Caruso St John Architects planen Sanierung der Kunsthalle Bielefeld

Londoner Architekturbüro erhält Planungsauftrag – auch Erweiterung geplant

Am Ende des mehrstufigen Vergabeverfahrens setzten sich „Caruso St John Architects” durch: Das Londoner Architekturbüro wird mit den architektonischen Planungsarbeiten zur Generalsanierung und Erweiterung der Kunsthalle Bielefeld beauftragt. Das teilten die Stadt Bielefeld und die Kunsthalle Bielefeld jetzt mit.

Mit der 1968 nach Plänen des US-amerikanischen Architekten Philip Johnson (1906-2005) erbauten Kunsthalle verfügt die Stadt Bielefeld nicht nur über eine renommierte Institution für moderne und zeitgenössische Kunst, sondern auch über einen international bedeutsamen Museumsbau mit ikonischem Charakter. Es ist Johnsons einziger Museumsbau in Europa. Das Gebäude und das Raumprogramm entsprechen im Wesentlichen dem Zustand seiner Bauzeit und den Auflagen des Denkmalschutzes. Nach über 50 Jahren der öffentlichen Nutzung sei die Sanierung der Kunsthalle Bielefeld nicht nur aus energetischen und konservatorischen Gesichtspunkten notwendig geworden.

Die Kunsthalle Bielefeld ist Johnsons einziger Museumsbau in Europa
Foto: Benedikt Kraft/DBZ

Die Kunsthalle Bielefeld ist Johnsons einziger Museumsbau in Europa
Foto: Benedikt Kraft/DBZ

Mit Beschluss vom 19. Mai 2022 hat der Rat der Stadt Bielefeld die Generalsanierung der Kunsthalle Bielefeld mit einem Budget von 40,5 Mio./Euro beschlossen, teilt die Stadt mit. Seit Juni 2022 war in diesem Prozess die Paratus Group aus New York für die Kunsthalle beratend tätig, um den Nutzerbedarf zu schärfen. Der gesuchte Ansatz folgt dem Prinzip der Nachhaltigkeit und tritt einsprechend für ein zukunftsfähiges, funktionierendes Museum ein. Damit gemeint sind Räumlichkeiten, die eine Präsentation von zunehmend großformatigen Kunstformen sowie Installations-, Performance-, oder Filmkunst erlauben. Gleichzeitig müssen Orte geschaffen werden, um ausreichend Bildungsangebote und auf den “Dritten Ort” bezogene Aktivitäten möglich zu machen und einen Museumsbetrieb zu gewähren, der 365 Tage offenbleiben kann.

Europaweites Verfahren mit 45 Bewerbungen

Die Projektgröße der geplanten Sanierung erforderte gemäß den geltenden vergaberechtlichen Vorschriften ein europaweit offenes Verfahren für die Vergabe der Planungsleistungen. Dabei handelte es sich für die Planungsleistungen im Bereich Architektur um ein zweistufiges Verhandlungsverfahren (VgV-Verfahren), bei dem zunächst Teilnahmeanträge hinsichtlich der Eignung für dieses Projekt ausgewertet wurden, um anschließend die am besten geeigneten Büros zur Abgabe eines Angebotes aufzufordern.

Die öffentliche Bekanntmachung im Februar 2023 stieß auf großes Interesse, so dass bis zum Ablauf der Abgabefrist im März 2023 insgesamt 45 fristgerecht eingegangene Bewerbungen vorlagen. Nach formaler Prüfung bezüglich der Erfüllung der festgelegten Mindestkriterien blieben 25 gültige Teilnahmeanträge (TNA) von renommierten Architekturbüros aus Deutschland (17 TNA), Europa (5 TNA) und den USA (3 TNA) übrig. Die Bewertung zur Güte der eingereichten Referenzen und damit zur Eignung der Büros für die zu vergebende Leistung erfolgte nach dem Prinzip der Bestenauslese.

