktionen skalieren. Das macht diesem seit vielen Jahrzehnten in der Bauindustrie bewährten Material so schnell kein anderer Baustoff nach. Aus unserer Sicht können die Vorteile des einen mit denen des anderen Materials kombiniert zu einer perfekten Symbiose beim Bau von wirtschaftlichen, nachhaltigen und dauerhaften Bauwerken avancieren.

Wie lassen sich die verschiedenen Materialien hinsichtlich CO2-Einsparung und Ressourcenschonung bewerten und vergleichen?

Holz ist einer der wenigen nachwachsenden Baustoffe. Dennoch ist die Nachhaltigkeitsbilanz stark abhängig von der Herkunft, den Transportwegen und einer nachweisbar nachhaltigen Forstwirtschaft. Der primäre Holzvorteil, die CO2-Speicherfähigkeit, steht der sehr guten Wiederverwert­barkeit von Stahl gegenüber. Stahl ist zu 100 % recycelbar, während Holz i. d. R. am Ende der Nutzungsphase eines Gebäudes lediglich thermisch verwertet werden kann. Wir sehen die Zukunft wie gesagt in der Kombination der beiden Materialen. Stahl sorgt mit seinen statischen Eigenschaften für ein schlankes Tragwerk, Holz mit seiner von Grund auf positiven CO2-Bilanz für die kluge Vervollständigung dieses zukunftsweisenden Kombinationsprinzips.

Was zeichnet Hybride Bauweisen darüber ­hinaus aus?

Neben modularen Kombinationen aus Stahl und Holz sind auch konventionelle Bestandteile wie
z. B. eine Tiefgarage in Stahlbetonbauweise oder die Erschließungen über Treppenhäuser und Aufzugsschächte aus Betonfertigteilen z. B. aus Brandschutzanforderungen an der Tagesordnung. Un­sere Kund:innen und Bauherr:innen fordern von uns grundsätzlich schlüsselfertige oder sogar löffelfertige, also komplett nutzungsgerecht eingerichtete Gebäude. Am Ende ist kein Übergang der Systeme im fertigen Gebäude mehr erkennbar. Sämtliche Funktionen werden von uns als Generalunternehmen bausys­temübergreifend sichergestellt.

Wie können Sie die Architekt:innen bei der Auswahl und Planung unterstützen?

Je früher Planer:innen und Auftraggeber:innen mit uns in Kontakt treten – am besten vor LP2 – desto besser. Nach Grundlagenermittlung und Festlegung der Nutzungsanforderungen können wir im Hinblick darauf in alle Richtungen offen beraten: ob Stahl, Holz oder beides, ob reine Modul- oder Modulhybridbauweise die geeignete Lösung für die spezifische Bauaufgabe sind. Gemeinsam mit Architekt:innen und Bauherr:innen legen wir in dieser Phase den „Grundstein“ bzw. in unserem Fall das „Grundmodul“ für ein gesamtwirtschaftliches, in jeder Hinsicht nachhaltiges und nicht zuletzt nutzungsgerechtes Bauwerk. Dabei gehen wir natürlich auf die gestalterischen Planungsanforderungen so ein, dass am Ende gute Architektur entsteht. Im Vorfeld stellen wir Architekt:innen dazu unsere Planungsgrundlagen digital zur Verfügung und stehen selbstredend bei allen Detailfragen unterstützend zur Seite.

Wie bewerten Sie die Verfügbarkeit der unterschiedlichen Materialien in Zukunft?

Im Hinblick auf die Tragkonstruktion werden in unserem Fall Stahl und Holz jetzt und in Zukunft weiterhin verfügbar sein. Um temporäre Lieferengpässe auszugleichen, bevorraten wir bereits seit mehreren Jahren z. B. sämtliche Stahlprofile, aber auch Trockenbaumaterialien wie Dämmstoffe und Bauplatten großzügig. Vielmehr machen uns die teilweise unterbrochenen Lieferketten bei den zahlreichen weiteren Baustoffen und Materialien sowie der gesamten Gebäudetechnik Sorgen. Daher setzen wir hier noch mehr als vorher auf auch in Krisenzeiten verlässliche langjährige Partnerschaften.

Die mittlerweile weltweit stark begrenzte Verfügbarkeit von Hochbau-Grundstoffen für Beton – insbesondere Sand und Kies – führt dazu, dass der Baubereich mehr noch als bisher darauf achten muss, Beton nur noch dort einzusetzen, wo er nicht durch andere Materialien ersetzt werden kann, z. B. beim Fundament. Durch den Modulbau lassen sich immense Mengen dieser mehr als raren Baustoffe einsparen, ohne dabei auf Qualität und Langlebigkeit beim Gebäude verzichten zu müssen.

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