Facetten eines (Architekten)Lebens
Alexander Freiherr von Branca verstarb 92-jährig in Miesbach, Oberbayern 22.01.2018Vor zehn Jahren veröffentlichte der Architekt Alexander von Branca eine Art von Resümee seines Lebens (Facetten eines Lebens, Verlag Urfeld), ein den Zeitgenossen, Kollegen und seiner Architekturwelt wohlgesonnerer Blick auf Vergangenes. Hier wurde nichts enthüllt, nichts nach- oder vorgetragen, der Freiherr plauderte von seinen Lebenserinnerungen in aller Gelassenheit, fast wollte man schreiben „bei freiherrlichem Gemüte“. Dabei ist der Architekt und leidenschaftliche Aquarellist einer, dessen Werk ganz nebenbei eine Stadt (München) mitgeprägt hat, und, dessen zentrale Arbeiten auch den Blick auf bestimmte Dinge dauerhaft verändert haben. Gemeint ist hier insbesondere die Neue Pinakothek, die, sehr wohl umstritten, heute zu den kanonisierten Museumsbauten Europas zählt und deren Promenade Culturell auch demjenigen Vergnügen verschafft, der mit der Kunst des 19. Jahrhunderts eher seine Schwierigkeiten hat.
Doch neben Großbauten wie dem Museum (1981), der Botschaft in Rom (1981) oder der Oberpostdirektion in Freiburg (1970) hat von Branca 29 Kirchen gebaut und vielleicht ebenso viele Bestandsbauten wiederhergestellt (von Branca war von 1972 bis 1988 Kreisheimatpfleger in München). Und obwohl man den Konvertitien (vom evangelischen zum katholischen Christsein) manchmal gerne auf dieses Arbeitsfeld festgelegt hat in der Vergangenheit, hat er sich in gleicher Weise mit durchaus profanen Aufgaben erfolgreich befasst; den Münchner U-Bahn-Stationen Marienplatz, Prinzregentenplatz und Theresienwiese, verschiedenen Kaufhäusern, Stadthallen oder Mensen und so weiter.
Längst hatte sich der Freiherr, der, wie seine Frau Carolina einmal sagte, „es immer als ein besonders großes Geschenk gesehen hat, dass er für seine Heimatstadt hat wirken können", und dem der ewige Oberbürgermeister Münchens, Christian Ude, ein „überragendes Lebenswerk" attestierte, ganz auf seinen denkmalgeschützten Bauernhof in Miesbach zurückgezogen, wo er mit seiner Familie seit Jahrzehnten wohnt. Das Architekturbüro führt seit Jahren die Tochter Alexandra. Hier ganz im Süden der Republik und auch mit dem nötigen Abstand zur immer quirligen Landeshauptstadt war dem am 11. Januar 1919 in Schwabingen, München geborenen Architekten die Ruhe wichtiger als alles Geschrei um Hochhäuser in seiner Stadt oder Olympiadebewerbungen. Hier in Miesbach verstarb er am 21. März, seine zum Teil schon in die Denkmalliste aufgenommen Bauten werden von seinem Denken für die nachfolgenden Architektengenerationen zeugen. Und so möchte man seine Sentenz „Die Funktion einer Kirche ist, die Menschen aus der Zerstreutheit in die Sammlung zu führen“ umformulieren in „Die Funktion seiner Bauten ist es, die Menschen aus der zunehmenden Zerstreutheit in eine notwendige Sammlung zu führen.“ Be. K.
Bauten (Auswahl)
* 1953: Pavillon der Leitmetallindustrie auf der Deutschen Verkehrsausstellung in München (zusammen mit E. von der Lippe)
* 1954–56: Klosterkirche der Servitinnen Mater Dolorosa in München
* 1953–55: Klosterkirche Herz Jesu in München (zusammen mit Herbert Groethuysen)
* 1958–59: Kath. Pfarrkirche Maria Immaculata in Greifenberg
* 1960: Haus von Haniel in Haimhausen
* 1957–61: Kath. Pfarrkirche Verklärung Christi auf dem Berge in Rohrbach
* 1960–62: Kath. Pfarrkirche Hl. Kreuz in Weißenburg in Bayern
* 1961–64: Kath. Pfarrkirche Zur Hl. Dreifaltigkeit mit Pfarramt, Kindergarten, und Schwesternheim in Nürnberg-Langwasser
* 1962–65: Kath. Pfarrkirche St. Matthias in München
* 1966–67: Kath. Pfarrkirche Hl. Kreuz in Bonn-Beuel
* 1967: Kath. Pfarrkirche St. Martin in Jettingen-Scheppach
* 1963–68: Kath. Anbetungskirche zur heiligen Dreifaltigkeit auf Berg Schönstatt in Vallendar
* 1967–69: Neubau der Marienkapelle am Südhang von Schloss Hirschberg
* 1965–71; 2006: U-Bahnhof Marienplatz in München
* 1969–72: Olympia Pressestadt in München
* 1970–72: Pfarrzentrum St. Thomas Morus in Neusäss
* 1969–74: Zentralbibliothek der Universität Regensburg
* 1974–78: C.H. Beck-Verlag in München
* 1978: Mensagebäude am Hubland der Universität Würzburg
* 1977–79: Kath. Pfarrkirche St. Johannes Ev. in Diesenbach (Markt Regenstauf)
* 1981: Neue Pinakothek in München
* 1981: Deutsche Botschaft am Heiligen Stuhl in Rom
* 1981: Zentralbibliothek der Universität Würzburg
* 1979–82: Gebäude Waldfriedhof in Leutkirch im Allgäu
* 1984: U-Bahnhof Theresienwiese in München
* 1985: Pater- Kentenich -Haus in Vallendar
* 1987: Priesterseminar St. Hieronymus in Augsburg
* 1984: U-Bahnhof Prinzregentenplatz in München
* 1986: Ev. Kirche St. Michael in Schwanberg bei Kitzingen
* 1991: Stadthalle Ettlingen
* 1991: Kath. Pfarrkirche St. Peter in Kirchheim bei München, Ortsteil Heimstetten
* 1999: Spielbank in Bad Füssing
* 1996–2000: mit Emanuela Freiin von Branca (Partner) Gebäude des Internationalen Seegerichtshofs in Hamburg
* 2000: Ev. Gethsemane-Kirche in Würzburg-Heuchelhof
* 2002: Kapelle Statio Dominus Mundi in Wustweiler (Gemeinde Illingen)
* Bischofsgruft im Dom zu Bamberg
* Ausbau der Schlosskapelle St. Johannes Ev., Schloss Hirschberg (Stadt Beilngries)
* Kaufhaus Hertie in Würzburg
Preise und Ehrungen (Auswahl)
* 1957: Förderpreis Architektur der Landeshauptstadt München
* 1975: Bund Deutscher Architekten (BDA), Preis Bayern
* 1983: Münchner Architekturpreis
* 1984: Karl-Friedrich-Schinkel-Ring des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz
* 1992: Oberbayerischer Kulturpreis
* 1999: Leo-von-Klenze-Medaille (Bayerischen Staatsministerium des Innern)
* Ehrennadel der Stadt Burghausen
* Bayerischer Verdienstorden