Die verbleibenden Bewerber wurden im Juni 2023 zur Angebotsabgabe und zur Teilnahme an der zweiten Verfahrensstufe eingeladen. In diesem zweiten Verfahrensteil hatten die ausgewählten Architekturbüros im Rahmen von Präsentationsterminen die Möglichkeit, ihre besondere Eignung zu verteidigen.

Nach 50 Jahren öffentlicher Nutzung muss die Kunsthalle saniert und erweitert werden
Foto: Benedikt Kraft/DBZ

Nach 50 Jahren öffentlicher Nutzung muss die Kunsthalle saniert und erweitert werden
Foto: Benedikt Kraft/DBZ

Dem durch externe, beratende Expertise – unter anderen durch Prof. Hilde Léon, Muck Petzet, Prof. em. Stanislaus von Moos und Robert Portnoff von der paratus group – verstärkten Entscheidungsgremium wurden freie mündliche Vorträge über die Haltung zur Architektur Philip Johnsons sowie Vorstellungen für ein zukunftsfähiges Museum der Moderne und Gegenwart sowie die Bearbeitung einer Stegreifaufgabe präsentiert.

Unter Berücksichtigung aller Zuschlagskriterien erfolgt die Erteilung des Auftrages für die Planungsleistungen an das Büro „Caruso St John Architects“. „Das Büro hat eine große Nähe zur Kunst und hat mehrfach bewiesen, dass sie erfolgreich mit komplexen Fragestellungen umgehen können, die mit historischen Räumen, der Denkmalpflege und der Geschichte und dem Museum verbunden sind”, sagt Christina Végh, Direktorin der Kunsthalle Bielefeld. Adam Caruso vom Architekturbüro Caruso St John Architects betont: „Wir freuen uns, an diesem spannenden Projekt mitarbeiten zu dürfen, an einem der bedeutendsten öffentlichen Gebäude von Philip Johnson, das zu einem festen Bestandteil des städtischen Lebens in Bielefeld geworden ist.“

Caruso St John Architects

Das in London und Zürich ansässige Architekturbüro hat viel Erfahrung im Umgang mit denkmalgeschützten Gebäuden und wird seit den 1990er Jahren von den beiden Architekten Adam Caruso und Peter St. John geleitet, die sich einen besonderen Ruf im Umgang mit historischer Bausubstanz erarbeitet haben: vom Londoner Sir John Soane´s Museums bis zu einer barocken Klosterkirche in St. Gallen in der Schweiz. Das Büro verantwortete auch bereits viele Museumsbauten, darunter u.a. Neubauten wie die Newport Street Gallery, New Art Gallery Walsall, Nottingham Contemporary oder Umbauten wie die Tate Britain oder Liverpool Philharmonic Hall. In Deutschland sind Caruso St. John bisher unter anderem mit dem Umbau des Görtz Palais und einem Neubau am Großen Burstah in Hamburg sowie mit dem Bau des Hauptsitzes der Bremer Landesbank vertreten. Zudem arbeiten Caruso St John Architects gemeinsam mit Hild und K Architekten seit 2016 an der Sanierung der Neuen Pinakothek in München.

Kunsthalle Bielefeld

Die Kunsthalle Bielefeld wurde im Jahr 1968 nach Plänen des US-amerikanischen Architekten Philip Johnson (1906-2005) erbaut. Das ikonische Bauwerk markiert einen ersten frühen Wendepunkt Johnsons hin zur postmodernen Formensprache. Schwerpunkte der mit rund 5200 Werken bestehenden Sammlung aus dem 20. und 21. Jahrhundert sind der deutsche Expressionismus, die Kunst aus dem Umfeld des Bauhauses und des Konstruktivismus sowie Werke des Minimalismus und Postminimalismus wie auch der Gegenwartskunst. In Wechselausstellungen werden exemplarische künstlerische Positionen und damit stets wechselnde aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen verhandelt, die mit Werken aus der eigenen Sammlung miteinander in immer wechselnde Beziehung gesetzt werden.

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