Alle Jahre wieder, seit 2000 mit nur einer Pause, kommt er, der Serpentine Pavilion im Londoner Kensington Gardens. Direkt in Front der Serpentine Gallery, einer kleinen Kunstgalerie inmitten einer sehr öffentlichen Parklandschaft, steht seit dem Erstling von Zaha Hadid aus dem Jahr 2000 ein Folly aus der Feder bisher jedenfalls international bekannter ArchitektInnen.
So waren das (ohne Anspruch auf korrekte Chronologie) Zaha Hadid, Daniel Libeskind, Toyo Ito, Oscar Niemeyer, MVRDV (nicht realisiert), Alvaro Siza, Eduardo Souto de Moura, Rem Koolhaas, Olafur Eliasson mit Kjetil Thorsen, Frank Gehry, SANAA, Herzog & de Meuron, Sou Fujimoto, selgascano, BIG oder Francis Kéré, Frida Escobedo, Peter Zumthor, BIG und im letzten Jahr Junya Ishigami. Nun kommt der Entwurf wieder einmal von einem Planerteam aus der - international gesehen - zweiten Reihe, von dem in Johannesburg ansässigen Büro Counterspace, das von den drei Archiektinnen Sumayya Vally, Sarah de Villiers und Amina Kaskar geleitet wird.
Counterspace setzt - wie ganz dezidiert und damit offenbar von den Kuratoren auch so gewollt - sowohl innovative als auch traditionelle Bautechniken und Baumaterialien ein, um Räume in der Stadt zu schaffen; private wie - so wie jetzt in London - öffentliche. Der Entwurf des Pavillons entsteht aus einem Prozess des Hinzufügens, Überlagerns, Subtrahierens und Aufspleißens von architektonischen Formen, die direkt von bestehenden Räumen übersetzt wurden, Räumen, die eine besondere Relevanz für Migranten und andere Randgruppen in der britischen Hauptstadt haben.
Die offene, auf ein Forum zielende Raumgestaltung zielt in dem Jubiläumsjahr (50-jähriges Bestehen des Serpentine Pavilions) darauf, einen Ort zu schaffen, an welchem diskutiert und debattiert werden soll und an welchem neue Ideen entwickelt werden. Ein
Live-Programm, das den ganzen Sommer über läuft, schließt sich an das ehrgeizige plattformübergreifende Projekt Back to Earth von Serpentine an und untersucht Fragen wie: Wie kann Architektur einen Raum schaffen, in dem wir alle miteinander verbunden sind und keinen Rang haben? Wie kann Architektur das Wohlbefinden fördern? Kann sich eine Struktur gemeinsam mit der Umwelt entwickeln und verändern?
Der Pavillon wird mobile Elemente, "Möbel" enthalten, die in Stadtteilen von London ausgelagert verlagert sind und nach gemeinschaftlichen Veranstaltungen an diesen Standorten in die Pavillonstruktur zurückgebracht werden. Damit wird das temporäre Bauwerk Botschaften in Kensington Gardens konzentrieren und mit den in ihm verborgenen Anreicherungen den Ort spannungsvoll aufladen.
Der Entwurf des Pavillons basiert auf einer Mischung aus Low-Tech- und High-Tech-Ansätzen zur Nachhaltigkeit und wird aus einer Vielzahl von Materialien hergestellt. Darunter K-Briq-Module und Kork. K-Briqs bestehen zu 90% aus recycelten Bau- und Abbruchabfällen und werden mit einem Zehntel des Kohlenstoffausstoßes normaler Ziegel ohne Brände hergestellt Die leitenden Architektin des Projekts, Sumayya Vally, sagt über den Entwurf: „Der Pavillon selbst ist als Event konzipiert. Er ist die Summe einer Vielzahl von Formen aus ganz London, Formen als Abdrücke einiger Orte, Räume und Artefakte, deren Gebrauch zur Identität Londons beigetragen haben. Die Brüche, Farbverläufe und Unterschiede in Farbe und Textur zwischen verschiedenen Teilen des Pavillons machen diese Rekonstruktion und das Zusammensetzen auf einen Blick lesbar. Als Objekt, das durch Bewegung erlebt wird, hat es Kontinuität und Beständigkeit, aber Differenz und Variation sind bei jeder Wendung in die wesentliche Geste eingebettet. Die Bauteile als Essenzen von Brixton, Hoxton, Hackney, Whitechapel, Edgware Road, Peckham, Ealing, North Kensington und darüber hinaus werden auf den Serpentinenrasen übertragen. Wo sie sich kreuzen, erzeugen sie Räume, in denen wir uns treffen können und zusammen sein."