Ressourcenschonend relaxen

Hotels können wahre Energiefresser sein: Der durchschnittliche Energieverbrauch von Hotels liegt bei 250 bis 300 kWh pro Quadratmeter und Jahr. Viele Eigentümer und Betreiber stehen daher vor der Herausforderung, den hohen Komfortansprüchen der Gäste gerecht zu werden und gleichzeitig möglichst kostenschonend und nachhaltig zu wirtschaften. Besonders in Wellnesshotels, wo Saunen, Pools und Spa-Einrichtungen zum Standard gehören, ist der Energiebedarf enorm. Angesichts steigender Energiepreise und wachsender Umweltverantwortung kommt es auf die richtigen baulichen Konzepte und eine passgenaue Gebäudetechnik an.

Grüne Perspektive: Nicht nur naturnahe Spas kommen bei der Kundschaft gut an – auch ein niedriger CO2-Fußabdruck wird zunehmend nachgefragt
Oliver Hasselluhn iStock

Grüne Perspektive: Nicht nur naturnahe Spas kommen bei der Kundschaft gut an – auch ein niedriger CO2-Fußabdruck wird zunehmend nachgefragt
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Wellnessarchitektur ist mehr als nur ästhetische Gestaltung. Sie zielt darauf ab, mit durchdachtem Design Energie zu sparen. Bereits in der Planungsphase können erhebliche Weichenstellungen für einen niedrigen Energieverbrauch vorgenommen werden. Außenpools verbrauchen beispielsweise besonders viel Energie, und das nicht nur in der kalten Jahreszeit. Auch in den Sommermonaten werden die Pools in der Regel beheizt. Dazu kommt die Verdunstung, die sich ebenfalls auf den Energieverbrauch auswirkt. Eigentümer und Betreiber sollten daher genau prüfen, ob solche Wellnessangebote für ihre Zielgruppe ein wichtiges Entscheidungskriterium sind.

Bei der Planung kommt es auf eine möglichst effiziente Flächennutzung an. Kompakte Bauformen mit möglichst viel Randfläche minimieren die Wasseroberfläche und vermindern somit die Verdunstung sowie den damit verbundenen Wärmeverlust. Die Pools sollten an windarmen und sonnigen Orten positioniert werden, um die ­natürliche Erwärmung des Wassers zu begünstigen. Während der Nacht tragen auch Poolab­deckungen zum Energiesparen bei.

Durchschwimmkanäle, die Innen- und Außenpools verbinden, helfen durch die ständige Wasserzirkulation zwischen Innen- und Außenbereichen die Temperatur zu regulieren. Lamellen und Überhänge an den Schleusen kontrollieren zudem den Eintritt beziehungsweise Austritt von kalter und warmer Luft. Zusätzlich können Wärmeverluste reduziert werden durch kurze Ver- und Entsorgungsleitungen bei einer nahen Platzierung am Hotel.

Smarte Steuerungssysteme erhöhen Effizienz

Energieintensiv: Beheizte Pools im ­Außenbereich gehören zu den großen Energiefressern im Wellnessgeschäft
Foto: Hotel Atlantis by Giradino
Energieintensiv: Beheizte Pools im ­Außenbereich gehören zu den großen Energiefressern im Wellnessgeschäft
Foto: Hotel Atlantis by Giradino

Neben architektonisch-baulichen Aspekten spielt die Automatisierung eine entscheidende Rolle bei der Zukunftsfähigkeit von Wellnessbereichen. Durch den Einsatz von Sensoren und IoT-Technologien können intelligente Steuerungssysteme den Energieverbrauch an die tatsächliche Nutzung der Wellnessbereiche anpassen. Beispielsweise kann die Temperatur in Saunen und Dampfbädern automatisch gesenkt werden, wenn sie nicht in Gebrauch sind, um so unnötigen Energieverbrauch zu vermeiden. Gleichzeitig können Beleuchtung und Lüftung bedarfsgerecht gesteuert werden, was insbesondere in großen Wellnessanlagen zu erheblichen Einsparungen führt.

