Blühen soll alles in der ehemaligen Blumenhalle
Daniel Libeskind erweitert wieder einmal das Jüdische Museum Berlin; in einer Blumenhalle 22.01.2018Ein Fototermin mit Daniel Libeskind, rund 30 Fotografen nationaler Fotoagenturen warteten mit ihren Kameras im Anschlag auf den Mann, der nur wenige Meter auf der anderen Straßenseite entfernt vor ziemlich genau 10 Jahren ein vielbeachtetes Museum abgeliefert hat. Das Jüdische Museum Berlin, mit welchem Daniel Libeskind nicht bloß den internationalen Durchbruch erlebt, ja überhaupt erst so richtig als bauender Architekt in Bewegung geriet, ist zehn Jahre alt geworden (man sieht es ihm wirklich kaum an), wurde immer wieder erweitert, doch man muss trotz aller Überarbeitung Geduld mitbringen, möchte man die Sicherheitskontrollen am Eingang und – schlimmer noch – die Wartezeit vor der Gaderobe gut gelaunt überstehen.
Warten mussten die Fotografen auf wiederum der anderen (Linden)Straßenseite nicht, Libeskind war so gut wie pünktlich, stellte sich gleich vor das im weiten Rund einsam dastehende Mikrofon und begann über Idee und Konzeption des hinter ihm stehenden Akademiegebäudes zu sprechen, dass dem Museumsbau gegenüber zusätzliche Nutzflächen bieten soll; und noch einiges mehr.
Zugehört haben an diesem späten Morgen die wenigsten, Libeskinds, auch vom Termindruck der Fest- und Feierwoche in Berlin vorangetriebenes, Sprechstakkato macht ein konzentriertes Nachverfolgen ohnehin schwierig. Und ja, es ging an diesem Dienstag auch nur darum, Bilder von Daniel zu machen, der „hier einmal hin schauen“ und sich „dort einmal hinstellen“ sollte; please Mr Libeskind.
Wir standen vor der ehemaligen Blumenhalle an der Kreuzberger/Lindenstraße, eine, wie man sich jetzt mit eigenen Augen überzeugen konnte, schlichte, rund 7000 m² große Stahlbetonhalle aus den 60er-Jahren, große, aber konstruktiv wenig anspruchvolle Spannweiten, ein schön strukturiertes Shedddach, eher ein massiver Witterungsschutz, der komplett ungedämmt, Kälte und Wärme außen innen verzögerungsfrei nachbildet. Hier hinein werden – und man konnte ihre Strukturen bereits erkennen – Holzeinbauten gestellt, eine Haus im Haus-Lösung für einen großen Veranstaltungssaal, eine Bibliothek, Verwaltungs- und Seminarräume. Der Eingang wurde dem Jüdischen Museum gegenüber in die östliche Schmalseite gebrochen, zwei Holzkuben – zwischen sich eine hohe Gasse – bilden das Entree und vermitteln sowohl nach innen, wie aber auch nach außen: Hier hat einer dekonstruiert, der selbe wie gegenüber auch schon.
Aufhorchen im Klackern der auf den Architekten gerichteten, spiegelnden Kameraaugendeckel ließ die kühne motivische Verbindung des 65-Jährigen zwischen ehemaliger Blumenhalle und zukünftiger Akademiearbeit: „Künftig werden hier die Blumen des Wissens und der historischen Forschung blühen“ – man kann es sich fast vorstellen. Und beinahe ganz am Schluss, bevor die Meute hinter dem schwarz gekleideten Mann ganz in Eile ins Innere der tageslichthellen Halle stürmte, kann noch ein Satz, der eher an den Anfang gehört hätte: „An dieser Stelle entsteht ein neuer Treffpunkt, eine Piazza für ganz Berlin.“ Tatsächlich wird das rund 11 Mio. € teure Projekt Museums-Akademie (Mitte 2012 soll sie fertig sein) auch über Grundstücksverkäufe finanziert, denn der Bund will zwar mitmachen, doch Berlin könnte/will die zweite Hälfte aus eigener Kraft nicht stemmen. Der Verkauf von Baugrundstücken an Investoren, die hier Wohn- und Geschäftshäuser sowie Bürobauten realisieren können, wird von der Berliner Opposition und der Kulturszene der Stadt kritisch gesehen, Geschäftemacherei und kultureller Auftrag gehen ja meist eine nicht sonderlich fruchtbare Liason ein. Die die Halle umstellende Neubebauung wird die jetzt bloß asphaltierte Allzweckfläche vor der Blumenhalle in einen Platz formen, der mit dem Museum gegenüber dialogisch funktionieren soll; wie die Lindenstraße sich dazu verhalten soll, ist noch nicht geklärt, eine Tieferlegung würde sich anbieten.
Insgesamt betrachtet ist die Halle für die Akademienutzung zu groß, die Libeskindplanung bezieht gerade mal 50 Prozent der möglichen Fläche in die Planung mit ein. Was auf dem Rest passieren könnte? Vielleicht der kulturelle Ausgleich, vielleicht endlich eine Ausstellungsfläche für zeitgenössische Kunst … wenn die am Ende nicht doch noch im Schloss untergebracht wird, feigenblattpolitisch würde das passen. Be. K.