Liebe Leserinnen und Leser,
warum noch ein Heft übers Wohnen? Das haben wir uns auch gefragt. Doch das Thema ist aktueller denn je und bietet genügend Arbeitsfelder, um noch neue Ansätze zu finden. Und vor allem zu zeigen.
Wer in kleinstädtischen Strukturen lebt, wohnt häufig auf großer Fläche, zunehmend allein, in schwer zu heizenden, alleinstehenden Häusern. In knapp 41 Prozent aller deutschen Haushalte lebte 2022 nur eine Person. Nimmt man die Zweipersonenhaushalte hinzu, kommen wir auf 75 Prozent [aus: Statistisches Bundesamt, Haushalte und Haushaltsmitglieder, Stand: 30. März 2023]. In der Großstadt fällt der Mangel an passenden finanzierbaren Wohnungen auf. So weit, so bekannt. Und doch müssen sich Architektinnen und Architekten immer wieder neu dem Wohnungsbau widmen und Lösungen für die Probleme unserer Zeit finden. Lösungen, die vom Design überzeugen und trotzdem praktisch sind, die häufiger als bisher auch wiederverwertbare Materialien nutzen; Lösungen, die neue Wohnformen fördern oder zumindest ermöglichen.
Wie gemeinschaftliches Wohnen gelingen kann, haben wir mit den Heftpartnern dieser Ausgabe diskutiert, dem Berliner Büro Eyrich-Hertweck Architekten. Das Büro beschäftigt sich vorrangig mit dem Wohnungsbau. Anita Eyrich und Christian Hertweck nennen in „DBZ, der Podcast“ Voraussetzungen für eine gute Wohnung, wie zum Beispiel: in einer Baugenossenschaft leben, in einer Baugruppe mit gesunden Materialien bauen mit der Möglichkeit des Wohnungstauschs und einem belebenden Mix von Wohnungen und Gewerbe. Was den Wohnungsbau im Bestand angeht, nannten die beiden als Vorbild Gebäude aus der Gründerzeit mit ihren einfachen Grundrissen, die seit 150 Jahren für Familien, Büros, WGs oder Arztpraxen gleichermaßen funktionieren.
Mit ihrer Erfahrung unterstützten uns Eyrich-Hertweck Architekten bei der Auswahl der in diesem Heft vorgestellten Projekte. Auch wenn sich die Anforderungen an die Planungen stark unterscheiden, setzen alle Projekte ihren Schwerpunkt auf gemeinschaftliches Wohnen – ein Wohnen, das Einsamkeit entgegenwirkt und/oder möglichst flexible Grundrisse für künftige Nutzungen aufweist.
Bei der Wohnanlage Arcostraße in Hamburg von blauraum Architekten fanden wir im Gespräch mit unseren Heftpartnern den luftigen Charakter bei einem gleichzeitig hohen Grad an Verdichtung bemerkenswert. Herausragend nannten Eyrich-Hertweck Architekten auch den gemeinschaftlich genutzten Außenraum (S. 24ff.). Einen gelungenen Gemeinschaftsaußenraum, der sich an innerstädtischen Gassen orientiere, betonen auch die Wohnsiedlungen von Enzmann Fischer in Waidmatt bei Zürich mit ihren unterschiedlichen Wohntypen (S. 30ff.). Das Pergolenviertel in Hamburg von Kbnk Architekten schafft es ebenfalls, trotz hoher Verdichtung den menschlichen Maßstab zu bewahren (S. 36ff.). Soziale wie ökologisch interessante Aspekte stellt das Holzhaus Linse von Scharabi Architekten in Berlin heraus. Er sorge durch seine Materialwahl für ein gesundes Wohnklima (S. 42ff.). Man dürfe nicht müde werden, gute Beispiele zu zeigen und Potentiale aufzuzeigen, sagt Christian Hertweck. Denn, so ergänzt seine Büropartnerin Anita Eyrich in unserem Podcast: „Architektur ist unser Lebensraum und ein wichtiger Teil, der uns ausmacht.“ Wobei sie auch die Frage stellt, wieviel Quadratmeter wir wirklich noch benötigen, wenn wir mit unserem Tablet aus unserem Zimmer kaum mehr herauskommen.
Vielleicht finden Sie in diesem Heft einige Anregungen für künftige Projekte. Das würde uns freuen!
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen,
Ihre Heide Teschner