Moderne Energiemanagementsysteme bieten Hoteliers außerdem die Möglichkeit, ineffiziente Prozesse zu identifizieren und durch gezielte Maßnahmen den Energieverbrauch zu senken. Sie erkennen Verbrauchsmuster und können Prognosen für zukünftige Energiebedarfe erstellen. So können Hotels beispielsweise Spitzenzeiten vorab kalkulieren und entsprechende Maßnahmen einleiten, um Engpässe zu vermeiden und den Verbrauch zu optimieren. Auch die Integration erneuerbarer Energien in das Energiemanagement wird durch digitale Technologien erleichtert, indem sie den Einsatz von Solarenergie oder Geo-thermie effizient steuern.

Wärmerückgewinnung optimiert Energieverbrauch

Energiebewusst: Pools im Innenbereich haben einen deutlich geringeren Energieverbrauch
Foto: Hotel Atlantis by Giradino
Energiebewusst: Pools im Innenbereich haben einen deutlich geringeren Energieverbrauch
Foto: Hotel Atlantis by Giradino

Eine besonders vielversprechende Methode, um den Energieverbrauch einzudämmen, ist die Wärmerückgewinnung. Im Wesentlichen funktioniert die Wärmerückgewinnung so: Die warme Abluft eines Raums wird durch einen Wärmetauscher geleitet, der die Wärme entzieht und sie auf die kühle Zuluft oder je nach Temperaturniveau auf ein anderes Medium überträgt. Dadurch kann die Energie, die sonst verloren gehen würde, genutzt werden, um Räume oder Wasser zu erwärmen. Dies reduziert den Energieverbrauch erheblich und steigert die Energieeffizienz des gesamten Gebäudes.

In Hotels ist diese Technologie besonders geeignet, da in den Duschen der Zimmer und im Wellnessbereich ein hoher Warmwasserbedarf anfällt. Die durchschnittlichen Abwassertemperaturen bewegen sich hier zwischen 22 und 24 °C. Das ist viel Energie, die über einen sogenannten Abwasserwärmetauscher gerettet werden kann. Dieser entzieht dem Abwasser Energie und gibt sie über ein sekundäres Medium an das Warmwassernetz zurück. Das Wasser ist also schon vorgewärmt, weshalb die Wärmeerzeugung keinen allzu hohen Temperaturhub schaffen muss. Die Wärmetauscher sparen auf diese Weise deutlich Energie und Emissionen ein und amortisieren sich mittelfristig im laufenden Betrieb. Zudem können sie meistens einfach nachgerüstet werden, ohne den laufenden Betrieb zu beeinträchtigen.

Um ungenutzte Abwärmepotenziale besser zu erschließen, wurde eine zentrale Informationsplattform für Abwärme nach § 17 des Energie­effizienzgesetzes (EnEfG) eingerichtet. Die digitale Schnittstelle zwischen Abwärmequellen und potenziellen Abnehmern ist seit April 2024 online und steht Nutzenden zur Übersicht, Dateneintragung und Vernetzung bereit. Die Verwertbarkeit der Abwärme hängt von zahlreichen Faktoren ab. Dazu gehören unter anderem das Temperatur­niveau, die Gleichzeitigkeit von Wärmebereitstellung und -bedarf sowie die räumliche Nähe von Wärmequelle und -senke.

Eine der Hauptabwärmequellen in der Wohlfühl-Industrie ist die Rückkühlung der Kälteerzeugung. Diese Abwärme gilt es, in das Wärmenetz einzugliedern. Ob zur Erhitzung des Poolwassers oder zur Einspeisung in die Fußbodenheizung für ein angenehmes Raumklima – für die gewonnene Abwärme gibt es im Wellnessbereich vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Sollte sich die Abwärme nicht für die betriebsinterne Nutzung eignen, kann sie ggf. auch extern verwendet und an Fernwärmenetze abgegeben werden – je nach Energiemenge und Temperaturniveau.

