Revolution: Kugelgasbehälter fürs Wohnen?
Im hinteren der beiden ehemaligen Flüssiggastanks könnte
Wohnraum
entstehen
Foto: Benedikt Kraft
Revolution! Da versucht einer, das „Wohnen in der Kugel“ zu realisieren und er scheitert am System. Eigentümerin und sogar der Denkmalschutz sind mit einem Umbau einverstanden, aber die genehmigungszuständige Stadt verweigert: Wohnen ist an dieser Stelle nicht vorgesehen.
Aber von Anfang an. Eine Kugel ist – statisch gesehen – ein idealer, weil sehr stabiler Körper. Man braucht nicht viel Wandstärke, um eine Kugel standfest zu machen. Andererseits wohnen wir wohl deshalb nicht massenhaft in Kugeln, weil in ihnen zuviele Kreissegemente – vertikal wie horizontal – das Aufstellen von Wohnzimmerschränken erschwert. Flächeneffizienz kämpft hier mit Hüllflächeneffizienz und erstere hat das ökonomisch bestimmte Rennen gewonnen. Und so steht das, was der Franzose Claude-Nicolas Ledoux mit seinem „Projet de maison de gardes agricoles pour le parc de Mauperthuis“ 1789 publizierte, paradigmatisch für den allerdings umstrittenen Begriff der „Revolutionsarchitektur“.
Aber vielleicht muss man auch kein Revolutionär sein, sondern einfach Architekt mit Fantasie und dem Willen, aus dem Vorhandenen das Meiste zu machen. So aktuell der emeritierte, aber immer noch sehr aktive Prof. Dr.-Ing. Axel Pfeil, der an seinem Wohnort Bielefeld zwei Gastanks (Hochdruck-Kugelgasbehälter) entdeckte, der eine mit dem Baujahr 1932, der andere 30 Jahre jünger. Letzterer erschien dem Architekten für den Umbau in ein Wohnhaus geeignet, der erste hat eine höhere Schutzwürdigkeit – da als Ingenieurbauwerk mit besonderer Entwicklungs- und Fertigungsgeschichte bauhistorisch wertvoller (s. a.: Der Hochdruck-Kugelgasbehälter in Bethel, Sonderdruck aus „Der Bauingenieur”, 1935).
So schlägt er für die kleinere Kugel vor, auf drei Ebenen zehn Einraumwohnungen mit insgesamt ca. 340 m² Wohnfläche für Studenten zu realisieren. Eigentümerin, die Bethel-Stiftung, und der Denkmalschutz hatten schon zugestimmt, doch das Umweltamt verweigert eine Genehmigung, dem Architekten ging bereits ein negativer Vorbescheid zu.
Seitdem die Tanks 1975 vom Netz genommen wurden, stehen sie nutzlos im landschaftlich idyllischen, aber durchaus auch wohnlich genutzten „Quellental“, so heißt der Zipfel Grundstück, der das weitläufige Bethel-Gelände nach Osten hin in Richtung Teutoburger Wald abschließt.
Die Geschichte scheint am Ende zu sein. Wieder eine Kugelarchitektur, die zu nichts führt außer dazu, zu schauen, wo man brachliegendes Potential für eine gute Sache heben könnte. Gerade das sich verweigernde Umweltamt müsste doch erkennen, dass Bauvorhaben dieser Art beinahe perfekter Umwelt-/Klima-/Gemeinschaftsschutz sein können. Wir bleiben dran. Be. K.