Gesundheitsresort Luisenhöhe, Horben
Nach über 120 Jahren wurde das Hotel Luisenhöhe in der auf 600 Höhenmetern gelegenen Schwarzwaldgemeinde Horben Anfang 2019 abgerissen – und knapp fünf Jahre später, Ende September 2023, in neuer Form wiedereröffnet. Das Freiburger Architekturbüro Geis & Brantner fügte den großflächigen Baukörper rücksichtsvoll in die vorhandene Topografie der Hanglage ein. Als Reminiszenz an seinen Vorgänger erhielt er zudem eine regionaltypische Schindelfassade.
Trotz seiner großen Ausdehnung ist das Gebäude aufgrund seiner geschwungenen Form nie in ganzer Größe sichtbar
Foto: Ydo Sol & ANAIKER
Die Luisenhöhe, in Sichtweite der 1 200-Einwohner-Gemeinde Horben am Westhang des Freiburger Hausbergs Schauinsland gelegen, ist in Freiburg und Umgebung seit jeher ein Begriff – als traditionsreicher Hotelstandort, vor allem aber als beliebtes sonntägliches Ausflugs- und Einkehrziel nach Wanderungen oder zu Familienfeiern. In den letzten Jahrzehnten lief es jedoch nicht mehr rund: Nach mehreren Eigentümer- und Betreiberwechseln stand das Gebäude zuletzt einige Jahre lang leer. Ende 2015 wurde die Liegenschaft schließlich von einer Investorengemeinschaft mit dem Ziel erworben, dort ein naturnahes Gesundheits- und Wellnessresort zu errichten.
Mit seiner organischen Form, der vorvergrauten Schindelfassade und den begrünten Dächern fügt sich das neue Gebäude unaufdringlich in die hügelige Schwarzwaldlandschaft ein
Foto: Ydo Sol & ANAIKER
Nachdem die vorab geprüfte Sanierung und Erweiterung des alten Gebäudes aufgrund der maroden Bausubstanz und der für einen zeitgemäßen Hotelbetrieb und die heutigen Gästeansprüche ungeeigneten Grundrisse verworfen worden war, sollte ein Architekturwettbewerb Ideen für einen Neubau entsprechend den konzeptionellen Vorgaben der Bauherrschaft liefern. Aus fünf eingereichten Vorschlägen ging der Entwurf des Freiburger Büros geis & brantner als eindeutiger Sieger hervor. Von 2016 bis 2019 erfolgte die Neuplanung mit 61 Zimmern und 22 Suiten, einem weitläufigen Spa- und Fitnessbereich sowie einem öffentlich zugänglichen gastronomischen Angebot. Nach 4-jähriger Bauzeit – inklusive 2-jähriger, pandemiebedingter Verzögerung – eröffnete das neue, im Premiumsegement angesiedelte Haus Luisenhöhe – Gesundheitsresort Schwarzwald im September 2023.
Die individuell geschnittenen Zimmer eröffnen dank großflächiger Verglasung einen weiten Panoramablick in Richtung Schwarzwald und Rheinebene. Die an den Gebäudeenden sowie in der obersten, vierten Etage angeordneten Suiten bieten zusätzlich großzügige Terrassen
Foto: Ydo Sol & ANAIKER
Respekt für den Ort und die Natur
An solch einem exponierten und im öffentlichen Bewusstsein sehr präsenten Ort war eine sensible Vorgehensweise gefragt. Naheliegend wäre etwa gewesen, den Chalet-Stil des ursprünglichen Gebäudes aufzugreifen, aber die Architekten Johannes Klorer und Michael Geis wählten einen völlig anderen Ansatz: Sie entwarfen einen organisch geschwungenen, in der Höhe zurückhaltenden Baukörper, der die Höhenlinien des Hangs nachempfindet und sich harmonisch in die umgebende Natur einfügt. Zu diesem Eindruck trägt auch der Erhalt vorhandener Baumgruppen bei, die nun das neue Gebäude umrahmen. Zugleich ließ sich mit der flächigen Gebäudekonzeption die spektakuläre Panoramalage in vollem Umfang für den Hotel- und Restaurantbetrieb in Wert setzen.
