Schier alles gezeigt
Hoffentlich kennen Sie Kinderbücher dieser Art: großformatig, feste Deckel, dazwischen seitenfüllende Illustrationen. Wenig Text, denn die Kleinen können ja noch keine Schrift lesen. Bilder schon. Wenn Sie ein solches Druckwerk vor Augen und schon mal in Händen gehabt haben, dann ist es nicht weit zum Vorliegenden: „Die präzisen Detail-analysen von 25 ausgewählten, aktuellen Schweizer Architekturprojekten“ (Verlag). Nun sind es eher die nach Konstruktionsweisen sortierten Isometrien von Schnitten im Maßstab 1 : 15, Schnitte, deren Ort im Bau man anhand zweier vorher gezeigter Fotografien zuzuordnen aufgefordert ist. Der Maßstab ist derart, dass die auf etwa DINA3 gedruckten Pläne – meist in der Fassadenebene – schier alles zeigen: die Konstruktion in ihrer Materialität, teils auch mit ihren Verbindern (Schrauben etc.), ihrer Fügung und Doppelung, aber auch Anbauten wie Geländer oder Sonnenschutz, Beleuchtung etc. Die Zeichnungen überraschen sämtlich durch die Vielschichtigkeit, das schier Unübersichtliche im Fügen und Verbinden, und wahrscheinlich wird nur der, der im Stahlbau, im Holz- oder Betonbau Expertin ist, erkennen können, ob wir hier tatsächlich „die oftmals verborgene Innovation des zeitgenössischen Bauens“ (Verlag) entdecken. Legenden sind nicht vorhanden.
Die drei Texte am Ende der Foto- und Plandarstellung wurden – wohl dem Großformatigen des Vorangehenden angepasst – in kindgerechtem Schriftgrad gesetzt. Dass diese Aufblähung der ansonsten eher kurzen und tatsächlich nicht sonderlich gehaltvollen, eher das immer schon Gesagte rekapitulierenden Texte dem Vorhergezeigten keine Basis liefern, ist bedauerlich. Und wirklich steht ganz am Ende des dritten Beitrags der vielleicht entscheidende, die doch ungewöhnliche und in der Detailflut auch überzeugende Plänedarstellung kommentierende Satz: „Denn ein Plan ist letztendlich nur die To-do-Liste, um Visionen umzusetzen.“ Der Ball liegt damit in unser Spielhälfte; jetzt sind wir gefordert! Be. K.