Warme Wasser sind tief

Cool kalkuliert: Auch die Prozesskälte­ von Abkühlbecken lässt sich sinnvoll in das Energiekonzept grüner Spas integrieren
Foto: Thomas Rodriguez
Cool kalkuliert: Auch die Prozesskälte­ von Abkühlbecken lässt sich sinnvoll in das Energiekonzept grüner Spas integrieren
Foto: Thomas Rodriguez

Eine weitere Möglichkeit zur ressourcenschonenden Wärmeerzeugung liegt im Einsatz erneuerbarer Quellen wie etwa Solarthermieanlagen oder Photovoltaikanlagen, sofern diese mit einer Wärmepumpe kombiniert werden. Hotels können den selbst erzeugten Strom dann vor allem in den Sommermonaten mit einem sehr hohen Eigenanteil nutzen. Zudem kann ein regenerativ betriebenes Blockheizkraftwerk die Energiebilanz verbessern. Neben dem erzeugten Strom fällt hier Abwärme an, die sich etwa zur Beheizung des Wellnessbereichs verwenden lässt.

Immer mehr Hotels setzen außerdem auf Geothermie. Das Potenzial ist dabei enorm: Laut Studie des Leibniz-Instituts für Angewandte Geophysik könnten tiefe und oberflächennahe Geothermie bis 2045 etwa 40 Prozent des Wärmebedarfs in Deutschland liefern. Dabei geht es stark vereinfacht darum, heißes Wasser aus Erdschichten mit einer Tiefe von 400 m und mehr für die Wärme- und in Teilen auch Stromgewinnung zu nutzen. Optimale Bedingungen für die Tiefengeothermie herrschen hierzulande im Norddeutschen Becken, im Oberrheingraben und in Südbayern vor. Insbesondere im süddeutschen Molassebecken, das sich von der Donau bis zum Alpenvorland erstreckt, gibt es das größte Heißwasservorkommen in Mitteleuropa.

Geothermische Systeme sind äußerst effizient, da sie die konstante Wärme des Erdreichs nutzen und daher weniger Energie benötigen als herkömmliche Heiz- und Kühlsysteme. Dies führt zu erheblichen Kosteneinsparungen, insbesondere bei steigenden Energiepreisen. Da Geothermie unabhängig von externen Energiequellen ist, bietet sie Hotels eine hohe Planungssicherheit. ­Einmal installiert, sind geothermische Systeme wartungsarm und verursachen im Vergleich zu fossilen Energieträgern geringe Betriebs­-
kos­ten.

Trotz der anfänglichen Herausforderungen und Investitionskosten zeigt sich, dass geothermische Systeme auf lange Sicht erhebliche wirtschaftliche und ökologische Vorteile bieten. Hotels, die diese Technologie nutzen, können nicht nur ihre Betriebskosten senken, sondern auch ihr Nachhaltigkeitsprofil stärken und sich so erfolgreich im Wettbewerb positionieren. Angesichts der zunehmenden Bedeutung von Nachhaltigkeit und Energieeffizienz in der Hotellerie wird die Geothermie in Zukunft eine immer größere Rolle spielen. Das wird nicht zuletzt durch den Gesetzgeber flankiert: Mitte Juli 2024 hat die Bundesregierung den Entwurf des Geothermie-Beschleunigungsgesetzes (GeoWG) vorgelegt. Laut Bun­des­wirtschaftsminis­terium soll das Gesetz die Grundlagen dafür schaffen, dass sich bis 2030 10 TWh Energie aus Erdwärme gewinnen lassen – das sind etwa zehnmal so viel wie derzeit.

Alles im grünen Bereich

Die Nutzung von nachhaltigen Technologien hat noch einen weiteren Vorteil: Um die Rendite und Wertstabilität ihrer Immobilien langfristig zu ­sichern, setzen Investoren und Eigentümer zunehmend auf die so genannte ESG-Konformität, also auf die Verantwortung der Unternehmen für die Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung ­(Governance). In Hinblick auf Immobilieninvestments wird die Nicht-Erfüllung der ESG-Kriterien zum finanziellen Risiko: Wertverluste bis hin zum Totalverlust der Investition können die Folge sein.

Wie lässt sich aber feststellen, ob ein Hotelgebäude und der Betrieb wirklich „grün“ sind? Um das zu überprüfen, greift ab 2025 die EU-Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD). Diese Maßnahme zur Umsetzung der ESG-Grundsätze verpflichtet einen Großteil der Hoteleigentümer und Betreiber gesetzlich zu einer jährlichen Nachhaltigkeitsberichtserstattung, sodass hier alle Stakeholder gefordert sind. Das soll zu mehr Transparenz und Vergleichbarkeit führen sowie Nachhaltigkeitsstrategien anregen und optimieren.

