Kreislaufwirtschaft?

Die Diskussion um die Einführung des § 246e BauGB, der, so der Bund, zusätzliche Investitionen in den Bau von bezahlbarem und klimagerechtem Wohnraum und zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Bau- und Immobilienwirtschaft auslösen soll, der aber einen Wohnungsbau fördert, der insbesondere den Geldgebern dient und weniger den Gemeinden, ist eine hitzig geführte. Das Problem, bezahlbaren Wohnraum langfristig, also auch nachhaltig bereitzustellen, wird dieser Beschleunigungsparagraph nicht lösen können.

Auf dem Hintergund dieser Diskussion fand im vergangenen Jahr ein Werkstattverfahren in Hamburg-Wilhelmsburg statt, das ebenfalls den Wohnungsbau ankurbeln soll. Das Verfahren, das u. a. einen privaten Antreiber hat, setzt auf Kreislaufwirtschaft und nicht auf ein lineares Weiterso. Oder doch?

In Wilhelmsburg, dem notorisch abgehängten Stadtteil im Süden Hamburgs, versucht man nun gerade die IBA-Ziele, die das verlorene Stück Stadt im „Sprung über die Elbe“ zurückholen sollten, durch dieses, Ende 2022 ausgelobte und ein Jahr später entschiedene Werkstattverfahren wiederzubeleben. Das vom Immobilienunternehmen Otto Wulff (u. a. beteiligt am „Algenhaus“ in Wilhelmsburg) in Kooperation mit der Stadt Hamburg ausgelobte Verfahren hat sich Re-Use, Re-Cycle und Urban Mining auf die Agenda und den eingeladenen sechs Büros auf den Aufgabenzettel gesetzt. Diese mussten in der Wahl der Materialien (u. a. R-Beton, den Otto Wulff als Projektpartner des EU-Forschungsprojekts „CIRCuIT“ seit 2022 auf seinem Firmengelände sehr praktisch erforscht) und deren Verwendung auf Kreisläuf­fähigkeit achten. Auf insgesamt 1,2 ha waren rund 23 000 m² Bruttogrundfläche mit etwa 180 Wohnungen zu beplanen, 30 % frei finanziert und gefördert, der Rest Eigentum. Dazu kommen Geschäfte und eine Wohn- und Pflegeeinrichtung.

Die Jury setzte Behnisch Architekten, Stuttgart, auf den 1. Platz, den 2. Platz sprach sie Sauerbruch Hutton, Berlin, zu und den 3. Platz Jan Wiese Architekten, Berlin.

Was genau kreisläuffähige Materialien auszeichnet, war nicht zu erfahren. Immerhin müssen sie die Hälfte des Materialvolumens ausmachen. Ob für die versiegelte Fläche Ausgleich geschaffen wird? Auch dazu nichts zu lesen. Was die Quadratmeterpreise Erstellung Eigentum-/Mietwohnung angeht: nichts. Ebensowenig dazu, an wen sich das Kreislaufexperiment nun richtet. In Wilhelmsburg leben eher junge Menschen und Menschen mit geringem Einkommen.

Dass der Siegerentwurf von Behnisch Architekten auch mit dem Konzept von „Switch-Wohnungen“ überzeugte, also variablen Wohnungsgrößen, überrascht ein wenig; dieses Konzept flexibler Handhabe ist länger schon in Anwendung, hat sich wenig bewährt.

Am Ende ging es „um gute Grundrisse, schöne Wohnungen und ansehnliche Häuser“, so Hamburgs Oberbaudirektor Franz-Josef Höing, der Mitglied des Preisgerichts war. Am Ende dann doch der Bauturbo, in Wilhelmsburg allerdings in einem scheinbar zuende diskutierten Nachhaltigkeitsrahmen. Einen § 246e braucht man hier jedenfalls nicht, man braucht findige Unternehmer. Auch nicht schlecht für die Bauwirtschaft, aber auch für uns alle? Be. K.

www.otto-wulff.de

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