Kontaminierte Holzkonstruktionen sanieren

Bauen im Bestand – oder genauer: mit dem Bestand – scheitert immer wieder und sehr zentral an dem Befund, dass hochgiftige Schadstoffe eine Sanierung erheblich verteuern oder gar unmöglich machen.

Neben dem uraltbekannten Asbest sind es auch Holzschutzmittel wie Lindan und Pentachlorphenol (PCP), die den Bestand belasten. Man schätzt, dass hier rund 3 Mio. Gebäude in Deutschland betroffen sind. Ein Weiterbauen in mit Giftstoffen belasteten Bauten galt bisher als zu kostenaufwendig, das Kapseln der kontaminierten Bereiche oder das Entsorgen belasteter Holzbaustoffe als Sondermüll ist zudem in keiner Weise nachhaltig. Im Projekt „CycloPlasma“ entwickeln Forscherinnen des Fraunhofer-Instituts IBP ein auf die Beseitigung der gefährlichen Holzschutzmittel zielendes, neuartiges Verfahren, das die auch nach Jahrzehnten noch vorhandenen Gefahrenstoffe über den Einsatz eines speziellen Absorbermaterials rückstandsfrei, nachhaltig und gesundheitlich unbedenklich entfernen soll − sowohl in der Luft als auch in den kontaminierten Holzkonstruktionen selbst.

Als Adsorbermaterial, das wie eine Lasur auf das Holz aufgestrichen wird, kommen Cyclodextrine (CD) zum Einsatz, dessen Moleküle in der Lage sind, Schadstoffe wie Lindan und PCP einzufangen undzu binden. CD wurden bereits vor 100 Jahren entdeckt und kommen bisher bei der Sanierung von schwermetall- oder ölverunreinigten Böden zum Einsatz. „Bei den Cyclodextrinen handelt es sich um ringförmige Dextrosemolekül-Ketten, die enzymatisch aus Stärke gewonnen werden. Die Ringstrukturen aus Zuckerketten umschließen das Lindan und PCP in einem Hohlraum und kapseln sie somit komplett ein“, so Dr. Andrea Burdack-Freitag, stellvertretende Abteilungsleiterin und Leiterin der Gruppe Analytik und Angewandte Sensorik am IBP. Die ­Wissenschaftlerin und ihr Team haben eine neue, gelförmige Rezeptur aus den Cyclodextrinen, die als weißes Pulver vorliegen, formuliert. Das Gel lässt sich zerstörungsfrei auf Holz auftragen. Die farblose Textur verändert die Holzstruktur nicht und ist auf der Holzoberfläche optisch nicht wahrnehmbar. Sie löst keine Schimmelbildung aus, ist ungiftig, farblos, biologisch abbaubar und abwaschbar. Schadstoffe, die nicht mehr gebunden werden können, werden über das Gel in die Innenraumluft abgegeben. Hier kommt die Plasmatechnologie zum Einsatz. Ein Plasmagerät, das sich etwa an der Decke anbringen lässt, saugt die schädlichen Stoffe auf und macht sie unschädlich.

Derzeit findet die praktische Erprobung der Technologie mit Messtechnik im kon­taminierten Dachgeschoss der historischen Thürlmühle statt, die sich auf dem Gelände des Projektpartners Freilichtmuseum Glentleiten, Großweil/Oberbayern befindet. Ganz allgemein lassen sich Adsorber- und Plasmatechnologie kombinieren, je nach Schadstoffbelastung und Raumgröße. Die Rezeptur für den Sanierungs- und Baubereich wurde bereits zum Patent angemeldet.

„Müssen wir abreißen!“, diesen Befund sollten wir in den kommenden Jahren dann weniger oft zu hören bekommen. Und in einem gesäuberten Bestand mit der Weiterplanung starten! Be. K.

www.ibp.fraunhofer.de
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