Liebe Leserinnen und liebe Leser,

in vielen unserer Ausgaben beschäftigen wir uns mit den drängenden Themen der Zeit und was sie für das Bauen und die Architektur bedeuten – energie- und materialsparend planen, mit dem Bestand arbeiten, einfacher bauen. Das alles ist wichtig und richtig, und doch gibt es Bauaufgaben, bei denen es ein bißchen mehr sein darf, wenn nicht sogar sein muss. Ein solches Aufgabenfeld sind Instituts- und Forschungsbauten, denen wir dieses Heft gewidmet haben. Zum einen sind die konstruktiven und technischen Anforderungen extrem hoch und erfordern ein Mehr an Fachplanung, Ausstattung und Material. Zum anderen sind die Betreiber und Nutzerinnen dieser Häuser darauf angewiesen, den Elfenbeinturm der Wissenschaft zu verlassen und sich mit den veränderten Rahmenbedingungen in der Gesellschaft auseinanderzusetzen. Dies betrifft vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels zum Beispiel eine Öffnung der Gebäude nach außen hin, um mehr Interesse und Verständnis für das zu erzeugen, was im Inneren vor sich geht. Aber auch die Innenräume müssen neu gedacht werden, um attraktive Arbeitsplätze zu bieten, die mehr Kommunikation der Wissenschaftlerinnen und Forscher untereinander ermöglichen und zukünftige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anzuziehen.

Zwei Beispiele, die diese Entwicklung besonders schön zeigen, sind das CEEC Jena II/AWZ Jena von unseren Heftpartnern Telluride Architektur sowie das ECAP in Nürnberg-Erlangen der ARGE dichter + Glass Kramer Löbbert. Beide Gebäude sind als neue Bausteine innerhalb einer bestehenden Campusstruktur konzipiert und stehen sowohl für eine städtebauliche Vernetzung als auch für offene, kommunikative Räume im Gebäudeinneren. Noch einen Schritt weiter geht das Copernicus Science Center in Warschau von heinlewischer, dass sich als „didaktisches Forschungszentrum“ präsentiert und neben Laborräumen und Büros auch eine öffentliche Nutzung mit Ausstellungsräumen, Restaurant/Café und einem Planetarium hinter seiner semitransparenten Membran-Fassade vereint. Unser Beispiel aus Zürich, das GLC der ETH Zürich von Boltshauser Architekten, zeigt hingegen, dass Forschung nicht immer nur in spektakulären Neubauten untergebracht werden kann, sondern auch im Bestand schlaue und architektonisch herausragende Lösungen möglich sind, die sich zukunftsweisend in den städtebaulichen Kontext integrieren lassen. Und mit dem ZAQuant in Stuttgart wird nochmal auf sehr eindringliche und gelungene Weise deutlich, wie sich höchste technische Anforderungen mit „spektakulär unspektakulärer“ Architektur und einem Ambiente, in dem sich die Angestellten wohlfühlen, in Einklang gebracht werden können. Apropos wohlfühlen – in unserem Beitrag zum Thema Reinraumtechnik lesen Sie nicht nur, wie Sie sich im Dschungel der Regelwerke besser zurechtfinden können. Sondern auch, wie man es schafft, den Mensch nicht als „Gefahr für den Reinraum“ zu definieren, sondern den Mitarbeitenden auch in einer solchen Umgebung bestmögliche Arbeitsbedienungen zu bieten.

Das alles haben wir diskutiert mit unseren Heftpartnern Joel Hahn und Hubert Juranek von Telluride Architekten, deren Standpunkt zum Thema Sie auf Seite 20 lesen und/oder wie immer in unserem Podcast hören können. Wir hoffen, Ihnen mit der Lektüre dieser Ausgabe einen Blick hinter bislang oft verschlossene Türen zu ermöglichen und Ihre Neugier auf anspruchsvolle, spannende Bauaufgaben heute und in Zukunft zu wecken.

Auf zu neuen Ufern!

Ihre

Katja Reich

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