Die Bar und das Restaurant im öffentlichen Bereich des Hotels bieten insgesamt 195 Innen- und 186 Außenplätze auf der Südterrasse sowie im Innenhof. Zudem gibt es Veranstaltungsräume für bis zu 80 Personen
Foto: Ydo Sol & ANAIKER
„Die Natur war Vorbild für das gesamte Projekt“, beschreibt Bauherr und Hotelbetreiber Rüdiger Wörnle den architektonischen Ansatz. „Ein irgendwie rechteckiger Baukörper wäre deshalb fehl am Platz gewesen.“ Das Gebäude umfasst vier oberirdische Stockwerke plus ein Untergeschoss für die Haustechnik; die letzten beiden Etagen laufen an den Gebäudeenden in Dachterrassen aus und schmiegen sich so optisch an den Hang an. Das von den Architekten gewählte Fassadenmaterial – 1 500 m2 silbergraue Schindeln aus Weißtanne – unterstützt die natürliche, zurückhaltende Anmutung, sodass das Gebäude aus der Ferne trotz seiner Größe kaum ins Auge fällt. Dasselbe gilt für den Blick von der Bergseite, da sämtliche Dächer mindestens extensiv (die begehbaren intensiv) begrünt wurden.
Spektakulärer Auftakt für die Gäste: Die Verbindung zwischen Tiefgarage und Rezeption wurde als von oben belichteter, in Sichtbetonqualität ausgeführter Bergwerksstollen inszeniert
Foto: Ydo Sol & ANAIKER
Das Tiefgeschoss wurde in WU-Beton und das Erdgeschoss in Stahlbeton-Skelettbauweise errichtet. Für die Obergeschosse erwies sich aufgrund der komplexen Gebäudegeometrie und der Schallschutzanforderungen die Stahlbeton-Schottenbauweise als beste Variante. Die Fassade auf der Außenseite des Gebäudes besteht größtenteils aus selbsttragenden Weißtanne-Glas-Elementen, während die großflächig verglaste Innenhoffassade als Pfosten-Riegel-Konstruktion ausgeführt wurde. Beim Interior Design dominieren wertig anmutende Materialien wie großflächige mineralische Gussböden, Eiche und Weißtanne.
Der Spabereich inklusive Fitness-, Behandlungs- und Ruheräumen erstreckt sich über eine Innen- und Außenfläche von insgesamt 4 400 m2
Foto: Ydo Sol & ANAIKER
Ausblicke nach allen Seiten
Das langgezogene Gebäude verbreitert sich, ähnlich einem Kometenschweif, zum Ende hin; hier liegt der großzügige, 2-stöckige Spa- und Fitnessbereich. In den beiden Stockwerken darüber sind die Zimmer und Suiten an den Gebäudeenden zu beiden Seiten des Flurs angeordnet, während der größte Teil des Gebäudes als Einspänner mit nach außen orientierten Zimmern konzipiert ist. Darunter, im Erdgeschoss, befindet sich der öffentliche Bereich mit Rezeption, Restaurant, Bar und Konferenzräumen. Infolge der Durchmischung von 1- und 2-bündiger Erschließung bieten alle Zimmer und Suiten weite Ausblicke ins Rheintal oder zum Schauinsland.
Vom mittig angeordneten Entrée geht es links zum Spa- und rechts zum öffentlichen Bereich. Ersterer ist den Hotelgästen vorbehalten, sodass hier auch bei Veranstaltungen eine ruhige, der Erholung förderliche Atmosphäre gewahrt bleibt. Zum ganzheitlichen Gesundheitskonzept gehört auch die optimale Belichtung aller Bereiche inklusive der Flure über großformatige Fenster. In den Zimmern lassen sich die Fronten mittels Glasschiebetüren zur Hälfte öffnen, sodass das gesamte Zimmer zur Loggia wird; auf einsehbare und dem Wind ausgesetzte Balkone konnte so verzichtet werden. Die organische Form des Gebäudes brachte es mit sich, dass kein Zimmer hinsichtlich Größe und Schnitt dem anderen gleicht. „Eine besondere Herausforderung für unseren Möbelbauer,“ merkt Rüdiger Wörnle an.
