Wie wir reparieren, ­upgraden, Teil 2



Den Reichtum, den wir doch längst (mit allen Dingen) besitzen, diesen für uns zu nutzen, wird die Aufgabe der kommenden Zukunft sein; so jedenfalls Hellen Thomas und Adam Caruso in einem der Essays dieses zweiten Buchs zum Thema ­Reparatur und Upgrading. Entgegen der massenhaft verbreiteten Haltung, Dinge zu verbrauchen, plädieren die Autor:innen in dieser Arbeit nachvollziehbar dafür, den Wert des Gegebenen zu erkennen. Hier sind inbesondere die eingeschalteten Essays sämtlich überzeugend, die sich auf Geschichte und Technologie, auf Design und Architektur beziehen. Dass die hier vorgestellen, sehr zahlreichen und meist studentischen Arbeiten eines Upgrades sich jedoch auf Dinge beziehen, die im Diskurs ohnehin wertvoll sind, schwächt die Arbeit ein wenig. Oder die Autor:innen geben zu Recht – vielleicht ungewollt – das Statement ab, den massenhaft ge- und verbrauchten Neumüll schlicht zu ignorieren und sich auf Patinataugliches, auf mit Emotionen Behaftetes zu konzentrieren. Dass das reparaturfähig ist, scheint klar, dass das Energie erzeugt, die Arbeit aufzunehmen, ebenfalls. Und damit führen diese Wiederher­stellungs- und Verwandlungsgeschichten leider zu keinen neuen Erkenntnissen. Die, die ohnehin reparieren – aus Not oder aus Einsicht – haben das alles schon gesehen. Die, die weiterhin konsumieren, werden dieses Buch wohl nicht in die Hand nehmen.

Dennoch: Gerade die zahlreichen Essays weiten den Horizont für eine Diskursentwicklung, mancher Blick auf historische, systemische Zusammenhänge hat hier die Chance, sich zu verändern. Darum ist diese Arbeit ein wichtiges Buch, das in seiner dritten Folge dann vielleicht auch einmal den Versuch machen sollte, zu evaluieren, Veränderungen im konsumistischen Lebenswandel von uns allen zu konstatieren, Veränderungen in der Massengüterbilligproduktion, im politischen Establishment. Dass das Reparieren zutiefst der globalisierten Wachstums-ideologie widerspricht, die allerdings in vielen Kulturen anders, vielleicht gar weniger turbobeschleunigt gelebt wird, auch das sollte ein großes Thema für das kommende (Buch-)Projekt aus München und Zürich sein. Be. K.

Upgrade: Making Things Better. Hrsg. v. Silke Langenberg. Hatje Cantz, Berlin 2022, 512 S., 250 sw- u. Farbabb.44 €, ISBN 978-3-7757-5334-0
x

Thematisch passende Artikel:

Peter St John von "Adam Caruso und Peter St John" in Stuttgart

November Reihe an der Universität Stuttgart mit zwei Abschlussterminen

Ihre Ursprünge haben Adam Caruso und Peter St John in den bildenden Künsten und so erlangten sie mit einem Kunsthaus, der New Art Gallery im britischen Walsall, 1995 erstmals internationale...

mehr

Caruso St John Architects planen Sanierung der Kunsthalle Bielefeld

Londoner Architekturbüro erhält Planungsauftrag – auch Erweiterung geplant

Mit der 1968 nach Plänen des US-amerikanischen Architekten Philip Johnson (1906-2005) erbauten Kunsthalle verfügt die Stadt Bielefeld nicht nur über eine renommierte Institution für moderne und...

mehr

Authentizität – Sehnsucht nach der Wahrhaftigkeit in der Architektur

Internationales Symposium zur Architekturtheorie am 28. Januar 2011, Karlsruhe

Im Rahmen einer ganztägigen Veranstaltung widmet sich die Tagung dem Thema der Authentizität in Einzelvorträgen und Diskussionsforen. Renommierte Gäste aus den Bereichen der Literatur- und...

mehr
Ausgabe 08/2010

Dingezustände

„Die Essenz der Dinge“ sucht nach den Motiven der Reduktion, auch im Design, aber auch ganz allgemein. Eine Kernfrage hierbei lautet: Warum besteht in so vielen natürlichen Lebensprozessen der Hang...

mehr
Ausgabe 10/2023

Mehr Reparatur wagen!

Ein Produkt zu reparieren, egal welcher Güte oder Dimension, muss offenbar auf einer Kultur des Reparierens basieren. Notjahre, so die vielfach vertretene Auffassung, sind Reparaturhochzeiten....

mehr