Die Implementierung von ESG-Standards ist ein dynamischer Prozess, der weitreichende Vorteile sowohl für den Naturschutz als auch für die Geschäftsstrategie hat. Hotels, die ESG-Initiativen proaktiv umsetzen, verbessern nicht nur ihre Umwelt- und Sozialbilanz, sondern stärken auch ihre Märkte und bleiben wettbewerbsfähig. Im ersten Schritt ist es für Eigentümer und Betreiber wichtig, den baulichen und technischen Status quo der Hotels sowie die betrieblichen Parameter, wie etwa Energieverbräuche, auf den Prüfstand zu stellen. Dabei können sogenannte ESG-Screenings helfen, die verschiedenen Aspekte der Nachhaltigkeit zu bewerten und Potenziale aufzuzeigen. Denn auch wenn Reisende oftmals noch nicht bereit sind, mehr Geld für nachhaltige Hotels auszugeben: Der Druck auf den Wettbewerb am Hotelmarkt wächst. Immer mehr Unternehmen berücksichtigen den CO2-Fußabdruck bei Reiseplanungen. Rahmenverträge werden daher künftig bevorzugt mit den Hotels geschlossen, die einen positiven Impact vorweisen können. So werden Green Lease-Klauseln künftig zum Standard bei Pachtverträgen zwischen Eigentümern und Hotelbetreibern und die Transparenz von Daten, zum Beispiel Verbrauchsdaten, eine essenzielle Grundlage des Miteinanders.

Dazu kommt, dass die Umsetzung von Nachhaltigkeitsstrategien für Hotelbetreiber oft ein entscheidendes Verhandlungsargument beim Vertrieb sind. Das gilt beispielsweise bei der Teilnahme an Request for Proposal (RFP)-Prozessen – der Abfrage nach Sonderkonditionen großer, meist international agierender Unternehmen. Ohne solche Aktivitäten nachweisen zu können, scheitern Hotels gegebenenfalls bereits bei diesem frühen Auswahlkriterium.

Abschied von der ökologischen Einbahn­straße

Wer den ökologischen Fußabdruck seiner Immobilie minimieren will, muss umdenken – das gilt auch für das Bauen selbst: Jährlich verschwinden Milliarden Tonnen von Kalk, Kies, Sand und Stahl in Gebäuden. Bei Abriss werden große Teile davon zu Abfall. Dabei ließe sich das gigantische Rohstofflager, das in Gebäuden schlummert, durch ein Umdenken vom linearen Effizienzpfad hin zu einer Circular Economy heben. Cradle-to-Cradle heißt dieses Designprinzip, das darauf abzielt, Materialien bei Umbau oder Abriss in ursprünglicher Form wiederverwenden zu können. Derzeit gibt es schon tausende zertifizierte Cradle-­to-Cradle-Produkte – darunter Bodenbeläge, Fassadensysteme und Möbel, die komplett schadstofffrei, gesundheitlich unbedenklich und emissionsarm sind. So bleiben Produkte auch dann werthaltig, wenn sie irgendwann das Ende ihrer Nutzungsdauer erreicht haben und – dank exakter Dokumentation im digitalen Gebäude­zwilling – einfach wieder zerlegt werden können.

Berechnungen von Drees & Sommer und TS Advisory zufolge kann das Bauen nach dem Circular Economy-Prinzip eine Wertsteigerung von bis zu zehn Prozent in Relation zu konventionellen Gebäuden ermöglichen. Fest steht also: Damit Immobilien, so auch Hotels, nicht zu Fehlinvesti­tionen werden, wird die ESG-Performance künftig immer relevanter.

Autoren: Gesa Rohwedder,
Associate Partner und Head of
Hospitality bei Drees & Sommer,
Dr.-Ing. Jörg Huber-Vatreš, Senior
Consultant bei Drees & Sommer
Foto: Drees & Sommer

Autoren: Gesa Rohwedder,
Associate Partner und Head of
Hospitality bei Drees & Sommer,
Dr.-Ing. Jörg Huber-Vatreš, Senior
Consultant bei Drees & Sommer
Foto: Drees & Sommer

Foto: Drees & Sommer
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