Gestaltete Natur über der Tiefgarage
Auch bei der Konzeption der Außenbereiche sollte möglichst viel von der umgebenden Natur erhalten bleiben. So wurde der hangwärts ansteigende Innenhof zum großen Teil begrünt und geht am bergseitigen Ende in eine Liegewiese mit 25 m-Pool über. Noch weiter oben, am Waldrand, wurden zwei auf Stahlrahmen schonend im Waldboden verankerte hölzerne Pavillons mit Außensauna und Ruheraum errichtet; letzterer wird gern für Yoga-Kurse genutzt. Viel (gestaltete) Natur findet sich auch auf der Panoramaseite des Gebäudes: Um oberirdische Blechlawinen zu vermeiden, wurde eine Parkgarage mit 131 Stellplätzen in den talseitigen Hang eingegraben und darüber ein Biotop mit einheimischen Pflanzenarten angelegt. Die Anlieferung wurde etwas abseits in einer Gebäudenische platziert, sodass sie das Naturpanorama und den Gästebetrieb ebenfalls nicht beeinträchtigt.
Dass es gelungen ist, die Horbener Gemeinderäte von der Auslagerung der Parkfunktion aus dem Hauptgebäude zu überzeugen, sei dem Projekt sehr zugute gekommen, berichtet Architekt Johannes Klorer. Andernfalls hätte man das Hotel höher setzen müssen, was im Konflikt zur gewünschten Landschaftsintegration stand. Quasi nebenbei ist so außerdem ein architektonisches Highlight entstanden: Die Verbindung zwischen Tiefgarage und Rezeption wurde – eine Reminiszenz an das nahegelegene Schauinsland-Bergwerk – als von oben belichteter, in Sichtbetonqualität ausgeführter „Stollen“ inszeniert. Da die Garage im Hang alles in allem auch wirtschaftlicher war als ein weiteres Tiefgeschoss, leistete sich die Bauherrschaft diesen besonderen Auftakt für die Gäste gern – zur Freude der Architekten.
Die Garage dient zugleich als Energiezentrale: Die gesamte Wärme- und Kälteversorgung des Gebäudes wird über ein großflächiges Erdsondenfeld mit 56 Bohrungen in je 145 m Tiefe sichergestellt. Die Zimmertemperierung erfolgt über eine Fußbodenheizung und -kühlung; zusätzlich gibt es – für kalte Wintertage – kleine, dem Gästekomfort dienende elektrische Heizkörper in den Bädern. Auf Photovoltaik wurde verzichtet: Zum einen wollten die Architekten die zurückhaltende Anmutung des Gebäudes nicht mit spiegelnden Modulen stören, zum anderen waren die begrünten Dächer als Wasser-Retentionsflächen wichtig.
Gelungene Wiederbelebung der Luisenhöhe
Obwohl die Größe des Baukörpers und die massiven Erdbewegungen in der Bauphase auch Unmut und Kritik auslösten, hat sich selbst manch früherer Skeptiker inzwischen mit der „neuen Luisenhöhe“ angefreundet. Dies zeigt sich laut Betreiber Rüdiger Wörnle an einer wachsenden Besucherzahl aus der Region sowie von ehemaligen Gästen der alten Luisenhöhe, trotz des höheren Preisniveaus des nun im gehobenen Segment angesiedelten Hauses. Als niederschwelliges Angebot an Wanderer und Radfahrer wurde im Biotop oberhalb der Tiefgarage zusätzlich eine Bike & Hike-Station mit (noch in der Planung befindlichem) Kiosk eingerichtet.
Diese und viele andere Erweiterungen und Verbesserungen des ursprünglichen Konzepts sowie pandemiebedingte Verzögerungen und Lieferschwierigkeiten ließen die Gesamtkos-ten des Projekts im Laufe der 7-jährigen Planungs- und Bauzeit von 50 auf rund 65 Mio. Euro steigen. Trotz dieser Mehrkosten zeigen sich sowohl die Bauherrschaft als auch die Architekten vom Ergebnis begeistert: Entstanden sei ein Ort, an dem sich alle, Hotelgäste wie Einheimische, wohlfühlen können.
