Vorbilder
Wir brauchen Vorbilder, denn sie machen Mut und sie können den Weg in unbekannte Terrains zeigen. Was aber sind positive Vorbilder und wer entscheidet darüber, wer oder was Vorbild ist und was nicht? Vorbilder helfen, den eigenen Standpunkt zu finden und zu schärfen, daher dürfen sie in einem Heft zum Thema „Zukünfte des Bauens“ nicht fehlen. Und wie gehen wir mit negativen Vorbildern um? Schon Kinder lernen schließlich aus ihren Fehlern am meisten.
Ikonische Gebäude können Vorbilder für ihre unmittelbare Umgebung sein. Dabei stellt sich die Frage, ob Ikonen als solche bewusst geplant und gebaut werden können. Oder stellen sie sich nicht erst Jahre später mit dem entsprechenden Kontext als Ikonen heraus? Auch darüber haben wir mit Jacques Herzog, Gründer von Herzog & de Meuron, gesprochen. Sein Büro baut gerade in Berlin in prominenter Nachbarschaft das Museum „berlin modern“ - ein umstrittener Bau, der schon jetzt den Spitznamen „Kulturscheune“ trägt. Damit kann der Schweizer gut leben, wie er sagt. Weniger ist mehr - oder nicht? (S. 62)
Vorbilder dürfen aber auch hinterfragt werden. Laut unserem Autor Alexander Stumm ist das größte noch zu überwindende Vorbild der Schweizer Architekt Le Corbusier. Le Corbusier oder der (Gebäudetyp) Esel (S.76). Entgegen seiner Zelebrierung des Gradlinigen spricht sich Stumm für ein neues Vorbild aus, nämlich den Esel - von Le Corbusier selbst als alles Gegenteilige zum modernen Menschen beschimpft. Als Architekt hat das „sprichwörtlich einfältige“ und unprätentiöse Tier eher kein Potential, als Gebäudetyp schon.
Vielleicht benötigen wir vor dem Hintergrund von Klimakrise und (Um-)Bauwende Architektinnen und Architekten, die ein neues Denken ihrer Arbeit zugrunde legen. Die Prioritäten anders setzen. Das fordern nicht nur die indische Architektin Anupama Kundoo Der menschliche Maßstab (S. 70), sondern auch die Gründer des Münchener Büros IFUB, die gleich ein anderes System für ein Mehr an Gemeinwohl fordern. Da schwingt viel Globalisierungskritik mit. Immer billiger, immer schneller, immer mehr ungelöste Probleme mit dem Abfall. Das schnelle Geld verdient sich nur so leicht, weil jemand anderes den echten Preis dafür bezahlt Wie kann ökologisches Bauen gelingen? (S. 72).
Bilder: Blick auf ostwestfälische Äcker / „Gebaute Unschärfe“, Bibliothek im Meisterhaus Dessau, neuinterpretiert von Bruno Fioretti Marquez, Berlin