Um damit zu räumen! ASTOC mit Neubau

Wer mit der Bahn über Köln-Deutz den Kölner Hauptbahnhof ansteuert, sieht linkerhand einen sechsgeschossigen, mäandrierenden Gebäudekomplex liegen, dessen im Mäander gebildete Höfe durch Prallscheiben zum Verkehr abgeschlossen sind. Seit bereits 2006 stehen die „Constantin Höfe“ (JSWD Architekten, Köln) dort, eine Mixed-Use-Architektur, die überraschenderweise auch Wohnen anbietet. Damals, also 2006, deutschlandweit ziemlich weit vorne in der Fassadenausbildung mit geschosshohen Fensterformaten zwischen schmalen (Naturstein-)Elementen, wurde dieser Fassadentyp in nun bald 20 Jahren hundertfach kopiert in den öffentlichen Raum gestellt. Zwischen Steinlochfassade und Glass Curtain Wall changierend macht sich dieser Typ einer Bürofassade überall breit, mal aufwendiger, mal weniger gut gestaltet.

Direkt nördlich gegenüber dem Kölner Hauptbahnhof und Dom soll nun ein ähnlicher Typ den Bestand dort ersetzen. Der Kölner Projektentwickler Pan­dion hatte die Bestandsimmobilie im letzten Jahr von der dort noch sitzenden Raiffeisen Waren-Zentrale Rhein-Main eG erworben. Die RWZ möchte ihre Zentrale ab 2025 in den südlich gelegenen Stadtteil Marienburg verlegt haben, wenn der dortige Neubau durch den Kölner Projektentwickler Bauwens Development GmbH & Co. KG (mit der Swiss Life Asset Managers als Joint Venture) fertiggestellt ist.

Für den Neubau am Dom hatte Pandion einige Architekturbüros zu einem „Architektonischen Qualifizierungsverfahren in Anlehnung an die RPW 2013“ eingeladen. Die sollten „ein neues, nachhaltiges Bürogebäude der Marke Officehome“ (Pandion) entwerfen, ein Gebäude mit 11 000 m² BGF für rund 600 Arbeitsplätze. Fertig soll der Neubau 2028 sein. Die namentlich nicht benannte Jury aus „Architekt*innen, Stadtplaner*innen, Vertreter*innen der Stadt Köln sowie Pandion als Bauherrn“ (Pandion), entschied sich am 2. November 2023 mehrstimmig für den Hochbauentwurf von ASTOC Architects and Planners, Köln. Der Entwurf des Kölner Architekturbüros „bildet einen zukunftsweisenden Stadtbaustein, der in einem heterogenen Umfeld eine starke Eigenständigkeit ausstrahlt und sich dabei städtebaulich harmonisch in die Umgebung einfügt. Die Fassadenkonstruktion, das Energiekonzept und die umfängliche Dachflächennutzung lassen höchste Standards in puncto Nachhaltigkeit für die zukünftigen Arbeitswelten erwarten.“ (Pandion)

Neben dem Entwurf eines funktionierenden Büro-hauses verweist der Entwickler darauf, dass mit dem Neubau zugleich „eine äußerst attraktive und wegweisende Geste“ geschaffen wird, die alle Besucher der Stadt Köln eindrucksvoll begrüßt. Der Neubau werte an zentraler Lage den Stadtraum „städtebaulich und architektonisch“ auf. Und: „Ebenso waren umfängliche Nachhaltigkeitsaspekte wichtiger Teil der Aufgabenstellung“ [des Wettbewerbs; Be. K]. Zum Wettbewerb waren neben ASTOC eingeladen: CO-BE, Kopenhagen, Hadi Teherani Architects, Hamburg, kada-wittfeldarchitektur, Aachen, Hierl Architekten und Stadtplaner GmbH, München, behet bondzio lin architekten, Münster, Aretz Dürr Architektur BDA, Köln, sowie caspar.schmitzmorkramer, ebenfalls Köln. Letztere hatten 2017 – damals noch meyerschmitzmorkramer, Köln – das direkt benachbarte „Coeur Cologne“ realisiert, einen sehr ähnlichen Neubau mit Büro, Retail und Wohnen.

Dass der Bestand im Wettbewerb keine Rolle spielte – jedenfalls ist dieser bei ASTOC nicht mehr vorhanden – ist bedauerlich. Der Hinweise seitens Michael Göthner, Finanzvorstand der RWZ (auf rwz.ag, Pressemeldung vom 6.10.2022), die Entscheidung zum Verkauf „unserer ziemlich in die Jahre gekommenen Verwaltung am Hauptbahnhof“ sei „das Ergebnis einer sehr sorgfältigen Analyse“, die neben Nachhaltigkeitskriterien – die er nicht nennt – natürlich von „ökonomischen Überlegungen“ getrieben war, zeigt, dass das Bewusstsein für einen angemessen Umgang mit der gebauten Stadt als Material- wie auch Ideenressource auf Bauherrn-, Investoren- wie Architektenseite immer noch der Fortbildung bedarf.

Was die Anmerkung des Bestandsverkäufers Göthner, „dass wir für den Verkaufserlös in unseren operativen Geschäftsfeldern bessere inves-tive Verwendungsmöglichkeiten haben, als Geld in altem ‚Bunker-Beton’ zu binden“ meint, ist nicht ganz klar, wenn man doch annehmen muss, dass der Verkaufserlös in neuem Bunker-Beton gebunden sein wird.

Die Planung des neuen Hauses, so ASTOC, verfolge „eine besondere Nachhaltigkeit [...].“ Wie lange ein solcher Bau stehen muss, damit er im Gebrauch die Verluste kompensiert, die der Abriss des Bestands verantwortet, das schreiben die Architekten nicht.

Ob wir in Zeiten mobilen Arbeitens 600 Arbeitsplätze im Herzen einer Großstadt brauchen – anstelle von bezahlbaren Wohnungen mit perfektem WLAN beispielsweise in gemeinschaftlich genutzten Arbeitsräumen im umgebauten Bestand –, diese Frage sollten sich Stadtväter und -mütter häufiger und ernsthafter stellen. Und Investoren sowieso. Be. K.

www.astoc.de, www.pandion.de
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