Projektdaten
Objekt: Luisenhöhe, Luisenhöhestraße 14, 79289 Horben, www.luisenhoehe-hotel.de
Typologie: Hotel/Gesundheitsresort
Bauherr: GRSL, Gesundheitsresort Schwarzwald Luisenhöhe GmbH & Co KG, Joachim Buhr, Rüdiger Wörnle
Betreiber: BCW Hotels&Resorts GmBH, Joachim Buhr, Rüdiger Wörnle
Architektur: geis & brantner, Michael Geis, Johannes Klorer, geis-brantner.de
Team: Thomas Engelmann, Lena Hirlemann, Laura Martinez, Frank Seitz, Christina Zimmer, Svetlana Milardovic, Stephan Gumbel
Bauleitung: Rhomberg Bau GmbH, geis & brantner, HTG Ingenieure
Generalunternehmung: Rhomberg Bau GmbH / Lindau (open book); Züblin
Bauzeit: 10.2018–08.2023 (inkl. Abbruch)
Grundstücksgröße: 18 381 m², Grundflächenzahl: 0,2, Geschossflächenzahl: 0,54, Nutzfläche ges.: 12 044 m²
Nutzfläche: 6 594 m² ohne TG / 10 337 m² mit TG
Technikfläche: 293 m² ohne TG / 388 m² mit TG
Verkehrsfläche: 1 138 m² ohne TG / 1 319 m² mit TG
Grundfläche: 13 341 m², Rauminhalt: 45 494 m³ brutto
Baukosten (nach DIN 276): 65 Mio. € gesamt brutto
Tragwerksplanung: Göppert Bauingenieure, Lahr,
www.gbi-statik.de
TGA-Planung: HTG Petra Haberland Ingenieurbüro für technische Gebäudeausrüstung, Euskirchen,
www.haberland-ingenieure.de
Fassadentechnik:geis & brantner, geis-brantner.de
Lichtplanung: Tobias Link GmbH, Saarbrücken,
www.tobiaslink.de
Innenarchitektur: Planungsbüro Hüls GmbH, Münster, www.planungsbuero-huels.de
Akustik: Bekon Lärmschutz & Akustik GmbH, Augsburg, www.bekon-akustik.de
Landschaftsarchitektur: Wettbewerb und LPH 8: geis & brantner, Lph1–5: faktorgrün, Freiburg, LPH 5: flor-design Klaus Wegenast e. K., Freiburg, Vegetation: Dipl.-Ing. Brigitte Röde, Köln, www.brigitte-roede.de
Energiekonzept: Stahl + Weiß, Freiburg, www.stahl-weiss.de / HTG Petra Haberland Ingenieurbüro für TGA
Erdsondenfeld: HPC AG, Freiburg, Herr Brenner
Energieberatung: therm. Bauphysik: Herz & Lang GmbH, Schongau, Brandschutz: Jörg Nönniger, Freiburg
Energie Verbrauchsdaten (Auswahl)
Wärmebedarf (statisch + dynamisch): 465 kW
Kühllast (statisch + dynamisch): 460 kW
Außenschwimmbad ganzjährig: 30 °C mit 165 kW
Energieerzeugung: 4 Stk. Sole-/Wasserwärmepumpen, 56 Erdsonden, davon 28 reversibel
Energiekonzept:
öffentliche Bereiche und Spa: Teilklimaanlagen, Kühldecken, Kühlwände, Fußbodenheizung
Zimmer und Suiten: Fußbodenheizung und -kühlung, Umluftkühler in ausgewählten Räumen, Fensterlüftung, WC-Abluft
Küche: Lüftungsdecken, Energieoptimierungsanlage
U-Werte Gebäudehülle:
Außenwand: 0,375 W/(m²K)
Fassadenpaneel: 0,188 W/(m²K)
Bodenplatte: 0,176 W/(m²K) Fußboden UG gegen Erdreich
Dach: 0,184 W/(m²K)
Außenfenster (Uw): 1,3 W/(m²K)
Hersteller (Auswahl)
Beleuchtung: InstaLighting, www.instalighting.de
Bodenbeläge: Ardex Pandomo, www.pandomo.de, Oldenburger Parkett, STO, www.sto.de
Dach: Optigrün, ABS, Vaso
Fassade/Außenwand: Astner Holzschindeln, www.holzschindeln.tirol, Fünfgeld Holzbau, www.fuenfgeld-holzbau.de
Fenster: Erich Schillinger GmbH, www.schillinger-fenster.de
PR-Fassaden i. Teilen/RWA-Anlage: Schüco, www.schueco.com
Wärmepumpen: IDM, www.idm-enrgie.at
Innenwände/Trockenbau: Knauf, Rigips, Promat
RLT-Anlagen: Fläkt, Limodor, www.flaktgroup.com, www.limodor.com, Menerga, www.menerga.com
Sanitär: Dornbracht, www.dornbracht.com, Hansgrohe, www.hansgrohe.de, Bette, www.my-bette.com, Klafs, www.klafs.de
Software/CAD/Zutrittssysteme: MSR: Siemens, CAD: Allplan, allplan.com/Autocad Linear/Häfele
Sonnenschutz: Warema, www.warema.com
Wärmedämmung: Rockwool, www.rockwool.com